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Patrick: Eine finstere Erzählung

Patrick: Eine finstere Erzählung

Titel: Patrick: Eine finstere Erzählung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Sidjani
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kann, dann hat sie Gewissheit. Sie mag Michael, aber sie denkt an Daniel und Manfred. Wenn jemand das tun kann, was sie vorhat, dann die beiden.
    Der Taxifahrer lächelt grimmig, als sie ihm mitteilt, dass sie auf den Kiez möchte, ins Rotlichtviertel, weil sie genau so aussieht. „King Cavalera“, sagt sie und er weiß anscheinend, wo das ist. Patrizia gibt ihm wenig Trinkgeld, weil sie es satt hat, dass Männer sie mit Blicken ausziehen. Auf dem Hans-Albers-Platz sieht sie ihre Kolleginnen, die in den billigen Kostümen. Das ist es doch, was sie trägt, oder? Ein Kostüm. Sie hechtet über das Kopfsteinpflaster ohne auf die Männer zu hören, die ihr nachrufen. Warte mal, Baby! und Wo willst du hin? Sie kennt das „King Cavalera“ nicht gut, aber sie erkennt Daniel sofort, der sich mit einer Blondine unterhält, die zum Glück nicht wie eine seiner Angestellten aussieht, eine Freundin, die irritiert schaut, als Patrizia die beiden erreicht. 
    „...und ich dachte, die wollen noch was, weißt du? Aber dann... Hey, Patrizia, was machst du denn hier? Du siehst ja aus“, begrüßt er sie und meint damit wohl nicht ihre Kleidung. Es ist ihr Gesicht, die Mimik, die Augen, alles so anders jetzt. Wenn sie in einen Spiegel schaute, sie würde sich nicht mehr erkennen. 
    „Ich muss mit dir reden“, presst sie hervor und zieht ihn schon weg von der Blondine, die nur ein „Mach's gut“ raunt, kurz winkt und in der Menge auf der Tanzfläche verschwindet. Draußen vor der Tür lässt sie Daniel nicht zu Wort kommen, sie erzählt atemlos, was ihr geschehen ist. Und dann... von ihrem Plan.
    „Er sah so harmlos aus“, sagt Daniel schließlich, „hätte ich gar nicht von ihm gedacht. Aber dir hat er wirklich nichts getan?“ Ehrlich besorgt klingt er und das beruhigt sie. Dieser Hüne von einem Mann mit den kurz geschorenen Haaren wirkt in diesem Moment wie ein großer Bruder. Er fasst sie an der rechten Schulter und sagt: „Ich sag' Manfred sofort Bescheid. Dieses Schwein knöpfen wir uns vor.“
    „Ich will mitkommen“, sagt sie, „ich will sein Gesicht sehen, wenn er bemerkt, dass er keine Chance hat.“
    Daniel willigt ein, aber fühlt sich nicht wohl dabei. Bei so einer Aktion besteht immer ein Restrisiko. Kollateralschaden, nennt er das. Häufiger schon erzählte er Patrizia von „Gesprächen“, die handgreiflich endeten, hauptsächlich mit Kunden. Aber einem Psychopathen, dem ist selbst er bisher nicht begegnet. Vielleicht freut er sich gar auf Patrick. Kann es kaum erwarten, seinen Baseball-Schläger gegen die Beine zu schlagen. Damit beginnt es immer, dann sind sie vor Schmerzen bewegungsunfähig. Mit einer gewissen morbiden Vorfreude sieht sie Patrick am Boden und seine Zähne zählen.
    Keine fünfzehn Minuten später sitzen sie in Manfreds Wagen und fahren jene Straßen entlang, die Patrizia zuvor im Taxi passierte. Ihr Weg wird nun zurück genommen, als war sie ihm gar nicht entkommen, zurück in das Schlafzimmer, in dem es nach Verwesung stinkt. Vom Geruch wird ihr schlecht und sie sagt: „Halt mal kurz an, bitte. Ich brauche Luft.“
    Daniel dreht sich zu ihr um, Patrizia sitzt auf der Rückbank, und er grinst sie an, dieses jungenhafte Grinsen, an das sie sich gewöhnt hat. Und Manfred sagt: „Keine Sorge, du musst dich nicht übergeben.“
    Sie schaut aus dem Fenster und sieht Häuser vorbei ziehen, ein schneller Film, der ihre Übelkeit verstärkt, ein Flimmern vor den Augen, das stärker wird, als Manfred beschleunigt. Müssten sie nicht schon längst da sein?
    „Ich glaube, da hinten ist es“, versucht sie zu sagen, aber bringt nur Laute heraus, die entfernt an einen Menschen erinnern. Als ob etwas in ihrem Mund steckt, das sie an Worten hindert. Daniel grinst noch immer, als er sagt: „Aufwachen.“
    Ihre Augen werden feucht und sie fragt sich, warum sie weint.
    „Aufwachen, Patrizia“, wiederholt Daniel, aber es ist nicht seine Stimme, „es ist Zeit für dich, kleine Prinzessin. Erinnerst du dich? Patrick und Patrizia, wie in einem Märchen.“

VIII
     
    Jemand schlägt ihr ins Gesicht. Der Aufprall einer flachen Hand ist hart und kratzt über ihre Wange. Patrizias Kopf schlägt zur Seite und sie stöhnt. Als sie die Augen öffnet, sieht sie nur weiß, eine weiße Zimmerdecke. Sie liegt auf einer Matratze, weich und warm. Und sie ist nackt, noch immer, leichter Wind über ihre Haut durch Bewegungen einer Gestalt, die sich von ihr entfernt. Ihre Wange brennt und Tränen nässen ihr

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