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Patrick: Eine finstere Erzählung

Patrick: Eine finstere Erzählung

Titel: Patrick: Eine finstere Erzählung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Sidjani
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nur zaghaft die Katze in den Müllsack heben konnte, weil ich Angst hatte, dass sie sich plötzlich bewegen könnte (auch wenn die rechte Seite ihres Kopfes zermatscht war).
    Den nächsten Ort, der einen Supermarkt beherbergte, erreichte ich über einen Feldweg, der mich eine dreiviertel Stunde immer geradeaus führte. Und als ich den Rewe endlich erreichte, wirkte meine Wahrnehmung der Natur zuvor verzerrt. Eben noch wanderte ich einen Weg entlang, der von Grün bewachsen war, in das sich zwei parallele Spuren für Autoreifen gegraben hatten. Links und rechts von mir Wiesen und Felder, keine Wagen und nur der Gesang der Natur begleitete mich (mit all dem Zirpen und Ziepen, das ich für die Woche herbei gesehnt hatte). Und plötzlich wanderte ich über Asphalt, an Ein-Familien-Häusern entlang, die meinen vorherigen Eindruck fast vergessen ließen, bis ich schließlich auf dem Parkplatz des Supermarktes ankam, was mich trotz seiner Reduktion auf weniger Kunden wieder an meine Großstadt erinnerte. Es war dieser Weg in der Natur, den ich zwei Mal hin und zurück gegangen bin, der mich die Punkte einer Gruselgeschichte verbinden ließ.
    Der Vorbesitzer des Bauernhauses soll ein Messie gewesen sein, mit seinen zählbaren siebzehn Katzen, die nun, nach dem Versterben ihres Dosenöffners, regelmäßig zurück kehrten um auf dem Hof zu wildern. Das berichtete Arne zumindest. Und er fügte hinzu, dass sie keinen Respekt vor Menschen zu haben schienen. Die mumifizierte Katze, die ich tatsächlich für einige Tage im Keller liegen ließ, bevor ich sie entsorgte, strahlte nun diese Anziehungskraft aus. Und wenn ich des Nachts Geräusche, ein Murmeln vielleicht oder sogar ein Lachen, was nicht menschlich gewesen sein muss, vernahm, dann trafen sich dort die Hinterbliebenen des unheimlichen Vorbesitzers, von dem man nicht wusste, wo er denn begraben lag, weil er anonym bestattet worden war.
    Sebastian, der Junge von nebenan (der in meiner Fantasie jenen Feldweg so oft schon gegangen war, um sich Spielen und anderen Kindereien hinzugeben), würde Freundschaft mit mir schließen, ich wäre dann nur noch eine Nebenfigur in seiner Geschichte, der Mann vom Nachbargrundstück, der für ein paar Tage zum Arbeiten kam. Sebastian würde jeden Tag für ein paar Stunden zu mir an den Bauwagen kommen, mit mir in der Sonne sitzen und Limonade trinken. Ich würde ihm erzählen, dass ich Geräusche aus dem alten Bauernhaus höre und dann, wenn er mich das dritte oder vierte Mal besuchen würde, wäre ich verschwunden. Er würde Koko und Wolf davon berichten, die annehmen würden, ich wäre wieder abgereist.
    „Aber seine Sachen sind noch da. Der Rucksack und die Gitarre. Alles steht noch im Bauwagen“, würde Sebastian aufgebracht erwidern. Und das Einzige, was er zu Hören bekäme, wäre ein „Du sollst da nicht rumschnüffeln“ und dann würden sie ihm weitere Besuche verbieten. In derselben Nacht aber würde der kleine, sechs-jährige Junge durch das Fenster seines Zimmers steigen, so leise, dass sein Bettnachbar nichts mitbekam, und zu mir hinüber gehen. Er würde dann jene Geräusche hören, von denen ich ihm erzählt hätte, das Murmeln und Lachen. Und es würde ein Licht brennen im Haus, was Sebastian magisch anzieht. Als er ins Haus tritt, verstummen die Geräusche, aber die Lichtquelle vermag er auszumachen. Nachdem er sich endlich überwinden konnte, schreitet er vorsichtig die Stufen zum Keller hinab...
    Jedes Mal, wenn ich diesen Feldweg ging, und bei frischer Luft und dem regelmäßigen Bewegen meiner Beine den Gedanken freien Lauf ließ, konnte ich erahnen, warum Stephen King so viele Stunden in seinem Geburts- und Wohnort Maine spazieren geht, wenn er an seinen Geschichten arbeitet. Jeder Schritt ist auch ein Gedanke und so knüpft man Idee an Idee, bis sich ein vollständiges Bild ergibt. Und in dieser Woche wurde mir wieder bewusst, wie sehr ich es vermisste und auch jetzt vermisse, Horrorgeschichten zu erzählen (die Geschichte des Sebastian mag banal klingen, aber wie ich schon sagte, ist es anders, wenn man sich so fühlt, als wäre man darin; und die Geräusche gab es wirklich, nur fand ich am zweiten Tag heraus, dass sie vom anderen Nachbargrundstück kamen, so nah liegen die Höfe akustisch). Ich bin dankbar für diese Erfahrung, und für das abendliche Dusch-Ritual, auch für die Muße zum Lesen und das körperliche Training beim Bauschutt-Auftragen. Aber an meinem letzten Abend hatte ich es satt, nur mit Gänsen

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