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Nichts als Knochen

Nichts als Knochen

Titel: Nichts als Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felizitas Carmann
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fragte Dario leise, ohne den Blick von dem Glaskasten abzuwenden.
    »Dieser Stoff und auch der gelbe Seidenstoff darüber weisen ein seltenes Muster auf, das man Blöckchendamast nennt. Es gibt unterschiedliche Phasen, in denen solche Stoffe hergestellt wurden. Diese Stoffteile hier werden der früheren Phase zugeordnet. Wahrscheinlich wurden sie im zweiten Jahrhundert nach Christus in Syrien hergestellt. Die Seide zur Herstellung kam zu damaliger Zeit ausschließlich aus China.«
    Pater Herlinger trat einen Schritt zur Seite und wies auf ein weiteres, wesentlich größeres Stoffstück. Es war ein gelber Seidenstoff, dessen Blöckchendamastmuster sich aus Rechtecken und Quadraten zusammensetzte. Je nachdem, von wo aus man ihn betrachtete, schien er wie pures Gold zu glänzen.
    »Ein wunderschöner Anblick«, flüsterte Dario, »ob es sich wohl genauso schön anfühlt, wie es aussieht?«
    Seine Stimme hatte einen lauernden Unterton erhalten. Pater Herlinger lachte.
    »Sie geben wohl nie auf, nicht wahr, Bruder Giordano? Also gut, gehen wir in unsere kleine Geheimkammer.«
    Sie verließen die Dreikönigskammer und blieben daneben vor einer Aufzugtür stehen. Über der Tür hing ein Schild mit der Aufschrift ›kein Zugang‹.
    »Warten Sie hier auf mich, Bruder Giordano. Die Geheimkammer ist mit einer besonderen Alarmanlage gesichert, die ich erst noch ausstellen muss. Ich bin gleich wieder da.«
    Pater Herlinger verschwand hinter der Ecke des Gangs, und Dario schlich sich schnell zurück in die Dreikönigskammer. Rasch zog er eine Digitalkamera aus den Tiefen seiner Tunika, aktivierte den Blitz und fotografierte die Stoffe. Das grelle Licht des Blitzlichts schien unnatürlich hell in der schummerigen Atmosphäre des Raumes. Nervös sah Dario sich um und konnte gerade noch sehen, wie ein Schatten hinter der Tür verschwand.
    »Pater Herlinger?«, rief er mit unsicherer Stimme.
    Keine Antwort.
    Vorsichtig ging er zurück zur Tür und spähte hindurch. Es war niemand zu sehen. Schnell ging er die paar Schritte bis zur Aufzugtür und atmete tief durch. Kurz darauf kam der Pater zurück und öffnete die Tür mit einem Schlüssel. Während der Aufzug sich nach unten bewegte, fuhr er mit seinen Erklärungen fort.
    »Es ist nicht geklärt, wie viele Stofffragmente bei den verschiedenen Öffnungen des Dreikönigenschreins entnommen wurden. Es gibt Teile in Manchester und in Ribeauvillé. Kleinere Stücke wurden bereits 1741 für drei Reliquienkapseln entnommen, doch die drei Kapseln sind verloren gegangen. Man vermutet auch, dass noch weitere kleinere Stücke im Jahre 1164, als Rainald von Dassel die Gebeine der Heiligen Drei Könige von Mailand nach Köln brachte, verschenkt wurden. So erklärt man sich auch das Vorhandensein der Fragmente aus Ribeauvillé. Aber was nur wenige Menschen wissen ist, dass die Stücke, die wir eben gesehen haben, nicht die einzigen sind, die es hier im Dom außerhalb des Schreins gibt. Bei der Öffnung des Schreins im Jahre 1864 wurden noch mehrere Proben entnommen, und die restlichen befinden sich hier unten in unserer Geheimkammer.«
    Die Aufzugtür öffnete sich, und sie traten in einen kleinen Raum, an dessen Stirnseite sich eine Tür befand. An der linken Wand war ein kleines Waschbecken angebracht.
    »Bitte waschen Sie sich die Hände«, bat Pater Herlinger, während er auf das Waschbecken zutrat, »es darf sich kein Körperfett und kein Schweiß an der Haut befinden. Das würde den Stoff angreifen.«
    Als sie fertig waren, gingen sie zu der Tür, und der Pater schloss sie auf. Erwartungsvoll trat Dario in eine winzige, dunkle Kammer. Einen Augenblick lang sah er nichts als Schwärze. Dann wurde die Kammer von den Halogenlampen an der Decke in ein warmes, helles Licht getaucht.
    »Dies ist eine Spezialkammer, die extra für diese Stoffe angefertigt wurde«, erklärte Pater Herlinger. »Hier herrschen immer dieselbe Temperatur und dieselbe Luftfeuchtigkeit, und normalerweise ist es hier stockdunkel. Die Beleuchtung ist an das Türschloss gekoppelt. Wenn man die Tür abschließt, geht das Licht wieder aus. Die Alarmanlage stellt sich nach einer halben Stunde automatisch wieder an. Sollte die Tür bis dahin nicht wieder abgeschlossen worden sein, wird Alarm ausgelöst. Sie sehen also, wir haben eine Menge getan, um unsere Schätze optimal zu schützen, damit sie noch viele verdiente Mitglieder des Klerus erfreuen können.«
    Sie traten in die Mitte der Kammer, wo sich eine offene Glasvitrine

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