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Notluegen

Notluegen

Titel: Notluegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Richard Swartz
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konnte, mochte diese noch so unsinnig oder sogar lächerlich sein.
    Der Mann war auf der Hut. Dass die Frau nebenbei auch ihren Mann erwähnt hatte, beunruhigte ihn nicht. In seiner Abwesenheit wurde dieser arme Kerl ja dauernd geprügelt, wann immer es ihr passte, pflegte sie ja seine Jacketts auszuleihen oder ihn hier und da in einem Satz zu zitieren, manchmal nur in einem Nebensatz, als abschreckendes Beispiel, wenn männliche Einfalt ganz allgemein illustriert werden sollte; selten hat wohl ein Anwalt mehr Misshandlungen von jemand erdulden müssen, der nicht einmal sein Klient war, dieser Anwalt, der sicher täglich gezwungen war, sich mit weit schwierigeren Fällen zu beschäftigen als seinem eigenen.
    Und trotzdem hatte die Frau sich entschlossen, ihre Beziehung zu ihm in Verbindung mit diesem geschmackvoll möblierten Wohnzimmer in einem der besseren Viertel der Stadt anzusprechen, all das, was sie ihrem Gatten, seiner Geschicklichkeit und seinem guten Ruf zu verdanken hatte, nein, dachte der Mann, gerecht war sie nie zu ihm gewesen. Was aber den Mann beunruhigte, war, dass sie wieder angefangen hatte, in ihrer Tasse herumzurühren, innerlich vermutlich schon dabei, noch mehr Worte zu Sätzen und Argumenten zu kombinieren, so dass sie, ausgesprochen, die größtmögliche Wirkung erzielen würden, und wenigstens das hätte die Frau verstehen sollen, dass sie auch dies ihrem Mann, dem Anwalt, zu verdanken hatte, all ihr Wissen darüber, was sich formulieren lässt und wie man es auf die beste Art tut; aber nicht einmal in diesem Punkt schien sie bereit, eine Dankesschuld zuzugeben.
    Und dann diese Stimme! Hatte sie immer eine solche Stimme gehabt?
    Sobald sie eine Pause machte und schwieg, war der Mann seiner Sache nicht mehr sicher. Vielleicht hatte er diese Stimme zuvor nicht bemerkt, früher eher mit dem beschäftigt, was er sehen konnte oder in seinen Armen hielt? Aber als der Mann jetzt versuchte, sich an die Stimme der Frau von früher zu erinnern, hörte er nichts anderes als dieses eintönige Blöken, das alles zu einem widerlichen Wortbrei zu zermahlen schien, so dass nichts, was sie sagte, wichtiger erschien als etwas, was nicht gesagt wurde, und um zu unterstreichen, dass sie noch lange nicht fertig war, machte die Frau eine neue Pause und legte den Löffel wieder auf die Untertasse.
    Neben der Teetasse auf dem Tisch lagen zwei Bücher, »Wenn eine Frau älter wird« sowie ein schmalerer Band mit dem Titel »Erinnerungen an ein langes Leben«, und es erstaunte den Mann, dass es möglich sein sollte, so viel Leben in ein so dünnes Buch zu stecken, aber noch mehr, dass die Frau mit Hilfe dieser eintönigen Stimme alles, was zwischen ihnen gewesen war, gemein und schmutzig erscheinen ließ, von vornherein dazu verurteilt, in Enttäuschung zu enden, und hatte der Mann anfangs ihr Schweigen und ihre Pausen gefürchtet, begann er sich jetzt über das zu ärgern, was sie tatsächlich von sich gab.
    Draußen hatte es zu regnen begonnen. Der Regen trommelte gegen die Fensterscheiben, und der Tee in ihrer Tasse musste schon kalt sein. Nein, sagte sie plötzlich und hob den Blick zum Fenster, als hörte sie erst jetzt, wie der Regen gegen die Scheiben trommelte, nein, wiederholte sie, du warst nie bereit, meinetwegen etwas zu wagen, und bevor der Mann protestieren konnte, rief sie aus, nein, nie, und zwar so schrill, dass es fast wie ein unterdrückter Schrei klang, als wäre ihre leiernde, eintönige Stimme dazu dagewesen, all das Ärgerliche, was sie zusammen erlebt hatten, zu sammeln und Rechenschaft darüber abzulegen, während jetzt eine ganz andere Stimme zur Anwendung kam, um es zu verurteilen, wie der Schrei eines verwundeten Tieres im Schmerz.
    Aber ein solches Tier gab es nicht in dem Zimmer, und stattdessen fiel der Blick des Mannes auf die Blumenvase, die auf dem schwarzen Flügel am anderen Ende des Zimmers stand; vielleicht stimmte es doch, was er nie richtig hatte glauben können, dass ein einziger hoher, schneidender Ton ein Glas zerbrechen oder eine Kristallvase in Stücke zerspringen lassen kann.
    Aber das Schlimmste von allem war, dass der Mann nicht verstand, was die Frau meinte, und dass diese gekränkte Stimme alles noch unbegreiflicher machte. Was sie zusammen erlebt hatten, hatte niemandem geschadet, es war angenehm und beinahe köstlich gewesen.
    Nichts gewagt? Keine Risiken eingegangen? Aber hatte der Mann sich nicht Gefahren ausgesetzt, die ausschließlich mit Passion und

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