D.E.U.S.
Prolog
Das
Jahr null.
Stille,
in einem kleinen Zimmer, Schatten spendend aus Lehm und Stroh erbaut. Von
außerhalb dringen Sonnenstrahlen durch die in den Stein gehauenen Öffnungen.
Vor den Öffnungen hängen graue Leinenvorhänge, rechteckig und ausgebleicht, die
in der Morgenröte vom Wind unangetastet bleiben, die jeglichen Rhythmus
verloren haben.
An
der Wand steht ein mit Seide gedecktes Holzbett. Das Gewebe ist von Motten
zerfressen, die unnachgiebig an den herunterhängenden Fransen zupfen.
Zwei
Personen stoßen warmen Atem aus.
Zwei
Lämmer.
Er:
Geist. Sie: Fleisch .
Adam
und Eva.
Mann
und Frau.
Der
Mann: dunkle, schmutzige Brauen über großen, runden Augen; eine spitz
zulaufende Nase, porös wie altes Pergament; schmale Lippen, ausgetrocknet, aber
intakt, kaum wahrnehmbar, aber in Bewegung, entgegen der sonstigen Trägheit.
Die
Frau, oder das, was noch von ihr übrig ist: in den Höhlen eingefallene
bernsteinfarbene Augen, die einmal freundlich waren und die nun nach Leben
suchen, in dem kleinen Zimmer, die Stille nur von ihren eigenen Gedanken
durchbrochen, liegt sie nur so da, älter als sie ist, lebendiger als sie ist.
Kaum Augenbrauen, kaum Lippen. Nur Knochen unter einer verwelkten Fassade.
Es
hält sie nichts mehr.
Der
Mann wispert etwas auf Aramäisch. Sein Bart umrahmt die Worte. Er spricht
langsam, in einfachen Sätzen und immer nur so viel, wie es ihm nötig erscheint.
Die
Frau lauscht schwermütig, den Kopf leicht in Richtung des Mannes geneigt, bis
die Last zu schwer und die Schmerzen zu stark werden, sodass sie gezwungen ist,
zur Decke hinaufzuschauen.
Mit
letzter Kraft gelingt es der Frau, die Augen offen zu halten. Der Mann reagiert
auf das Unausweichliche. Er spricht nun lauter, mit mehr Nachdruck in der
Stimme und einem Tonfall, der Absolutheit verheißt.
Als die
Frau schwer zu atmen beginnt, setzt sich der Mann leicht auf, ohne die Last
merklich vom Bett zu nehmen.
Raus
aus der Dunkelheit.
Neben
dem Bett steht ein robust gezimmerter Holzschemel. Auf dem Schemel steht eine
einzelne Schüssel aus weißem Marmor, deren Inhalt aus klarem Wasser besteht.
Der
Mann scheint die Prozedur schon mehrmals wiederholt zu haben: Mit der rechten
Hand greift er in die Schüssel, um ein nässelndes Tuch herauszufischen. Langsam
wringt er das Tuch aus. Er blickt dabei mehr sehnsuchts- als hoffnungsvoll in
das nasse Element.
Die
Frau dreht noch einmal ihren Kopf in Richtung des Mannes, wobei sie ihre Augen
einen Spaltbreit öffnet. Vergebens sucht sie in dem einzigen ihr noch
verbliebenen Augenpaar nach einem Anzeichen von Zuversicht.
Mit
dem zusammengepressten Tuch lässt sich der Mann zurückfallen. Die rechte Hand
streift das Kinn der Frau. Haut trifft auf Haut.
Ohne
selbst vom Wasser zu kosten, benetzt der Mann die Lippen der Frau mit dem
blauen Gold – vorsichtig und behutsam, um weitere Schmerzen zu vermeiden.
Abermals
verfällt er in einen aramäischen Monolog, der schneidend durch seine weißen
Zähne zischt.
Ein
kaltes Meer aus warmer Erde.
Mit
letzter Kraftanstrengung gelingt es der Frau, das kühle Nass bei sich zu behalten.
Das Schlucken fällt ihr schwer. Das wenige, was nicht die Mundöffnung passiert,
rinnt in dünnen Streifen an ihren eingefallenen Wangen hinab.
Sie
prustet: einmal, zweimal. Der Mann drückt fester auf das Stück Stoff in seiner
Hand, die Faust in bebender Erstarrtheit. Seine freie Hand greift an die Brust
der Frau. Er fühlt das Herz vor dem Schlag, spürt den versiegenden Puls in
sich.
Jetzt
atmet auch der Mann schneller, so als würde er für zwei atmen wollen. Langsam
beugt er sich zur Frau runter, die Luft zwischen den beiden Gesichtern
wegdrückend.
Zum
letzten Mal vernimmt die Frau die Worte des Mannes, bevor sich ihre Lippen
berühren – ein inniger, liebender Kuss.
Ins
Verderben.
Als
würde der Frieden einkehren, versinkt die Frau noch tiefer ins Bett. Ihre
Glieder gehorchen nicht mehr dem Willen. Das Licht des Lebens erlischt,
umtränkt von Tränen und Trauer.
Ihr
kugelrunder Bauch strahlt keine Wärme mehr aus. Das Ungeborene in ihr stirbt an
den Qualen der Mutter und an der Unvollkommenheit eines nicht gelebten Lebens.
Nur
noch eine Person stößt warmen Atem aus.
1
Du hoffst, du leidest. Du weißt, es ist nicht dein
Blut. Du lachst, du
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