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Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen

Titel: Partner, Paare, Paarungen - Erzählungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Langen Müller
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Entschluss.
    »Die können mich. Wir gehen zu mir.«
    Auf dem kurzen Weg blockte der Onkel Fragen wie »Wie geht’s dir?« oder »Wie kam’s, dass …« ab.
    »Bist du in Übung? Ich meine im Schach?«
    Die Stimme des Onkels hatte etwas Bösartiges.
    »Sonst scheint der Wirtschaftswissenschaftler es ja sehr gut getroffen zu haben.«
    Der Onkel sperrte die Wohnung auf. Die sah nicht gerade verwahrlost, aber doch ziemlich ungepflegt aus. Als der Onkel pissen ging, besah sich der Neffe die Sache genau und meinte, von den Räumen sei außer der Küche eigentlich nur mehr das Schlafzimmer benützt.
    Der Onkel kam mit dem Schach ins Esszimmer, blies den Staub von der Tischplatte und stellte die Figuren auf. Mit den beiden letzten Bauern ließ er den Neffen wieder wählen. Und der traf wieder Weiß.
    Und wieder spielte der Onkel als Schwarzer im 2. Zug f5. Er sah den Neffen höhnisch an. Er hatte vergessen, dass dieser Zug einmal Anlass einer Unterrichtsstunde gewesen war.
    »Das Lettische Gambit«, stellte der Neffe fest. »Das traust du dich gegen mich?«
    »Woher weißt du, wie das heißt?«
    Der Neffe, ein Erfolgsmensch, ein wegen seiner analytischen Fähigkeiten im Beruf überaus geschätzter Mann, spürte in sich Killerinstinkt hochkriechen. Aber gleichzeitig trat ihm der Schweiß auf die Stirn. Er wusste die Entgegnung nicht mehr. Er hatte eine Ahnung, aber eben nur das. Er zog, war sich aber nicht sicher. Zu Recht, wie sich bald herausstellte. Seine Stellung war bald nicht mehr souverän. Er verteidigte sich zäh. Aber der Onkel hatte im Laufe des Lebens die Vernichtungsstrategie automatisiert. Nach langem Widerstand verlor Weiß.
    Der Neffe sah seinen Onkel an. Der hatte plötzlich kein Losergesicht mehr.
    »Es ist wie im Leben. Wie in der Wirtschaft. Wie in der Politik. Wenn du die Entgegnung nicht kennst, hast du keine Chance.«
    Der Neffe hatte den abendlichen Geschäftstermin hinter sich gebracht. Der war unerfreulich gewesen. Da hatte sich eine Betriebsschließung mit zahlreichen Kündigungen nicht vermeiden lassen. Er setzte sich an die Hotelbar. Er verspürte eine nie gekannte Panik. Es war ihm, als wären ihm alle Entgegnungen der Welt abhandengekommen.
    Er fühlte sein Ego in den Boden getreten.
    Er bestellte sich einen doppelten Kognak und erkundigte sich nach der Hotelnutte. Schon währenddessen verwarf er die Idee. Bringt doch auch nichts mehr, sagte er sich.

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