Pelbar 4 Der Fall der Muschel
das sein nach allem, was geschehen ist? Bei meiner Schande? Aber du könntest einmal herüberkommen und mit mir Querstein spielen. Ich habe das alte Brett noch hier. Du kannst deinen ... deinen Tusco mitbringen. Vorausgesetzt, er badet vorher und zieht was Anständiges an.«
Dardan lachte. »Einverstanden, wenn du mir versprichst, nicht seine Fingernägel zu inspizieren. Er würde deine Frisur natürlich geschmacklos finden.«
Dardan ging, und Udge, die die Hände an den Kopf hatte legen wollen, erinnerte sich, daß sie voller Lehm waren. Mit einem Ächzen ging sie an ihre Töpferar-beit zurück.
Am Abend nach seiner Ankunft besuchte Samme Gamwyn, und der fragte ihn, ob er über den Verlorenen erfahren hätte, was er hatte wissen wollen.
Der Atherer seufzte und hob die Schultern. »Es hat sich gelohnt, herzukommen. Einen Mann namens Jesus soll es tatsächlich gegeben haben. Ich glaube, Darews ›Jes i Kris‹ bedeutet ›Jesus Christus‹. Was ›Christus‹ bedeutet, weiß aber kein Mensch. Es gibt hier eine Äußerung, dort eine Textstelle. Anscheinend haben seine Anhänger miteinander über ihn gestritten. Vielleicht haben sie damit soviel Zeit vertan, daß sie ihn verloren haben. Dann gibt es auch noch andere Namen – Ismael, Mohammed, Graham, Plato. Ein heilloses Durcheinander. Wie konnten sie nur den Verlorenen verlieren?
Ich glaube aber allmählich, daß die Geschichte nicht so wichtig ist wie der Kern der Sache – nun ja, aber wichtig ist die Geschichte schon auch. Sie ist al-lerdings nicht völlig verloren. Man wird sie finden.
Irgendwo werden wir eines Tages den ganzen Zu-sammenhang ausfindig machen. Da bin ich sicher.
Inzwischen müssen wir eben mit dem auskommen, was wir haben – Güte, Großmut, Liebe, guter Wille.
Ich bin sicher, daß es darüber hinaus noch viel mehr gibt. Aber nicht jede Gesellschaft hat auch nur das.
Das hast du sicher auch erlebt. Wenn ich zu euch Pelbar komme und die gleichen Überlegungen antreffe, die ich zu Hause kenne, dann spüre ich die Anwesenheit des Verlorenen. Es ist nicht wie bei den Tusco.
Oder bei diesen Peshtak. Aber man sieht, wie sie darauf ansprechen, wie der Vogel auf die Luft. Es ist etwas davon auch in ihnen, das darauf reagiert.
Sieh dir Misque an! Wir alle wissen, daß sie als Spionin zu Jaiyans Station geschickt wurde. Aber dort hat man sie aufgenommen. Nun schau, was das bei ihr bewirkt hat!
Weißt du was, Garn? Vielleicht wird der Verlorene auf lange Sicht doch noch siegen. Vielleicht auch nicht. Was könnte schlimmer sein als die Zeit des großen Brandes? Etwas ist aufgestanden, um alles zu töten. Etwas muß sehr viel Angst gehabt haben. – Aber nun sind wir alle hier. Es ist doch sehr sonderbar.«
Eine Zeitlang saßen sie nur da und sahen zu, wie das Holzfeuer niederbrannte. Dann stand Samme auf und klopfte sich ab. »Na, Garn, ich bin an diese Kälte nicht gewohnt. Morgen früh brechen wir auf. Zwei von uns wollen hierbleiben – Athe und Arit. Sie meinen, wenn so viele andere Leute hier sind, sollten auch ein paar vom Südozean dabei sein.«
»Sie werden unsere Eremiten sein, unsere Spione.«
Samme lachte. »Wir werden einander nicht aus den Augen verlieren. Ich hörte, wie euer Jestak sagte, daß wir alle ein Volk sind. Vielleicht hat er recht. Wir werden zurückkommen. Der ganze Fluß ist jetzt offen, vom Bittermeer bis zum Südozean. Wir können ihn genausogut alle benützen.«
»Das können wir.«
Am Morgen sah eine fröhliche Menge Sammes Gruppe beim Aufbruch zu. Udge überraschte alle, indem sie Samme eine ihrer ersten, gebrannten Schalen schenkte, tiefrot mit weißen Streifen. »Danke«, sagte er. »Ich werde gut darauf aufpassen. Wir werden sie bis nach Hause bringen – über das Ende des Flusses hinaus. Wer weiß? Vielleicht gelangt sie eines Tages in die tiefsten Tiefen des Meeres.« Er schaute Gamwyn an, in seinem breiten Mund blitzten die weißen Zähne, als er sein Ruder lachend in den Schlamm stieß und das Boot in den nebeligen Fluß hinausschob, um seine lange Heimreise anzutreten.
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