Nick Stone 06 - Feind ohne Namen
von der Moschee trennte. Sein glänzendes, ziemlich kurz geschnittenes Haar war glatt zurückgekämmt und mit Gel oder Brillantine fixiert. Wir beobachteten beide, wie er die Schuhe auszog, an die Wasserhähne trat und dann im Innenraum der Moschee verschwand.
Die Getränke kamen, und Suzy bezahlte die Inderin, die das Wechselgeld im Wert von ungefähr einem Pfund behalten durfte. Ihr verblüfftes Gesicht zeigte, dass dies das Trinkgeld des Jahres gewesen war, aber Suzy war nicht wirklich großzügig. Wir wollten nur vermeiden, dass sie zu uns zurückkommen musste, wenn wir’s eilig hatten, von hier wegzukommen.
Ein paar Rucksacktouristen, alle um die zwanzig, setzten sich an einen Nebentisch und bestellten das billigste Gericht auf der Karte, während sie ihre rote, sich abschälende Haut begutachteten. Ihre Unterhaltung wurde übertönt, als der Gebetsruf des Muezzins aus den Lautsprechern am Minarett erklang und sogar den Keyboarder verstummen ließ.
Jetzt brauchten wir nur noch darauf zu warten, dass die Zielperson wieder auftauchte. Wie der Mann hieß, wussten wir nicht. Wir wussten nur, dass er der militanten Organisation Jemaah Islamiah (JI) angehörte, die in Indonesien, Malaysia, Singapur, Thailand und auf den Philippinen aktiv war - alles südostasiatische Staaten, die keine fundamentalistisch muslimische Regierungsform anstrebten.
Jemaah Islamiah hieß auf Indonesisch »islamische Gruppe«. Im Lauf der Jahre hatte sie in ganz Südostasien amerikanische und westliche Ziele angegriffen. George und der Jasager waren nicht die Einzigen, die vermuteten, die JI würde von al-Qaida finanziert. Andere behaupteten jedoch, die Bindung sei nicht allzu eng, wobei sie darauf hinwiesen, dass die ursprüngliche Zielsetzung der JI sich nicht voll mit den globalen Zielen von Osamas Leuten deckte. Jedenfalls definierten die USA sie erst nach dem Anschlag auf einen Nachtclub auf Bali im Oktober 2002 als ausländische terroristische Vereinigung - etwas, das Malaysia schon seit Jahren angestrebt hatte.
Das Haupthindernis war Indonesien gewesen: Die überwältigende Mehrheit seiner 231 Millionen Einwohner waren Muslime - die größte muslimische Bevölkerung der Welt -, und die Regierung wollte nicht gegen die eigenen Bürger vorgehen, bis die JI dabei ertappt wurde, dass sie gleichzeitige Bombenanschläge auf US-Botschaften in Indonesien, in Malaysia, auf den Philippinen, in Singapur, auf Taiwan, in Vietnam und sogar in Kambodscha plante.
Mein Blick blieb weiter auf die Moschee gerichtet, aber ich horchte dabei zu dem Tisch mit Briten hinüber, die sich mit Tiger Beer voll laufen ließen. In der Halbzeitpause hatten sie gerade einen staatlichen Werbespot mit der Warnung gesehen, wer eine gefälschte Karte fürs Satellitenfernsehen benutze, riskiere eine Geldstrafe im Gegenwert von fünftausend Pfund, zehn Jahre Haft und die Prügelstrafe. »Scheiße«, murmelte Suzy, »mit Murdoch legt man sich lieber nicht an, was? Da lebt man als Drogenhändler fast sicherer.«
Der Gebetsruf verstummte, und der Keyboarder legte wieder los, wobei er jetzt das Erscheinen des Phantoms der Oper ankündigte.
»Das Taxi ist da.« Suzy nickte leicht zur Werkstatt hinüber, als dort eine klapprige rot-gelbe ProtonLimousine vorfuhr. Der rissige Dachreiter aus Kunststoff mit der Aufschrift Teksi verschwand ab und zu, wenn ein Bus oder Lastwagen vorbeirumpelte. Die letzten vier Ziffern des Nummernschilds lauteten 1032 - das war das uns genannte Erkennungszeichen. Der Taxifahrer war eindeutig unser Mann.
Ich erhaschte einen Blick auf ihn, als er zwei Touristen in neuen gefälschten Nike-T-Shirts abwies. In Malaysia wird rechts gefahren, aber das Taxi parkte mit der linken Tür zum Randstein, sodass ich das Gesicht des Fahrers nicht deutlich erkennen konnte. Im Lichtschein der Neonreklame schien er hellhäutiger als die Zielperson, aber nicht so hell wie die Einheimischen zu sein. Vielleicht ein Indonesier. Er blieb am Steuer sitzen, las mit aus dem Fenster gestreckten Ellbogen eine Zeitung und hatte eine Zigarette im Mundwinkel. Er war die Quelle, die Informationen über die Zielperson geliefert hatte. Vielleicht wusste er sogar, was der andere vorhatte. Jedenfalls war dies der Mann, der uns helfen würde.
Wir kannten die Identität der Quelle nicht, und ich wollte sie auch gar nicht kennen. Umgekehrt erging es ihm vermutlich genauso. Man würde ihm nur mitgeteilt haben, hier warteten irgendwelche Leute darauf, dass er seinen Teil des
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