Perry Rhodan - Die Chronik - Band 3
Marcus Thurner leidenschaftlicher Fußballfan. Ein paar hübsche Analogien lassen sich da schon konstruieren. Wir sind aktuell elf Autoren, mit einer hervorragend besetzten Reservebank, dem besten Trainer der Welt und einem hochklassigen Amateurteam voller vielversprechender Talente. Unsere Fanclubs unterstützen uns gerade dadurch, dass sie uns ständig das Beste abverlangen. Wie bei jeder Spitzenmannschaft kommunizieren wir heftig (gelobt seien die elektronischen Medien!), und nicht selten entwickelt sich ein Spielzug anders als ursprünglich geplant.
Aber genau das ist das Geile daran!
Sosehr ich fluche, wenn ich wieder einmal einen Passball – soll heißen: ein Exposé – zu knapp zugespielt bekomme, so gern nehme ich die Vorgabe auf. Und versuche, im Rahmen meiner Möglichkeiten das Optimale daraus zu machen. Manchmal haue ich grauenhaft daneben, manchmal, eher selten, treffe ich mit dem Außenrist ins Kreuzeck. Dann kurz feiern lassen, locker auslaufen, und die Tortur fängt wieder von vorne an.
Um einen Buchtitel von Ror Wolf zu paraphrasieren: Der nächste Roman ist immer der schwerste.
Ich würde es niemals offiziell zugeben, aber unter uns: Ich hasse PERRY RHODAN. Jedes Mal wieder. Heulend und zähneknirschend, die Haare raufend und die Fäuste gen Himmel ringend, renne ich durch die Wohnung, sobald das Expo endlich eingetroffen ist. Diese Phase dauert im Schnitt ein bis drei Tage. Allmählich schält sich dann eine Idee heraus, ein Ansatz, wie ich die vorgeschlagene, eh nicht so blöde Geschichte zu meiner Geschichte machen könnte. Denn ohne Herzblut geht gar nichts. Wie es der grandiose Jazzmusiker Sun Ra formuliert hat: »I’m not talking about history. I’m talking about my story.«
Und wenn ich mich durchgequält habe, Kapitel um Kapitel, Seite um Seite, Anschlag für Anschlag, und schließlich das schönste, das tollste, das ultimate Wort hingetippt habe, nämlich »Ende« … Dann will ich sofort den nächsten RHODAN-Band anfangen.
Es macht mir keinen Spaß, nein, wirklich nicht. Nicht währenddessen, im Detail. Aber en gros es ist so wahnsinnig toll, diesem unglaublichen Kosmos ein paar weitere Facetten hinzufügen zu dürfen, als Teil dieses Teams, dieses Clubs, dieses Projekts immer wieder gewagte Aktionen mitzugestalten, dass ich dafür noch ganz andere Qualen auf mich nehmen würde.
Sagen Sie’s bloß nicht dem Chefredakteur.
PERRY RHODAN und ich
von Michael Marcus Thurner
1980 also.
Ich war schwer pubertär und begann nach etwa drei Jahren Leserschaft ganz allmählich, PERRY RHODAN zu begreifen. Das war wahrlich keine leichte Aufgabe. Ich hatte die diversen Auflagen kreuz und quer gelesen, in Romanschwemmen paketweise Romane gekauft (um zwei Schilling bzw. 30 Pfennig pro Stück) und versucht, gedanklich eine Ordnung in das Durcheinander zu bekommen, das aus Meister der Inseln, OLD MAN, Posbis, Blues, Götzen, Aphilie und vielen anderen Handlungssträngen bestand.
Doch nun begann ich dieses damals schon riesige Kunst-Universum von PERRY RHODAN zu verstehen, und ich hatte auch massenhaft Zeit dafür. Schließlich war die Schule fürchterlich öde geworden – wer interessiert sich im Alter von 17 Jahren schon für Buchhaltung –, Mädchen waren zwar rasend interessant, aber meistens sehr seltsam, und sie machten bloß Probleme. Ich musste also brachliegende Hirnbereiche mit diesen ganzen wichtigen Dingen wie zum Beispiel dem inneren Aufbau des Generationsraumschiffs SOL vollstopfen.
Ich fertigte Zeichnungen im A2-Format mit versteckten Kämmerchen an, mit geheimen Gängen und seltsamen Figuren, die sich durch das Schiff bewegten, mit prachtvollen Grünanlagen und Luxusappartements für Protagonisten wie Perry Rhodan himself, der mindestens 500 Quadratmeter Wohnfläche für sich beanspruchen konnte. Auch eine exakt vermessene Marathonstrecke existierte, die alle drei Schiffsteile mehrmals querte. Die Mannschaftsmitglieder der SOL hatten in meiner Vorstellung viel Zeit totzuschlagen …
Unangenehm in Erinnerung geblieben ist mir der damalige Phasenvertrieb, der bewirkte, dass die Romane der Erst- und Viertauflage, die ich mir jeden Freitag in der Trafik (am Kiosk) holte, in Wien etwa drei Monate später auslagen als im weiten Teilen Deutschlands. Brachte mir meine Mutter mal von einer Auslandsreise (und eine Fahrt nach Deutschland dazumal war eine Auslandsreise, mit mitunter sehr lästigen Zoll- und Grenzkontrollen) den neuesten Roman mit, hatte ich ein Heft in meiner Hand,
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