Die Herren von Buchhorn
I
»Ihr wünscht, edle Herren?«
Der junge Edelmann sah sich in der kleinen, peinlich ordentlichen Werkstatt um, ehe sein Blick auf dem Mann hinter dem Amboss haften blieb. »Bist du Gerald, der Schmied?«
»Sieht das hier nach einer Weinschänke aus?«
Das Lächeln des Mannes gefror. »Nicht so patzig!«
»Verzeiht!« Gerald wischte sich die Hände an der ledernen Schürze ab und kam hinter dem Amboss hervor. »Ich wollt’ Euch nicht beleidigen. Nur dieses Hufeisen«, er deutete auf den Amboss, »will nicht die rechte Form annehmen. Obwohl ich es am Huf angepasst hab.« Er seufzte missmutig. »Ihr habt Pferde, die ich beschlagen soll?«
»Vielleicht ist das Eisen noch zu hart.«
Die buschigen Brauen des Schmieds rutschten ein Stück höher. »Ihr versteht Euch aufs Schmieden?«
Der Edelmann lächelte dünn. »Ich verstehe viel von Pferden und von so einigem mehr. Du hast eine ganz ansehnliche Werkstatt hier. Wem dienst du?«
Ein Schatten fiel über das Gesicht des Schmieds. Seine Finger hinterließen rußige Spuren, als er sich die grauen Locken aus der Stirn strich. »Ja, das ist so eine Sache, edler Herr. Mein Herr, der Graf von Buchhorn, ist vor sechs Jahren im Krieg gegen die Ungarn gefallen. Meine Herrin hat aus Kummer den Schleier genommen und ihre Kinder in die Obhut von Graf Werinher gegeben. Wer genau das Sagen in der Grafschaft hat, weiß niemand so recht. Aber hier …«, er legte die geballte Faust auf die Brust über dem Herzen, »hier diene ich weiterhin Udalrich und Wendelgard von Buchhorn.«
»Über den Tod hinaus treu, wie ehrenhaft!«, bemerkte der Edelmann mit seinem schmalen Lächeln, während er einen kurzen Blick mit seinem älteren Begleiter wechselte. »Dann sagt dir vielleicht auch der Name Adalbert etwas?«
»Aber ja! Er war der Knappe meines Herrn. Er wurde zusammen mit ihm für tot erklärt. Wieso? Ist er … wisst Ihr etwas von ihm?«
Wieder tauschten die beiden Edelleute einen Blick. »Ich war nur neugierig. Mein Pferd lahmt. Es braucht bis heute Abend ein neues Eisen.«
»Ich mach mich gleich an die Arbeit, Herr!«
Mit gerunzelter Stirn sah Gerald den beiden Männern nach, ehe er zu dem prächtigen Rappen trat und seinen Vorderhuf anhob. Er brauchte nicht lange, um zu erkennen, warum das Tier lahmte. Ein Stein hatte sich in den Huf gezwängt. Das Stirnrunzeln des Schmieds vertiefte sich, während er ihn herauslöste. »Und dafür ein neues Hufeisen! Versteh einer diese reichen Herren! Das Steinchen hätte er doch selber herausholen können, vor allem, wenn er was von Pferden versteht. Aber lieber das Tier leiden lassen, als sich selber die Finger schmutzig machen. Da war mein Herr doch aus ganz anderem Holz geschnitzt …« Leise vor sich hin brummend, ersetzte er das Hufeisen durch ein neues, bevor er wieder das inzwischen erkaltete Eisen bearbeitete.
Zwischen dem Schmied und dem Edelmann, der am Abend kam, um sein Pferd abzuholen, wurden nicht mehr viele Worte gewechselt. Gerald nahm die Münzen in einem Lederbeutel entgegen und sah zu, wie der Mann mit seinem Rappen in den Schatten der Abendsonne verschwand. Aus der Hütte, die an die Schmiede angrenzte, drang leises Singen. Ein Lächeln teilte seinen kurzen Bart, während er die Tür lautlos aufdrückte. Einen Augenblick lang blieb er reglos stehen und betrachtete seine Frau, die vom Schein der Feuerstelle beleuchtet in einem Topf rührte. Lautlos trat er hinter sie und ließ den Lederbeutel mit den Münzen des Edelmanns dicht an ihrem Ohr klimpern.
Mechthild wirbelte herum. »Gerald! Du hast mich zu Tode erschreckt! Was ist das?«
Mit einem leisen Lachen fing ihr Mann sie auf und hielt sie fest. »Guter Lohn für leichte Arbeit. Zwei Edelleute wollten ein Pferd beschlagen haben.«
Seine Frau befreite sich aus seinen Armen und drückte ihm die Schüssel mit dem Hirsebrei in die Hand. »Edelleute, die sich nach Buchhorn verirren?«
Gemeinsam nahmen sie an dem roh gezimmerten Holztisch Platz. Nachdem Gerald das Tischgebet gesprochen und Mechthild ihre Schüsseln gefüllt hatte, nahm sie das Gespräch wieder auf. »Also, was waren das für Edelleute?«
»Wie meinst du das?«
»Na, wie haben sie ausgesehen?«
Er sah sie verständnislos an. »Darauf habe ich nun wirklich nicht geachtet! Vornehm eben.«
»Männer!«
Er kaute langsam. »Sie haben sich nach dem Herrn erkundigt. Und nach Adalbert.«
»Nach Adalbert?« Mechthild musterte ihren Mann aus zusammengekniffenen Augen. »Warum jetzt, nach so vielen
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