Nur die Liebe heilt
da Evie alles selbst erledigte: den Stand aufbauen, die Schmuckauslage dekorieren, die Kunden beraten und die Kreditkartenabrechnungen auflisten. Das alles war eine große Herausforderung.
Am Wochenende musste sie sich mit zwei Diebstählen und dem unvermeidlich darauf folgenden Papierkram herumschlagen Deswegen war dieser Joggingausflug jetzt genau das, was sie brauchte.
Da sie schließlich müde war und ihre Muskeln angenehm brannten, nahm sie eine Abzweigung des Wanderwegs, der zurück in die Stadt führte. Sie hatte in der Eile ihre Trinkflasche vergessen, und auf einmal konnte sie an nichts anderes mehr denken als an einen großen Schluck kaltes Wasser.
Auf ihrem Heimweg, die Sweet Laurel Road runter, kamen sie und Jacques an einigen der älteren kleinen Holzhäuser vorbei, die gebaut worden waren, als die Stadt noch neu gewesen war. Evie entdeckte Caroline Bybee – die drahtigen grauen Zöpfe von einem großen Strohhut bedeckt –, die gerade ihre prächtigen Blumen goss.
Die Luft roch nach Sommer, nach Grillfleisch, gebratenen Zwiebeln und frisch gemähtem Gras, wie immer mischte sich zu all dem der Duft von Kiefern und Salbei.
Sie erreichte die steile Main Street, lief an den Geschäften vorbei und steuerte auf ihre kleine Zweizimmerwohnung über dem String Fever zu. Sie war hungrig und müde und wollte nur noch die Füße hochlegen, ein gutes Buch lesen und eine Tasse Tee trinken.
Das String Fever befand sich in einem zweistöckigen Backsteingebäude, das einmal das berüchtigtste Bordell der Stadt gewesen war. Evie bog in eine kleine Gasse ein, über die sie direkt zu dem hübschen, eingezäunten Garten hinter dem Laden gelangte. Die verwitterten Backsteine leuchteten in der Abendsonne.
Jacques bellte einmal scharf auf, als sie das Holztor erreichten. Der Garten war gerade groß genug für ein Blumenbeet, ein Stückchen Rasen und einen Tisch mit vier Stühlen, an dem die Mitarbeiter vom String Fever ihre Pausen verbringen oder die Kinder von Claire Bradford – künftige Claire McKnight – ihre Hausaufgaben machen konnten, während ihre Mutter arbeitete.
Sie musste sich wirklich eine größere Wohnung suchen, in der Jacques mehr Platz hatte. Bei ihrem Einzug in das Apartment über dem Laden hatte sie nicht geplant, einen Hund zu halten, geschweige denn einen derart großen wie Jacques. Sie hatte ihn nur für ein paar Wochen bei sich aufnehmen wollen, bis das Tierheim einen Besitzer für ihn gefunden hatte. Aber dann hatte sie sich in diesen großen,freundlichen Hund mit dem so unpassenden Pudelfell verliebt.
„Ganz langsam, du verrückter Hund. Wahrscheinlich bist du genauso durstig wie ich. In einer Minute kann ich dich von der Leine lassen.“
Sie trat durch das Gartentor und erstarrte, da Jacques einen Mann anbellte, der auf einem der Gartenstühle saß. Im Schatten des Sonnenschirms konnte sie die Gesichtszüge des Fremden nicht erkennen. Ihr Herzschlag schien einen Moment auszusetzen.
Früher in L.A. hätte sie in solch einer Situation das Pfefferspray gezückt und mit dem Zeigefinger der anderen Hand bereits die letzte 1 der Notrufnummer 911 gedrückt. Nur für den Fall.
Doch hier in Hope’s Crossing erschrak sie zwar, wenn ein fremder Mann im Halbdunkeln auftauchte, wurde allerdings nicht panisch. Noch nicht.
Sie kniff die Augen etwas zusammen und erkannte ihn auf einmal – was ihre inneren Alarmglocken laut aufschrillen ließ. Lieber hätte sie sich mit einem halben Dutzend mit Messern bewaffneten Verbrechern angelegt, als Brodie Thorne gegenüberzustehen.
„’n Abend“, begrüßte er sie und erhob sich.
Jacques zerrte an seiner Leine, was er normalerweise nicht machte. Weil Evie damit nicht gerechnet hatte, glitt ihr die Leine durch die Finger, und Jacques nutzte seine frisch gewonnene Freiheit, um begeistert auf den Mann zuzurennen.
Sie konnte nicht einmal rechtzeitig „Sitz“ rufen, bevor er Brodie erreicht hatte. Nach allem, was sie von Brodie wusste, rechnete sie damit, dass er den Hund von sich schieben würde, verbunden mit einem unhöflichen Kommentar nach dem Motto, sie habe ihren Hund nicht im Griff. Doch er überraschte sie, indem er anfing, den Hund zwischen den Ohren zu kraulen.
Sie wollte nicht, dass er nett zu Hunden war. Das passte nicht zu ihm und dem Bild, das sie von ihm hatte.
Ihre Bekanntschaft mit Brodie hatte schon holprig begonnen, als sie vor zwei Jahren eine E-Mail-Freundschaft mit seiner Mutter Katherine in einem Schmuckforum geschlossen hatte,
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