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Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten

Titel: Otherland 1: Stadt der goldenen Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tad Williams
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die Suche. Nach einer Weile fluchte er, zog seinen Arm zurück und fing dann ein Regal tiefer mit der gleichen Prozedur an.
    »Wenn du nichts essen mußt, ich muß. Außerdem ist das deine Tochter da im Tank, nicht meine.«
    Ein Kanister mit Sojamehl kippte vom Bord und knallte auf den Boden. Long Joseph wühlte weiter in dem freien Raum vor der Rückwand des Regals herum. »Erzähl du mir nix von meiner Tochter. Ich weiß, wer da im Tank is.«
    Jeremiah Dako gab einen Laut zorniger Erbitterung von sich und wandte sich zum Gehen. Er blieb in der Tür stehen. »Ich werde nicht ewig hier sitzen und diese Bildschirme anstarren. Ich kann nicht. Und wenn ich einschlafe, wird niemand ihren Herzschlag kontrollieren und niemand darauf aufpassen, daß die Tanks richtig funktionieren.«
    »Verdammt!« Eine Riege von Plastiksäcken rutschte vom Bord und fiel herunter. Einer riß, und eine schwefelgelbe Wolke Eipulver puffte über den Betonboden. »Ein verdammter Scheißladen!« Long Joseph fegte weitere Säcke vom Regal, dann stemmte er einen Container in die Höhe und schmiß ihn so heftig hin, daß er hochsprang, bevor er an der rückwärtigen Wand liegenblieb. Zäher Sirup sickerte unter dem verbeulten Deckel hervor. »Was zum Teufel is das hier für’n Dreck?« brüllte er. »Wie soll hier einer leben, in ’ner gottverdammten Höhle unter der Erde?« Long Joseph hob einen weiteren Container hoch, als wollte er ihn hinpfeffern, und Jeremiah verzog schon das Gesicht, aber statt dessen senkte er den Behälter wieder und starrte ihn an, als wäre er ihm soeben von einem Besucher aus dem All überreicht worden.
    »Guck dir diesen Schwachsinn an!« sagte er und hielt ihn Jeremiah zur Prüfung hin. Jeremiah rührte sich nicht. »Guck, da steht ›Corn Porridge‹. Die haben hier scheiß Mieli Pap in Zehn-Gallonen-Dosen! Genug Maispampe, um ’nen Elefant mit zu ersticken, aber nich ein einziges Bier!« Er lachte rauh und ließ den Behälter auf den Boden plumpsen. Er rollte schwerfällig gegen eine Schranktür. »Scheiße. Ich will was zu trinken haben. Ich bin schon ganz ausgetrocknet.«
    Mit weit aufgerissenen Augen schüttelte Jeremiah den Kopf. »Hier ist keins.«
    »Das weiß ich. Ich weiß es. Aber manchmal muß ein Mann einfach nachschauen.« Long Joseph blickte von der Schweinerei am Boden auf. Er schien den Tränen nahe zu sein. »Wenn du schlafen willst, geh schlafen. Zeig mir, was ich mit der verdammten Maschine machen muß.«
     
    »… Das ist alles. Herzschlag und Körpertemperatur sind die eigentlich wichtigen Sachen. Du kannst sie rausholen, indem du einfach hier drückst – dann gehen die Tankdeckel hoch –, aber deine Tochter hat gemeint, das sollten wir nur tun, wenn sie in ernster Gefahr wären.«
    Long Joseph starrte die zwei mit Kabeln behängten Sarkophage an, die jetzt beide aufrecht standen. »Ich pack’s nich«, sagte er schließlich.
    »Was soll das heißen?« Jeremiahs Stimme klang gereizt. »Du hast gesagt, du würdest für mich aufpassen – ich bin erschöpft.«
    Der andere Mann schien ihn nicht zu hören. »Genau wie bei Stephen. Genau wie bei meinem Jungen. Hab sie direkt vor mir, aber kann sie nich anfassen, kann ihr nich helfen, kann gar nix machen.« Er blickte finster. »Hab sie vor mir und kann nix machen.«
    Jeremiah sah ihn eine Weile an. Sein Gesicht wurde weich. Er legte sachte die Hand auf Long Josephs Schulter. »Deine Tochter versucht zu helfen. Sie ist sehr tapfer.«
    Joseph Sulaweyo schüttelte die Hand ab, die Augen starr auf die Tanks gerichtet, als ob er durch die dichten Fibramicgehäuse schauen könnte. »’ne dumme Gans isse. Meint, bloß weil sie ’ne Studierte is, weiß sie alles. Aber ich hab probiert, ihr zu sagen, daß man sich mit so Leuten nich anlegt. Wolltse nich hören. Keiner von denen hört, nie nich.«
    Plötzlich verzerrte sich sein Gesicht, und er blinzelte unter Tränen. »Alle Kinder weg. Alle Kinder weg, weg, weg.«
    Jeremiah setzte an, abermals die Hand auszustrecken, dann zog er sie zurück. Nach einem langen Schweigen drehte er sich um und schritt zum Fahrstuhl. Der andere Mann blieb mit den stummen Tanks und den leuchtenden Bildschirmen allein.

Dank
    Dieses Buch zu schreiben, war entsetzlich kompliziert, und ich habe vielen Leuten für ihre Unterstützung zu danken, vor allen Dingen aber den folgenden, die entweder dringend benötigte Hilfe bei den Recherchen leisteten oder wieder einmal eines von Tads Mammutmanuskripten durchackerten und hinterher

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