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Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet

Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet

Titel: Paganinis Fluch - Kepler, L: Paganinis Fluch - Paganinikontraktet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Kepler
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Jaguar ausgestellt«, sagt Joona.
    »Gut«, kommentiert Åhlén.
    Joona wird ernst, seine Augen bekommen eine silbrig dunkle Farbe.
    »Wie ist er gestorben?«
    »Palmcrona?«
    »Ja.«
    Das Telefon klingelt, und Åhlén schubst den Obduktionsbericht in Joonas Richtung.
    »Um darauf eine Antwort zu bekommen, hättest du nicht herzukommen brauchen«, sagt er, bevor er nach dem Hörer greift.
    Joona setzt sich ihm gegenüber auf einen Stuhl mit weißer Ledersitzfläche. Die Obduktion von Carl Palmcronas Körper ist abgeschlossen. Joona blättert in dem Bericht und überfliegt einige willkürlich ausgewählte Punkte:
    74.   Die Nieren wiegen insgesamt 290 Gramm. Glatte Oberfläche, Gewebe graurot, feste, elastische Konsistenz, deutliche Zeichnung.
    75.   Abführende Harnleiter sind von normalem Aussehen.
    76.   Die Harnblase ist leer, die Schleimhaut blass.
    77.   Die Prostata ist nicht vergrößert, das Gewebe ist bleich.
    Åhlén schiebt die Pilotenbrille auf seiner schmalen, leicht gekrümmten Nase hoch, beendet das Telefonat und blickt anschließend auf.
    »Wie du siehst«, sagt er gähnend, »gibt es da nichts Unerwartetes. Die Todesursache fällt in die Rubrik Asphyxie, will sagen Ersticken … Beim vollständigen Erhängen handelt es sich allerdings eher selten um ein Ersticken im üblichen Sinn, sondern um ein Abschnüren der Arterienversorgung.«
    »Das Gehirn erstickt, weil der Zufluss sauerstoffgesättigten Bluts unterbunden wird.«
    Åhlén nickt.
    »Arterienkompression, bilaterales Abklemmen der Carotis, das geht natürlich alles ungeheuer schnell, Bewusstlosigkeit binnen weniger Sekunden …«
    »Aber vor dem Erhängen hat er noch gelebt?«, fragt Joona.
    »Ja.«
    Åhléns schmales Gesicht ist glatt rasiert und finster.
    »Kannst du die Fallhöhe schätzen?«, fragt Joona.
    »Es liegen weder an der Halswirbelsäule noch an der Schädelbasis Frakturen vor – sodass ich schätzen würde, dass es sich nur um vierzig oder fünfzig Zentimeter gehandelt haben kann.«
    »Ja …«
    Joona denkt an die Aktentasche mit den Abdrücken von Palmcronas Schuhen. Er öffnet nochmals den Bericht und blättert bis zum Abschnitt »Äußere Besichtigung« vor, der Untersuchung der Haut am Hals, den gemessenen Winkeln.
    »Woran denkst du?«, fragt Åhlén.
    »Ich frage mich, ob die Möglichkeit besteht, dass er mit derselben Schlinge erwürgt und anschließend bloß an der Decke aufgehängt wurde.«
    »Nein«, antwortet Åhlén.
    »Warum nicht?«
    »Warum nicht? Es gab nur eine Furche, und die war perfekt«,erläutert Åhlén. »Wenn eine Person sich erhängt, schneidet das Seil oder die Leine in den Hals ein und das …«
    »Aber das könnte ein Täter doch wissen«, unterbricht Joona ihn.
    »Aber es ist praktisch unmöglich, das zu rekonstruieren. Du weißt doch, beim vollständigen Erhängen muss die Furche der Schnur um den Hals wie eine Pfeilspitze geformt sein, mit der Spitze nach oben, genau am Knoten …«
    »Weil das Gewicht des Körpers die Schlaufe zuzieht.«
    »Ja, genau … Und aus dem gleichen Grund soll sich der tiefste Teil der Furche genau gegenüber der Spitze befinden.«
    »Dann starb er also definitiv durch Erhängen«, konstatiert Joona.
    »Ohne jeden Zweifel.«
    Der große, hagere Pathologe beißt sich sanft in die Unterlippe.
    »Könnte man ihn zum Selbstmord gezwungen haben?«, fragt Joona.
    »Nicht mit Gewalt – dafür gibt es jedenfalls keine Anzeichen.«
    Joona schließt den Bericht, trommelt mit beiden Händen leicht darauf und denkt, dass die Andeutungen der Haushälterin über andere Menschen, die in Palmcronas Tod verwickelt waren, doch nur wirres Gerede gewesen sind. Trotzdem wollen ihm die zwei verschiedenen Fußabdrücke nicht aus dem Sinn, die Tommy Kofoed gefunden hat.
    »Dann bist du dir in Bezug auf die Todesursache also sicher?«, fragt Joona und sieht Åhlén in die Augen.
    »Womit hattest du eigentlich gerechnet?«
    »Das hier«, antwortet Joona zögernd und legt den Finger auf die Mappe mit dem Obduktionsbericht, »ist haargenau das, womit ich gerechnet habe, aber gleichzeitig ist da etwas, was mich einfach nicht loslässt.«
    Åhlén lächelt schmallippig.
    »Nimm den Bericht mit und lies ihn als Gutenachtgeschichte.«
    »Okay«, erwidert Joona.
    »Ich glaube allerdings, dass du Palmcrona vergessen kannst … etwas Spannenderes als einen Selbstmord wirst du nicht finden.«
    Åhléns Lächeln erstirbt, und sein Blick senkt sich, Joonas Blick dagegen ist weiter scharf,

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