Opfergrube: Kriminalroman (Darmstadt-Krimis) (German Edition)
schüttelten wieder den Kopf.
»Hat er leiden müssen?«
»Ja«, sagte Margot im selben Moment, in dem Horndeich »Nein« sagte.
Horndeich übernahm. »Nein. Ich komme gerade von der Gerichtsmedizin. Er war bereits tot, als er …« Horndeich wusste nicht, wie er fortfahren sollte.
» … im Woog versenkt wurde«, beendete Bruno Sacher den Satz.
Horndeich nickte nur. Er sah nicht ein, weshalb er der Familie noch mehr Leid zufügen sollte. Zumal die beiden nicht aus dem Kreis der Verdächtigen ausgeschlossen waren. Zumindest noch nicht. Nur Margot, er und Hinrich wussten, dass Emil Sacher ertrunken war. Das waren genug Menschen.
»Wann ist er gestorben?«, fragte Angelika Sacher.
»Wahrscheinlich vergangenen Freitag«, antwortete Horndeich.
»Wir müssen Sie das fragen, und deshalb frage ich Sie gleich«, meinte Margot: »Wo waren Sie am vergangenen Freitagabend?«
Mutter und Sohn sahen sich abermals kurz an, dann sagte Bruno Sacher: »Freitag? Da haben wir doch die Herr der Ringe -Nacht gemacht. Das war doch Freitag?«
Ein kurzes Lächeln huschte über das Gesicht der Frau. »Ja. Freitag. So um sieben haben wir angefangen, und das ging dann so bis halb zwei, denke ich.«
»Auf DVD. Teil 1 bis 3«, fügte der junge Mann hinzu.
Angelika Sacher nickte.
Bruno Sacher wippte nach wie vor mit dem rechten Bein. Das Lied im Kopf war offenbar noch nicht zu Ende.
»Wann können wir meinen Mann beerdigen?«, fragte Frau Sacher.
»Das entscheidet die Gerichtsmedizin«, entgegnete Margot. »In ein paar Tagen.«
Schweigen senkte sich über den Raum.
»Sie haben wirklich keine Ahnung, wer Ihrem Mann, Ihrem Vater das angetan hat?«, fragte Margot nochmals.
Wieder schüttelten beide den Kopf.
»Gut. Wenn wir noch weitere Fragen haben, werden wir uns bei Ihnen melden.«
Margot stand auf, Horndeich tat es ihr nach.
Angelika Sacher erhob sich ebenfalls, sah die Kommissare an. »Danke, dass Sie noch heute Abend persönlich vorbeigekommen sind.«
Bruno Sacher sagte nichts. Er sah Margot und Horndeich kurz an, nickte, dann verschwand er, und Horndeich hörte wieder Schritte auf der Treppe, diesmal auf dem Weg nach oben.
Angelika Sacher begleitete die Polizisten zur Haustür.
»Frau Sacher – eine Frage hätte ich noch.« Margot griff in die Tasche, holte die kleine Digitalkamera heraus, schaltete sie an und hielt gleich darauf den Monitor in Angelika Sachers Richtung. »Ihr Mann war tätowiert. Auf der rechten Gesäßhälfte.«
Angelika sah Margot direkt an. »Das wusste ich nicht.«
»Das verstehe ich nicht«, meinte Margot.
Die Gesichtsfarbe der Frau veränderte sich nicht, als sie sagte: »Wir haben seit Jahren getrennte Schlafzimmer. Die Basis unserer Ehe ist weniger die Sexualität als die geistige Harmonie. Also – sie war es. Diese Tätowierung ist höchstens vier Jahre alt. Sonst wüsste ich davon.«
Margot nickte nur. »Danke«, sagte sie, dann verabschiedete sie sich. Horndeich tat es ihr nach.
»Keine Träne«, sagte Margot. »Sie ist eiskalt.«
»Jeder trauert anders«, erwiderte Horndeich. Aber irgendetwas an dieser Szenerie hatte ganz und gar nicht gestimmt.
DONNERSTAG, 21. JUNI
»Das ist alles so verdammt keimfrei. Es passt nicht. Es passt einfach nicht.« Margot war wütend. Sie hatte die erste Stunde im Präsidium damit verbracht, die Akte über den seinerzeit als vermisst gemeldeten Emil Sacher zu lesen. Sie war die Aussagen der Ehefrau durchgegangen, die Aussagen der Uni-Angestellten, die Aussagen, die die Kollegen aus München von Sachers Kompagnon Sven Taggt aufgenommen hatten. Mit dem hatte Sacher eine gemeinsame Motorrad-Tuning-Firma betrieben. »Emil Sacher muss ein Gott gewesen sein. Keiner hat auch nur ein einziges negatives Wort über ihn gesagt.«
Horndeich stellte ihr eine Tasse Kaffee hin. Den Löffel Zucker hatte er bereits hineingetan. »Als diese Menschen befragt wurden, da war Emil Sacher ja auch nur vermisst. Ich meine – stell dir mal vor, er kommt aus seinem Spontanurlaub aus Italien wieder und erfährt, dass sein Geschäftspartner über seine krummen Geschäfte geplaudert hat, der Arbeitskollege über die Geliebte und die Frau über seine Vorliebe für Sadomaso. Ich kann die Leute verstehen.«
Margot rollte mit dem Bürostuhl ein wenig zurück. »Du hast ja recht. Nur für uns bedeutet das, dass wir bei Punkt null anfangen müssen.«
»Jepp. So ist das halt.«
»Und außerdem hasse ich Heiligenscheine.«
»Wir sollten nachher noch mal in die Uni gehen und
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