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Nibelungengold 02 - Das Drachenlied

Titel: Nibelungengold 02 - Das Drachenlied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander (Kai Meyer) Nix
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tun mußten, war dem Verlauf des Ufers zu folgen.
    Mütterchen und Löwenzahn gingen voran, Alberich folgte ihnen mißmutig in drei Schritten Abstand. Noch immer mißfiel ihm der Gedanke, den Hohlen Berg zu verlassen, und mehr noch verabscheute er die Tatsache, daß die anderen längst mit seiner Rückkehr gerechnet hatten. Als er in der Morgendämmerung zum Wolfswinkel gekommen war, gerüstet und mit gepacktem Bündel, hatten Mütterchen und der Riese schon bereitgestanden. Beide hatten breit gegrinst, als Alberich zur Tür hereinkam. Erst wollte er beleidigt umkehren, doch die anderen überzeugten ihn, daß seine Entscheidung die einzig richtige war. Oh, wie er es haßte, etwas Vorhersehbares zu tun (obwohl er doch, genaugenommen, niemals etwa anderes tat).
    Die alte Räuberin und der Krieger erzählten sich Geschichten – Löwenzahn auf seine langsame, lallende Weise –, und Alberich beäugte mißgünstig, daß die beiden offenbar Freundschaft geschlossen hatten. Soviel Mühe Alberich sich auch geben mochte, er traute dem Hunnen nicht über den Weg; wobei er sich eingestand, daß die Mühe, die er sich gab, nicht allzu groß war.
    Das Pony trottete an einer Leine, die Mütterchen in der Hand hielt, und so befand es sich auf einer Höhe mit dem Zwerg. Es schnaubte gelegentlich, fast als wollte es Alberich in ein Gespräch verwickeln, aber er war recht dankbar, daß er die Sprache der Tiere nicht verstand. Was, im Namen des Ältesten Alben, hätte ihm ein Pony schon erzählen können?
    Sie folgten dem Waldweg durch wechselndes Gehölz, mal entlang hoher Eichenreihen, dann wieder durch die Düsternis schattiger Nadelhaine. Stets waren sie dabei nicht weit vom Ufer entfernt. Der Fluß strömte lautstark in seinem Bett jenseits der Stämme, zehn, zwanzig Schritte zu ihrer Linken. Sie gingen am Ostufer des Rheins, denn es gab weit und breit keinen Überweg, außer einer Fähre unterhalb der Nibelungenburg auf der Halbinsel. Aber es war gleichgültig, auf welcher Seite sie gingen, denn sie wußten nicht, auf welcher die Klippe des Drachen lag.
    Nach vier Stunden machten sie ihre erste Rast, saßen im Halbkreis beisammen und berieten ihr Vorgehen. Sie kamen überein, daß es wenig Mühe kosten konnte, ein Bad im Drachenblut zu nehmen, denn die Bestie selbst war tot, und wer sollte ihnen den Wunsch verwehren? Sie aßen ein wenig von der Wegzehrung, die Obbo ihnen eingepackt hatte, dann setzten sie ihre Reise fort.
    Am Abend, die Sonne war bereits hinter den Bergen verschwunden, stöhnte Alberich: »Nicht mehr lange, und ich schlafe im Gehen ein.«
    Löwenzahn nickte. »Es ist Zeit, unser Nachtlager aufzuschlagen.«
    »Laßt uns ein wenig abseits der Straße haltmachen«, riet Mütterchen. »Wer weiß, welches Gesindel sich in der Dunkelheit herumtreibt.«
    »Hunnen vielleicht«, sagte Alberich giftig. »Oder Räuber.«
    »Unser Zwerg wird sie mit seiner Prahlerei schon in die Flucht schlagen«, flüsterte Mütterchen Löwenzahn zu.
    Alberich hatte es sehr wohl vernommen, denn seine Ohren waren scharf, aber er verzichtete auf eine offene Antwort. Statt dessen murmelte er einmal mehr etwas Unverständliches in seinen Bart.
    Später, an einem kleinen Lagerfeuer, hockten sie unterm Sternenhimmel und lauschten eine Weile schweigend auf das Wispern der Strömung und die leisen Seufzer des Windes im Geäst. Aus dem Unterholz erklang dann und wann der Schrei eines Nachttieres. Das Pony stand nah beim Feuer und schlief, ohne sich niederzulegen. Löwenzahn stopfte sich einen Maiskuchen nach dem anderen in den Mund, sein Schmatzen war ohrenbetäubend.
    Schließlich, als alle schon einzunicken drohten, stimmte Mütterchen Mitternacht mit rauher Kehle ein Räuberlied an:
     
    In des düstren Waldes Tiefen,
    Im Gebüsche tief versteckt,
    Schlummert Rohland, bis der Bande
    Lauter Jubelruf ihn weckt.
     
    Und der löwenkühne Räuber
    Hört die Bande und erwacht;
    Alles lauscht auf seine Pläne,
    Die die Raub- und Mordgier macht.
     
    Vivat! Unser Hauptmann lebe!
    Jubelt die verwegne Schar,
    Tapfer laßt uns ihn beschützen,
    Ihn nicht lassen in Gefahr.
     
    Laßt uns rauben, morden, brennen!
    Tönt es. Alles rief: Es sei!
    Doppelt gab das Echo wieder
    Dieser Räuber Feldgeschrei.
     
    Laßt uns nicht des Greises schonen
    Nicht des Säuglings an der Brust!
    In der Mutter Händeringen
    Laßt uns finden unsre Lust.
     
    Schrecklich, wütend und verheerend
    Hauste die Tyrannenbrut.
    Ach, es tränkte alle Fluren
    Der gefallnen Opfer

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