Nur mit dir sind wir eine Familie
Reißverschluss ihrer Tasche und zog den braunen Umschlag hervor. Tief Luft holend zog sie das Anschreiben heraus und warf einen Blick darauf, bevor sie es wieder zurückschob.
Lächelnd verließ Charlotte das Gästezimmer. Und ihr Lächeln verstärkte sich, als sie den leckeren Duft von warmem Muffuletta-Sandwich roch. Sie konnte sich noch gut daran erinnern, wann sie das letzte Mal eins gegessen hatte: Es war hier in diesem Haus gewesen, zusammen mit Sean.
Sie hatten in der Küche gesessen und sich das runde, italienische, mit Schinken, Salami, Provolone-Käse und Oliven belegte Brot geteilt.
Damals hatte Charlotte noch geglaubt, dass sie auch die Hoffnung teilten, bald ein Kind zu bekommen. Doch nur drei Monate später hatte sie herausfinden müssen, dass sie sich getäuscht hatte.
Offensichtlich hatte ihr geliebter Mann nur ihr zuliebe so getan, als wünsche er sich auch Kinder, die Scharade nach zwei Jahren jedoch so satt gehabt, dass er ihr reinen Wein über seine wahren Gefühle eingeschenkt hatte. Da sie sich einfach nicht damit hatte abfinden können, hatte er kurz entschlossen seine Sachen gepackt und war in ihr Stadthaus in New Orleans gezogen.
Sein Verrat hatte sie so tief verletzt, dass sie ihn am Anfang noch nicht einmal vermisst hatte. Nach der Zerstörung all ihrer Hoffnungen und Träume hatte sie genug damit zu tun gehabt, ihren Alltag zu bewältigen.
Doch sie konnte einfach nicht darüber hinwegkommen, dass der einzige Mann, den sie sich als Vater ihrer Kinder vorstellen konnte, sie so im Stich gelassen hatte. Hoffentlich würde er wenigstens heute auf ihre Bitte eingehen.
Als Charlotte die Treppe hinunterging, versuchte sie sich damit zu beruhigen, dass es sich um eine Kleinigkeit handelte. Warum sollte er ihr die abschlagen? Schade nur, dass sie ihm im Gegenzug nicht viel bieten konnte. Außer vielleicht dem Versprechen, ihn hinterher ein für alle Mal in Ruhe zu lassen.
2. KAPITEL
Sean beeilte sich mit Duschen und Anziehen, damit er in der Küche noch etwas Zeit für sich allein hatte. Außerdem brauchte er erst mal einen starken Drink, bevor er Charlotte wieder gegenübertreten konnte.
Sie war der letzte Mensch, mit dem er an diesem stürmischen Januarabend gerechnet hätte. Nicht wegen der Gründe, die er ihr genannt hatte – ihrer Aversion gegen das Fahren bei schlechtem Wetter und ihrem anstrengenden Job an der Mayfair Highschool –, sondern weil sie sich im letzten halben Jahr so stark voneinander distanziert hatten.
Als er in Mayfair ausgezogen war, hatte er Charlottes Erleichterung deutlich sehen können. Sie schien seitdem auch nicht das geringste Interesse an seiner Rückkehr zu haben. Sogar die Feiertage hatte sie lieber ohne ihn verbracht. An Thanksgiving hatte sie ihre beste Freundin Ellen Herrington und deren Familie besucht, und in der Woche zwischen Weihnachten und Neujahr war sie mit ihrer anderen Freundin Quinn Sutton in den Skiurlaub gefahren.
Nicht dass Sean ihr die Gesellschaft nicht gönnte, aber schließlich war es Charlotte gewesen, die immer wieder betont hatte, dass man Feiertage mit seiner Familie verbringen sollte. Sie beide hatten keine engeren Verwandten mehr. Doch vermutlich betrachtete sie ihn gar nicht als ihre Familie, seitdem seine Wut, sein Überdruss und seine Frustration ihn dazu gebracht hatten, sich eine Auszeit von ihrer zehnjährigen Ehe zu nehmen.
Natürlich hätte er das Ganze damals behutsamer angehen können, doch die Spannungen zwischen ihnen waren so unerträglich gewesen, dass er einfach nicht mehr klar hatte denken können. Außerdem hatte er befürchtet, Charlotte endgültig zu verlieren, wenn er nicht die Notbremse zog.
Zudem hatte er gewusst, dass sie ihn früher oder später ohnehin rauswerfen würde. Da war es ihm als die bessere Option erschienen, ihr zuvorzukommen. Dabei hatte er jedoch nur eine vorübergehende Trennung im Auge gehabt – in der festen Überzeugung, dass eine kurze Auszeit ihnen beiden guttun und ihnen helfen würde, sich innerlich auf ein Leben ohne Kinder einzustellen. Mit seinem Hinweis, dass es genug kinderlose Paare gab, die trotzdem glücklich verheiratet waren, schien er jedoch alles kaputtgemacht zu haben.
War es denn wirklich so schlimm, dass er davon überzeugt war, dass man kein Kind brauchte, um ein glückliches Leben zu führen? Schließlich hatte Charlotte lange genug darunter gelitten, keine Kinder bekommen zu können. Wie viel Leid wollte sie denn noch auf sich nehmen, wo doch klar war,
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