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Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel

Titel: Nick Stone - 02 - Doppeltes Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy NcNab
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dass ich vielleicht einen von ihnen treffen konnte, aber dass die beiden anderen mich überwältigen würden, bevor ich den nächsten Pfeil auf die Sehne legen konnte.
    Mir blieb nichts anderes übrig, als zu versuchen, ungesehen zu der nach oben führenden Treppe zu gelangen. Wurde ich dabei überrascht, musste ich mich »der jeweiligen Situation entsprechend verhalten« – ein Ratschlag, mit dem die Firma jede Befehlsausgabe abschließt; das bedeutet nur, dass sie einem die Schuld an Misserfolgen geben und Erfolge für sich selbst beanspruchen können.
    Ich stemmte mich mit dem rechten Handballen von der
    Treppe hoch und stand langsam auf. Nachdem ich mich zum hundertsten Mal davon überzeugt hatte, dass der Pfeil richtig auf der Bogensehne lag, stieg ich lautlos die letzten Stufen zum Treppenabsatz hinauf. Noch ein Schritt, dann stand ich im Fernsehzimmer.
    Ich presste meinen Rücken an die Wand, bewegte mich auf die nächste Treppe zu und setzte langsam, ganz langsam einen Fuß vor den anderen, ohne die drei Männer vor dem Fernseher aus den Augen zu lassen. Meine Linke umklammerte den Bogen, während meine Rechte den Pfeil umfasste und die Sehne leicht gespannt hielt.
    Ich erreichte die Küchentür und hörte die Mikrowelle angestrengt arbeiten. Ich schlich weiter. Die drei hatten nur Augen für Robert De Niro. Ich dankte ihm im Stillen für seinen fesselnden Auftritt.
    Der Widerschein des Fernsehschirms erhellte die Gesichter der Zuschauer. MiB verfolgte den Film so fasziniert wie die beiden auf dem Sofa: der mickrige Kleine und der jüngere der beiden Männer, die heute Nachmittag angekommen waren. Ich 283
    war nur noch gut fünf Meter von ihnen entfernt. MiB kniff die Augen zusammen, als er an der Zigarette zog, die er zwischen Zeige- und Mittelfinger der rechten Hand hielt, während seine linke Hand mit der Gebetskette spielte.
    Als er den inhalierten Rauch ausstieß, wurde der
    Fernsehschirm einen Augenblick lang schwarz, bevor ein buntes Senderlogo erschien, das mit dem Stakkato einer Maschinenpistole unterlegt war. »Gleich geht’s weiter mit Filmen für echte Kerle, die …«
    Jetzt saß ich in der Scheiße. Mit dieser Werbeunterbrechung hatte ich nicht gerechnet. Ich schluckte trocken und spürte, wie meine Magennerven sich verkrampften.
    Der mickrige Kleine sagte etwas und drehte dabei den Kopf leicht nach rechts – ein kleines Stück zu weit.
    Er musste mich gesehen haben, aber man braucht eine
    gewisse Zeit, um auf eine überraschende Wahrnehmung dieser Art zu reagieren – vor allem wenn man sich vorher auf etwas ganz anderes konzentriert hat. Aber er hatte am Rand seines Gesichtsfelds eine Bewegung wahrgenommen, und ich wusste, was kommen würde. Er würde vielleicht zwei Sekunden
    brauchen, bestimmt nicht mehr, um zu erkennen, dass hier etwas nicht stimmte. Darauf reagiert der Körper sofort: kämpfen oder fliehen. Blut strömt in die Hände, die kämpfen, und in die Füße, die fliehen wollen. Ich war ihm höchstens etwa zwei Sekunden voraus. So oder so würde die Sache bald entschieden sein.
    Ich hatte den Eindruck, alles laufe in Zeitlupe ab. Während ich den Bogen hob, drehte der mickrige Kleine den Kopf ruckartig weiter nach rechts und starrte mich direkt an. Als seine Augen sich vor Entsetzen weiteten, war die Bogensehne 284
    bereits gespannt.
    Er rief etwas Unverständliches, bestimmt eine Warnung. In solchen Situationen verengt sich die eigene
    Wahrnehmungsfähigkeit. Während ich automatisch leicht in die Knie zu gehen begann, um ein kleineres Ziel zu bieten, hörte ich nur noch die Stimme in meinem Kopf, die Scheiße!
    Scheiße! Scheiße! schrie.
    Der mickrige Kleine kam nicht mehr als Ziel in Frage, als er sich nach links warf und hinter dem Sofa verschwand. MiB
    präsentierte sich als nächste Bedrohung und zugleich als leichtestes Ziel. Er war aufgesprungen, hatte sich umgedreht und starrte mich an, während er sich bemühte, die auf ihn einstürmenden neuen Informationen aufzunehmen und
    auszuwerten. Ich fixierte ihn, während ich den Bogen schwenkte. Sobald ich das vermutlich richtige Visierbild hatte, ließ ich die Sehne los und hoffte, dass der Bogen eine so gute Waffe war, wie in der Gebrauchsanweisung stand. Ich zielte auf seine Körpermitte, auf die Mitte der dunklen Masse vor dem hellen Hintergrund des Fernsehschirms. Der Pfeil drang mit einem dumpfen Schlag in seinen Körper ein und ließ ihn zusammenbrechen.
    Ich wusste nicht, wo ich ihn getroffen hatte; ich war zu sehr

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