Nibelungen 03 - Die Flammenfrau
Geste immer wieder die Kraft gegeben, die sie gebraucht hatte.
Luovana zog sich einen leichten Umhang über die Schultern. Sie ging zu der Wiege, in der ihr Kind schlief. In diesem Bettchen hatten sie und ihre große Schwester auch gelegen. Die alte Mona, Lursas und ihre Amme, hatte das hölzerne Möbelstück in einem der oberen Kammern gefunden. Die Alte hatte es liebevoll abgestaubt und mit einem neuen Bezug aus weißem Leinen versehen.
Die Hüterin zog die kleine Decke fort und beugte sich über das Kind. Voller Stolz betrachtete sie das winzige Wesen. Sie mußte lächeln, als sie sah, wie der kleine Mund im Schlaf hin und her nuckelte, als würde er das Saugen üben. Bald, dachte sie, bald meine Kleine, wenn du aufwachst, wirst du auch trinken können, bis du satt bist.
Das kleine Mädchen hatte ein rundes Gesichtchen, und ihre Händchen waren zart und schmal. Die Kleine würde einmal eine würdige Hüterin des Feuers werden.
Ein kühler Lufthauch veranlaßte Luovana, den kleinen Körper wieder zuzudecken.
»Luovana, verzeiht, wenn ich Euch störe, aber…« Eine Dienerin war leise eingetreten. Luovana schaute auf, und für einen Augenblick glaubte sie einen traurigen Zug in dem Gesicht der anderen zu lesen. Sie lächelte. Das Mädchen war noch sehr jung.
»Komm, Elena«, sagte sie. »Schau dir meine Tochter an, dann wird das, was du auf dem Herzen hast, vielleicht ein wenig leichter.« Der traurige Ausdruck verschwand für einen Augenblick. Die Dienerin lächelte freundlich und trat näher.
»Darf ich wirklich?«
Luovana nickte freundlich.
Elena zog die Decke ein wenig herab, um das kleine Gesicht des Kindes genau zu sehen.
»Sie ist so schön wir Ihr, Hüterin des Feuers. Sie wird Euch gewiß viel Freude bereiten«, sagte sie, senkte jedoch rasch den Blick. Luovana sah wieder den traurigen Ausdruck in ihrem Gesicht.
»Warum bist du gekommen?« fragte sie.
»Es ist…« Elena schaute auf. Nackte Verzweiflung lag in ihrem Blick.
»Nun, was ist geschehen?« drängte Luovana. Sie mochte es nicht, wenn jemand zauderte, ihr schlechte Nachrichten zu überbringen, als wäre sie ein altersschwaches Weib. »Was es auch ist, ich werde es schon verkraften. Ich bin die Hüterin des Feuers. Also sprich.«
Das Mädchen schluckte, und Luovana spürte, was es Elena für eine Anstrengung kostete.
»Die beiden Ritter sind fort. Sie sind geflohen! Sie haben zwei Eurer Pferde aus dem Stall genommen und…« Sie hielt inne.
»Und? Warum hat man sie nicht gehindert?« Luovana packte das Mädchen ungeduldig bei den Schultern. »Lursa wird ihnen auflauern und sie töten, wenn sie ohne Schutz versuchen, an den Paß zu gelangen.«
»Inmee hat es ja versucht.«
»Inmee? Das Mädchen aus dem alten Volk, das vor ein paar Tagen vom schwarzen Wasserfall kam?«
»Ja, Hüterin, das Mädchen war zufällig im Stall. Sie war tapfer und wollte die Männer nicht gehen lassen, aber Faramund hat sein Schwert gezogen…«
Luovana ließ das Mädchen los und schaute sie fassungslos an. »Er hat sein Schwert gezogen?«
Elena hielt sich die Hände vor das Gesicht. »Ich glaube, sie stirbt. Als wir sie fanden, war sie über und über mit Blut bedeckt.«
»Und die Männer?«
»Sie sind Richtung Burgweg davongaloppiert.«
»Wohin sollten sie auch sonst reiten«, sagte Luovana und warf einen Blick auf ihr Kind, das immer noch friedlich schlief. Dann schaute sie wieder auf die Dienerin. »Elena, hat eine von euch gesehen, ob die Pferde das Blut aufgeleckt haben?«
»Nein, es war ja niemand von uns da.«
Luovana wickelte sich fester in den Umhang und ging zur Tür. »Du bleibst bei der kleinen Brunhild. Ich werde Antana suchen, sie muß das Mädchen retten. Wir werden sie in den Raum des Lichtes bringen.«
»Aber…«, Elena schluchzte auf. »Antana ist nicht hier, sie kann Inmee nicht helfen.«
Luovana blieb wie versteinert stehen. »Was soll das heißen, Antana ist nicht hier? Sie hat die ganze Nacht bei mir gewacht und hat mir geholfen, Brunhild zur Welt zu bringen. Vielleicht schläft sie irgendwo. Wir werden sie suchen.«
Elena schüttelte den Kopf. »Wir haben die ganze Burg nach ihr abgesucht. Wenn wir Antana gefunden hätten, wäre ich deswegen nicht zu Euch gekommen, nicht jetzt.« Sie wischte sich mit dem Handrücken wieder eine Träne von den Wangen. »Die Heilerin ist nicht in der Burg.«
Luovana überlegte einen Augenblick. »Gut, dann werde ich es selber tun müssen. Inmee darf nicht sterben. Du, Elena, achte mir auf
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