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Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil

Titel: Niels Holgersens wunderbare Reise mit den Wildgaensen - Zweiter Teil Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Selma Lagerloef
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die seit vielen, vielen Hunderten von Jahren hier in dem
     kalten Norden umhergestreift waren, ohne daran zu denken, daß man andern Schutz gegen Sturm und Kalte haben könne, als ein
     paar dünne Zeltwände. Und die Lappen wunderten sich über die Ansiedler, die sich alle diese schwere und mühselige Arbeit machten,
     da zum Leben doch nichts weiter nötig war als der Besitz von einigen Renntieren und einem Zelt.
    Eines Nachmittags im Juli regnete es dort oben am Luossaujara ganz fürchterlich, und die Lappen, die sich sonst zur Sommerzeit
     nicht viel innerhalb ihrer Zeltwände aufhielten, waren alle miteinander in eins der Zelte gekrochen und kauerten dort um das
     Feuer und tranken Kaffee.
    Während sie da saßen und noch so vergnüglich bei der Kaffeetasse plauderten, kam ein Boot von der Kirunaerseite herübergerudert
     und legte bei dem Lappenlager an. In dem Boot saßen ein Arbeiter und ein kleines Mädchen, das wohl dreizehn bis vierzehn Jahre
     alt sein mochte; sie stiegen bei dem Lager aus. Die Hunde fuhren mit heftigem Gebell auf sie ein, und einer der Lappen steckte
     den Kopf zur Zeltöffnung heraus, um zu sehen, was es gäbe. Er war sehr erfreut, als er den Arbeiter sah, denn der war ein
     guter Freund der Lappen, ein munterer undredseliger Mann, der die Sprache der Lappen sprechen konnte. Der Lappe rief ihm gleich zu, er solle ins Zelt hineinkommen.
     »Du kommst wie gerufen, Söderberg,« rief er. »Der Kaffeekessel hängt über dem Feuer; bei diesem Regenwetter kann doch niemand
     etwas anfangen. Komm herein und erzähle uns etwas Neues.«
    Der Arbeiter kroch zu den Lappen hinein, und mit viel Mühe, aber unter lustigem Scherzen und Lachen, gelang es, für ihn und
     das kleine Mädchen Platz in dem Zelt zu schaffen, das schon ganz voll von Menschen war. Der Mann begann sofort lappländisch
     mit seinen Wirten zu sprechen. Währenddessen saß das Mädchen, das mit ihm gekommen war, und das nichts von der Unterhaltung
     verstand, ganz stumm da und betrachtete erstaunt den Kochtopf und den Kaffeekessel, das Feuer und den Rauch, die Lappen und
     die Lappenfrauen, die Kinder und die Hunde, die Wände und den Fußboden, die Kaffeetassen und die Tabakpfeifen, die bunten
     Kleider und die geschnitzten Gerätschaften.
    Aber auf einmal hielt sie mit ihrer Untersuchung inne und schlug die Augen nieder, denn sie merkte, daß alle im Zelt sie ansahen.
     Söderberg mußte etwas von ihr erzählt haben, denn sowohl die Lappen als auch die Lappenfrauen nahmen ihre kurzen Tabakpfeifen
     aus dem Munde und starrten sie an. Der ihr zunächstsitzende Lappe klopfte ihr auf die Schulter und sagte auf schwedisch: »Gut!
     Gut!« Eine Lappenfrau schenkte eine große Tasse Kaffee ein, die ihr mit vieler Mühe hinübergereicht wurde, und ein Lappenjunge
     in ihrem Alter kroch zu ihr hinüber. Da blieb er liegen und glotzte sie an.
    Sie erriet, daß Söderberg den Lappen erzählt haben mußte, wie sie das große Begräbnis für ihren Bruder, den kleinen Mads
     veranstaltet hatte, aber sie saß da und wünschte, daß er nicht so viel von ihr erzählen möge, sondern die Lappen fragen wollte,
     ob sie nichts von ihrem Vater wüßten. Der kleine Wicht hatte gesagt, daß er sich bei den Lappen aufhalte, die ihr Lager westlich
     vom Luossajaura aufgeschlagen hätten, und da hatte sie um Erlaubnis gebeten, mit einem Kieszug da hinauf zu fahren – denn
     richtige Züge gingen noch nicht auf der Bahn – um nach ihrem Vater suchen zu kommen. Alle, die Aufseher wie auch die Arbeiter
     taten ihr Bestes, um ihr zu helfen, und in Kiruna hatte ein Ingenieur Söderberg, der Lappisch sprechen konnte, mit ihr über
     den See geschickt, um sich nach dem Vater zu erkundigen.
    Sie hatte gehofft, daß sie ihn treffen würde, sobald sie hier ankäme, und sie hatte ein Gesicht nach dem andern im Zelt angesehen,
     konnte aber gar nicht in Zweifel sein, daß sie alle dem Lappenvolk angehörten. Der Vater war nicht unter ihnen.
    Sie sah, daß die Lappen und Süderberg immer ernsthafter wurden, je länger sie miteinander redeten, und die Lappen schüttelten
     die Köpfe und klopften sich an die Stirn, als sprächen sie von jemand, der nicht ganz bei Verstand sei. Da wurde sie so unruhig,
     daß sie es nicht länger aushalten konnte, still zu sitzen und zu warten, und sie fragte Söderberg, was die Lappen von ihrem
     Vater wüßten.
    »Sie sagen, er ist fortgegangen, um zu fischen,« antwortete der Arbeiter. »Sie wissen nicht, ob er heute abendnoch

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