Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Öffnet den Himmel

Öffnet den Himmel

Titel: Öffnet den Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
Vom Netzwerk:
sehen, nicht das Waser. Die ganze Verflochtenheit.“ Weiners Augen leuchteten. Kirby begriff urplötzlich, daß der Mann schon betrunken gewesen war, noch bevor er durch die Tür getreten war, und die zwei mehrstöckigen Bourbons hatten ihn endgültig volltrunken gemacht. „Wissen Sie, was ich will, Kirby? Ich möchte raus und etwas im Dreck wühlen. Ich will in die Opiumhöhlen. Ich möchte Esper im ekstatischen Zustand sehen. Ich will an einer Vorster-Sitzung teilnehmen. Ich möchte mein Leben leben, Ron. Ich will die Erde kennenlernen – mit ihrem Schmutz und allem anderen!“

 
2
     
     
     
    Die Vorster-Halle war ein heruntergekommenes, fast unerträglich schäbiges Gebäude in Zentral-Manhattan. Es lag einen Steinwurf vom UN-Komplex entfernt. Kirby fühlte sich unbehaglich, er hatte nie wirklich seinen Ekel vor Schmutz überwinden können, auch heutzutage nicht, wo fast die ganze Welt ein riesiges, wucherndes Slum-Gebiet war. Aber Nat Weiner wollte es so. Kirby hatte ihn hierhergeführt, weil dies die einzige Vorster-Stätte war, die er vorher schon einmal besucht hatte. Daher kam er sich hier zwischen den Gläubigen auch nicht völlig fehl am Platz vor.
    Ein Schild über der Tür verkündete mit glänzenden, aber fleckigen Buchstaben:
     
    BRUDERSCHAFT DER IMMANENTEN STRAHLUNG
    JEDERMANN IST WILLKOMMEN
    TÄGLICH ANDACHTEN
    GESUNDEN SIE IHR HERZ
    ERLANGEN SIE HARMONIE MIT DEM KOSMOS
     
    Weiner mußte über das Schild kichern. „Seh’n Sie sich das an! Gesunden Sie Ihr Herz! Wie steht’s denn mit Ihrem Herzen, Kirby?“
    „Ist an etlichen Stellen punktiert. Sollen wir hineingehen?“
    „Da können Sie einen drauf lassen“, sagte Weiner.
    Der Marsianer war völlig betrunken. Aber er hielt sich noch wacker, mußte Kirby zugeben. Obwohl Kirby an diesem langen Abend gar nicht erst versucht hatte, es mit dem marsianischen Gesandten aufzunehmen, der einen Drink nach dem anderen in sich hineingeschüttet hatte, fühlte er sich jetzt benebelt und zu warm. Seine Nasenspitze prickelte. Er sehnte sich danach, den Marsianer abzuschütteln und in seine Nichts-Kammer zu kriechen, um all das Gift in seinem Körper loszuwerden.
    Aber Weiner wollte über die Stränge schlagen, und man konnte ihm daraus kaum einen Vorwurf machen. Der Mars war ein rauhes Fleckchen, wo es wenig Gelegenheit gab, um sich mal richtig gehenzulassen. Die Terranisierung eines Planeten bedeutete immer eine außerordentliche Anstrengung. Jetzt war diese Aufgabe nahezu bewältigt, nachdem zwei Generationen hart daran gearbeitet hatten. Die Luft des Mars war jetzt gut und sauber, aber Zeit zum Ausruhen hatte man dort noch immer nicht. Weiner war gekommen, um ein Handelsabkommen abzuschließen, gleichzeitig war es seine erste Chance, den Härten des Marslebens zu entfliehen. Das Sparta des Weltraums wurde der Mars genannt. Und jetzt befand er sich in Athen.
    Sie betraten die Vorster-Halle.
    Sie war ein langgezogener, enger, rechtwinkliger und kistenartiger Raum. Ein Dutzend Reihen von unlackierten Holzbänken breitete sich von einer Seite zur anderen aus. Eine schmale Schneise befand sich an einer Seite. Am anderen Ende stand der Altar und glühte in der unvermeidlichen blauen Strahlung. Dahinter befand sich ein großer, spindeldürrer Mann mit Glatze und einem Bart.
    „Ist das der Priester?“ flüsterte Weiner rauh.
    „Ich glaube nicht, daß sie Priester genannt werden“, sagte Kirby. „Aber er tut hier Dienst.“
    „Gibt es hier keine Kommunion?“
    „Lassen Sie uns einfach erst mal zusehen“, schlug Kirby vor.
    „Sehen Sie sich bloß all diese verdammten Schwachsinnigen an“, sagte der Marsianer.
    „Diese Religion ist sehr populär.“
    „Das kapier’ ich nicht.“
    „Schauen Sie einfach hin und hören Sie zu.“
    „Die knien nieder – und kriechen vor diesem Schmalspur-Reaktor …“
    Einige Köpfe wandten sich in ihre Richtung. Kirby seufzte. Er brachte für die Vorster oder ihre Religion keine Sympathie auf, aber er war empört über diese ungestüme Entweihung ihres Heiligtums. Höchst undiplomatisch packte er Weiners Arm, führte den Marsianer in die nächste Bank und zog ihn hinunter, damit er sich hinkniete. Kirby ließ sich neben ihm nieder. Der Marsianer warf ihm einen bösen Blick zu. Kolonisten mochten es nicht, wenn ihr Körper von Fremden berührt wurde. Ein Venusier hätte Kirby für eine solche Tat mit seinem Dolch niedergestochen. Aber andererseits wäre ein Venusier auch gar nicht erst auf die Erde gekommen, um

Weitere Kostenlose Bücher