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nevermore

Titel: nevermore Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heike
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zu schlagen.
    »Hey«, sagte Gwen und stupste sie an. »Schau mal da.«
    Ihr Herz fing wieder an zu pochen und sie suchte den Parkplatz ab. Die Autoscheinwerfer glitten über das Heck eines vertrauten Autos und Isobel schrie kurz auf, als sie die eckigen Buchstaben auf dem schwarzen Lack erblickte, die hasserfüllten Worte, die auf der Seite des Cougar prangten. Sie griff nach dem Türöffner. Die Tür schwang auf und der Cadillac kam stotternd zum Stehen.
    »Hey, was ist los?«, rief Mikey.
    Isobel glitt hinaus in die kühle Nachtluft, die sich augenblicklich wie ein eisiger Schal um ihre nackten Schultern legte. Ein Schauer durchlief sie, doch die beißende Kälte fühlte sich gut an - ein Beweis dafür, dass sie wirklich hier war, dass sie wach und lebendig war und dass es Varen auch sein musste.
    »Isobel, warte!«
    Sie ignorierte Gwen und rannte, so schnell sie konnte, zu dem Lagerhaus. Ihre Schritte wurden eins mit dem pochenden Takt der Musik. Sie blickte hoch zum Himmel. Der fast volle Mond schien silberweiß durch einen hauchdünnen Wolkenschleier. Er wirkte wie ein träges Schlangenauge und tauchte die Welt um sie herum in ein gespenstisch fahles Licht, das das pinke Satin und die rosa Spitze ihres Kleides glänzen ließ. Sogar über das
    Krachen des Schlagzeugs hinweg, das in das Dröhnen der Bassgitarre einstimmte, konnte Isobel das leise Rascheln ihres Rocks hören.
    Vor ihr stand eine breite Holztür weit offen. Drinnen tobten farbige Lichter. Violette und rote Lichtblitze gingen an und aus, pulsierten und flackerten über eine sich windende, schwarz gekleidete Menschenmenge.
    Isobel verlangsamte ihren Schritt, als sie sich der Türöffnung näherte, und nahm das Meer maskierter Gesichter in Augenschein. An einer Wand, auf einer improvisierten Bühne, spielte eine Band - die Quelle der gequälten Musik, die aus den Lautsprechern kam. Ein Typ in einem langen schwarzen Mantel, dessen bemaltes Gesicht wie ein Totenkopf aussah, schrie inbrünstig in ein Mikrofon. Gerade fiel er auf die Knie. Der Schlagzeuger und der Gitarrist hinter ihm droschen einen peitschenden Rhythmus, während der Sänger die Hand zu seinem Publikum ausstreckte und es mit klagenden Worten anflehte, für ihn zu beten.
    Gegen all ihre Instinkte ankämpfend, betrat Isobel den Raum, fest entschlossen, sich von dem Gemetzel auf der Tanzfläche fernzuhalten. Über sich entdeckte sie, entlang einer Holzgalerie, die den Rand des Raumes säumte, eine kleine Ansammlung von Gestalten. Wie dekorative Wasserspeier und Friedhofsengel standen sie dort dicht gedrängt, ihre eleganten Hände auf das Geländer gelegt. Sie begegnete ein paar abweisenden Blicken. Schnell sah sie weg. Ein schwarzer Lichtblitz erfasste sie und verwandelte das Pink ihres Kleides für den Bruchteil einer Sekunde in ein dunkles Violett. Sie wünschte sich, dass das Licht so bleiben, den Stoff färben und sie unsichtbar machen würde.
    Isobel spürte, wie ihr jemand auf die Schulter tippte, und drehte sich um. Ein großer Kerl mit einem nicht zu bändigende schwarzen Irokesenschnitt und einer winzigen runden Sonnenbrille nahm, ohne zu fragen, ihr Handgelenk. Schwarzer Lippenstift überzog seine vollen Lippen und ein mit spitzen Nieten besetztes Hundehalsband hing um seinen Hals. Isobel riss sich von ihm los und bemerkte zu spät, dass er auf ihre Einladung aus war und nicht auf eine offene Vene.
    Verärgert griff er ein weiteres Mal nach ihrem Handgelenk. Diesmal ließ Isobel ihn ihre Einladung prüfen und hütete sich, ihm eine Erklärung für ihre sehr blonde, sehr rüschige Erscheinung über die ohrenbetäubende Musik hinweg zuzubrüllen. Er drehte und wendete das Papier mehrmals, bevor er es las, so als ob er sich zuerst vergewissern wollte, dass es auch wirklich echt war. Isobel ließ sich nicht beirren und beobachtete sein Gesicht, als er in Augenschein nahm, was in violetter Handschrift auf der Einladung stand. Ungläubig starrte er sie an. Er schien etwas sagen zu wollen, ließ es jedoch sein. Vielleicht hatte er beschlossen, dass es die Mühe nicht wert war.
    Isobel erinnerte sich an Gwens Warnung, nur ja nicht ihre Einladung zu verlieren, und befreite ihr Handgelenk aus seinem Griff. Der Punkt war doch wohl, dass sie überhaupt eine Einladung hatte. Was wollte er denn noch?
    Sie machte einen Schritt zurück, doch der Irokesen-Junge schüttelte den Kopf. Es sah nicht so aus, als ob er bereit wäre, sie gehen zu lassen. Er bedeutete ihr mit einem gekrümmten Finger,

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