Penthesilea - ein Trauerspiel
Hier, meine Königinn!
Penthesilea .
In Themiscyra, Freund, in Themiscyra –
Laß mich!
Prothoe (sie zurückhaltend, unruhig)
Wie? Meine Königinn! Wo willst du hin?
Penthesilea . (befremdet)
Die Schaaren will ich mustern – sonderbar!
Mt Meroe will ich sprechen, Megaris.
Hab’ ich, beim Styx, jetzt nichts zu thun, als plaudern?
Prothoe .
Das Heer verfolgt die flücht’gen Griechen noch.
Laß Meroe, die die Spitze führt, die Sorge;
Du brauchst der Ruhe noch. – Sobald der Feind
Nur völlig über den Skamandros setzte,
Wird dir das Heer hier siegreich vorgeführt.
Penthesilea . (erwägend)
So! – – Hier auf dieses Feld? Ist das gewiß?
Prothoe .
Gewiß. Verlaß dich drauf –
Penthesilea . (Zum Achill) Nun so sei kurz.
Achilles .
Was ist’s, du wunderbares Weib, daß du,
Athenä gleich, an eines Kriegsheers Spitze,
Wie aus den Wolken nieder, unbeleidigt,
In unsern Streit vor Troja plötzlich fällst?
Was treibt, vom Kopf zu Fuß in Erz gerüstet,
So unbegriffner Wuth voll, Furien ähnlich,
Dich gegen das Geschlecht der Griechen an;
Du, die sich bloß in ihrer Schöne ruhig
Zu zeigen brauchte, Liebliche, das ganze
Geschlecht der Männer dir im Staub zu sehn?
Penthesilea .
Ach, Nereïdensohn – Sie ist mir nicht,
Die Kunst vergönnt, die sanftere, der Frauen!
Nicht bei dem Fest, wie deines Landes Töchter,
Wenn zu wetteifernd frohen Übungen
Die ganze Jugendpracht zusammenströmt,
Darf ich mir den Geliebten ausersehn;
Nicht mit dem Strauß, so oder so gestellt,
Und dem verschämten Blick, ihn zu mir locken;
Nicht in dem Nachtigall-durchschmetterten
Granatwald, wenn der Morgen glüht, ihm sagen,
An seine Brust gesunken, daß er’s sei.
Im blut’gen Feld der Schlacht muß ich ihn suchen,
Den Jüngling, den mein Herz sich auserkohr,
Und ihn mit ehrnen Armen mir ergreifen,
Den diese weiche Brust empfangen soll.
Achilles .
Und woher quillt, von wannen ein Gesetz,
Unweiblich, du vergiebst mir, unnatürlich,
Dem übrigen Geschlecht der Menschen fremd?
Penthesilea .
Fern aus der Urne alles Heiligen,
O Jüngling: von der Zeiten Gipfeln nieder,
Den unbetretnen, die der Himmel ewig
In Wolkenduft geheimnisvoll verhüllt.
Der ersten Mütter Wort entschied es also,
Und dem verstummen wir, Neridensohn,
Wie deiner ersten Väter Worten du.
Achilles .
Sei deutlicher.
Penthesilea . Wohlan! So höre mich. –
Wo jetzt das Volk der Amazonen herrschet,
Da lebte sonst, den Göttern unterthan,
Ein Stamm der Scythen, frei und kriegerisch,
Jedwedem andern Volk der Erde gleich.
Durch Reih’n schon nannt’ er von Jahrhunderten
Den Kaukasus, den fruchtumblühten, sein:
Als Vexoris, der Aethioper König,
An seinem Fuß erschien, die Männer rasch,
Die kampfverbundnen, vor sich niederwarf,
Sich durch die Thäler goß, und Greis’ und Knaben,
Wo sein gezückter Stahl sie traf, erschlug:
Das ganze Prachtgeschlecht der Welt gieng aus.
Die Sieger bürgerten, barbarenartig,
In unsre Hütten frech sich ein, ernährten
Von unsrer reichen Felder Früchten sich,
Und voll der Schande Maas uns zuzumessen,
Ertrotzten sie der Liebe Gruß sich noch:
Sie rissen von den Gräbern ihrer Männer
Die Fraun zu ihren schnöden Betten hin.
Achilles .
Vernichtend war das Schicksal, Königinn,
Das deinem Frauenstaat das Leben gab.
Penthesilea .
Doch Alles schüttelt, was ihm unerträglich,
Der Mensch von seinen Schultern sträubend ab;
Den Druck nur mäß‘ger Leiden duldet er.
Durch ganze Nächte lagen, still und heimlich,
Die Frau’n im Tempel Mars, und höhlten weinend
Die Stufen mit Gebet um Rettung aus.
Die Betten füllten, die entweihten, sich
Mit blankgeschliff’nen Dolchen an, gekeilt,
Aus Schmuckgeräthen, bei des Heerdes Flamme,
Aus Senkeln, Ringen, Spangen: nur die Hochzeit
Ward, des Aethioper Königs Vexoris
Mit Tanaïs, der Königinn, erharrt,
Der Gäste Brust zusammt damit zu küssen.
Und als das Hochzeitsfest erschienen war,
Stieß ihm die Kön’ginn ihren in das Herz;
Mars, an des Schnöden Statt, vollzog die Ehe,
Und das gesammte Mordgeschlecht, mit Dolchen,
In einer Nacht, ward es zu Tod gekitzelt.
Achilles .
Solch’ eine That der Weiber läßt sich denken.
Penthesilea .
Und dies jetzt ward im Rath des Volks beschlossen:
Frei, wie der Wind auf offnem Blachfeld, sind
Die Frau’n, die solche Heldenthat vollbracht,
Und dem Geschlecht der Männer nicht mehr dienstbar.
Ein Staat, ein mündiger, sei aufgestellt,
Ein Frauenstaat, den fürder keine andre
Herrschsücht’ge Männerstimme mehr durchtrotzt,
Der das Gesetz sich
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