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Nicht von dieser Welt

Nicht von dieser Welt

Titel: Nicht von dieser Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Mansini
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das überhaupt nicht vorstellen kann, mit Konstantin ein behindertes Kind großzuziehen, und dass diese Ungewissheit mich fix und fertig macht. Da schaut er mich total ernst an und sagt in so einem komischen Verschwörerton: „Ich kann dir helfen!“
    „Wie? Helfen?“, frage ich.
    Er schaut mich noch verschwörerischer an und sagt:
    „Ich darf das eigentlich nicht. Der Führer darf das nie erfahren!“
    Da fand ich’s schon komisch. Ich meine: Das ist ein ernstes Thema und wenn er jetzt wieder seinen Außerirdischen-Quatsch da reinbringt – das fühlte sich einfach falsch an. Aber ich wusste ja nicht, was kommt, also höre ich ihm weiter zu. Da sagt er: „Wir haben eine Möglichkeit … mit einem kleinen Gerät, das ich nur auf deinen Bauch halten muss …“
    Er kommt näher und sagt sehr leise: „Wir wissen danach, ob dein Kind gesund ist oder nicht.“
    Das war für mich wie eine Ohrfeige. Der Mann hat wirklich gut reagiert am Anfang, ja. Und er ist auch sonst der Wahnsinn. Ich find ihn so toll, dass ich diese ganze „Ich-komm-von-einem-anderen-Planeten“-Nummer wirklich ausblenden konnte. Aber wenn er jetzt mit einem Klumpen Alufolie auf meinem Bauch rumfahren will, um mir dann zu erzählen, dass mein Fötus mit ihm redet oder was weiß ich: Das ist krank! Und das kann ich echt nicht gebrauchen. Nicht heute. Nicht in der Zukunft. Das habe ich ihm gesagt. Und auch, dass ich ihn nie wiedersehen will. Schluss. Aus.
    Morgen kommt das Ergebnis der Blutuntersuchung. Der echten Blutuntersuchung. Dann werden wir sehen, wie schlimm es wirklich ist. Nicht mein Tag. Gute Nacht.

Nur kurz …
    Veröffentlicht am Dienstag, 9. August 2011 – 12:32
    Das Blut ist auch nicht okay. Das „adjustierte Risiko“ ist nun bei 1:26. Alles, was Konstantin dazu einfällt:
    „Versuch mal den Buchstaben zu erraten, an den ich gerade denke!“
    Super. Ich denke an ganz andere Sachen, Konstantin.
    Ich kann heute nicht schreiben.

Risiken
    Veröffentlicht am Donnerstag, 11. August 2011 – 23:39
    Die letzten Tage waren die Hölle. Ich konnte einfach nicht schreiben. Alles unklar, alles verstörend. Aber eben habe ich eine Entscheidung getroffen.
    Ich habe mich jetzt hoch und runter mit den Themen Vorsorge, Nackenfaltenmessung, Fruchtwasseruntersuchung usw. beschäftigt, viel zu viel erschreckende Forenbeiträge gelesen und bin zu einem Schluss gekommen: Das ist alles ein großer Blödsinn! Ich muss zugeben, ich habe meiner Frauenärztin blind vertraut, als sie (auch schon damals bei Ben) meinte: „Machen Sie mal die Nackenfaltenmessung – zur Sicherheit!“ Sicherheit? Sicherheit ist im Ernstfall ja wohl das Letzte, was man da bekommt. Diese ganzen Risikowerte basieren nur auf Statistiken! Kein Mensch hat auch nur einen blassen Schimmer, warum Kinder mit einer dicken Nackenfalte öfter eine Behinderung haben als die ohne dicke Nackenfalte. Es geht nur darum, dass schon „ganz oft“ solche Kinder hinterher behindert waren.
    So, und auf der Grundlage schicken sie einen dann zur Fruchtwasseruntersuchung. Wenn man sich damit beschäftigt, kommt man zum nächsten Risiko: Es gibt bei Fruchtwasseruntersuchungen nämlich ein Risiko zwischen 0,5 bis 2,5% (je nachdem, wo man nachliest), dass man hinterher eine Fehlgeburt hat. (Es gibt sogar eine Studie, die zeigt, dass es bei Assistenzärzten ein mehr als doppelt so hohes Risiko wie bei Fachärzten gibt, dass man das Kind wegen der Untersuchung verliert. Hammer! Okay, ich schweife ab.) Aber erklär mir doch mal einer Folgendes: Frauenärzte schicken einen ab einem Down-Syndrom-Risiko von 1:300 zu einer Untersuchung, bei der es ein Risiko von mindestens 1:200 gibt, das man durch die Untersuchung das Kind verliert. Finde nur ich das komisch?
    Trotzdem macht mich mein Risiko natürlich verrückt. 1:26. Und wer bisher gar keine Hilfe war, ist der Vater des Kindes. Überhaupt war Konstantin in den letzten Tagen noch abwesender als sonst. Physisch, aber auch was seine Aufmerksamkeit angeht, wenn er denn mal da ist. Heute Nachmittag sagt er plötzlich: „Kommt doch heute Abend mit ins Restaurant.“
    Das hat er lange nicht mehr gemacht. Weil es ihm zu stressig ist, wenn ich mit Ben da bin. Konstantin muss den Laden schmeißen und Ben stellt alles auf den Kopf. Natürlich kümmern sich die Jungs in der Küche rührend um den Kleinen, aber das Restaurant ist eher so ein cooler Szeneschuppen und ein Kleinkind passt abends nicht. Auf jeden Fall durften wir heute mit. Und es war wirklich schön.

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