Perry Rhodan Neo 004 - Ellerts Visionen
durchqueren würden. Die Struktur gliederte sich in drei Hauptgürtel mit etlichen Familien. Die Positronik stellte eine Hochrechnung an und schätzte die Zahl der Objekte auf 400.000. Alle zusammen ergaben etwa fünf Prozent der Masse, die der Trabant der Erde aufwies.
Natürlich bekam Thora keinen einzigen der Gesteinsbrocken zu Gesicht, und einen Augenblick später lag der Gürtel bereits hinter ihnen.
Kurz bevor Thora den Aufklärer bremste, sagte Tamika unvermittelt: »Ich finde ihn schön.« Sie errötete leicht. »Darf man das sagen?«
»Ich weiß nicht, wovon Sie reden«, erwiderte Thora. Der Ringplanet war noch nicht in Sicht, nur sein errechnetes Abbild leuchtete blass im Holo.
Tamika sagte: »Den Planetarier mit den dunklen Haaren.«
Also hatte auch sie die Aufzeichnung gesehen. Offenbar hatte der Auftritt der beiden Planetarier im Schiff mehr Aufsehen erregt, als es zunächst den Anschein gehabt hatte.
Wieso dachten alle an den Mann mit den dunklen Haaren, wieso nicht an den Stämmigen mit den feuerfarbenen Haaren? Wer wusste denn, ob die Rollenverteilung, in der die beiden in der Zentrale aufgetreten waren, den wirklichen Machtverhältnissen entsprach und nicht vielmehr ein inszeniertes Spiel war?
»Sie dürfen sagen, was Sie wollen«, sagte Thora kalt.
Tamika schwieg einige Minuten. Dann sagte sie: »Ich wollte nicht in Ihre Interessensphäre eindringen, Kommandantin.«
Thora biss sich leicht auf die Unterlippe. War das eine kalkulierte Beleidigung oder nur eine Unbedachtheit von grenzenloser Naivität? »Die Planetarier liegen durchaus nicht in meiner Interessensphäre«, sagte sie, um das Thema abzuschließen.
Kurz darauf zog sie den Aufklärer ein wenig nach oben, und der Ringplanet schälte sich aus der Finsternis. Thora hatte viele Sternensysteme besucht, viele Planeten gesehen. Saturn war nett; nichts Besonderes, aber ein angenehmer Anblick.
Da ihren Augen alle Anhaltspunkte fehlten, um Entfernungen abzuschätzen, erschien ihr der Ringplanet blass, kontrastarm, ockerfarbig, die Atmosphäre schlierig. Sein Ringsystem bestand aus Eispartikeln, in einigen Ringregionen war das Eis rein, in anderen von Staubpartikeln verunreinigt.
Rauchfahnen und Wirbel in diesem Mahlstrom aus Wasserstoff und Helium, vermengt mit Spuren von Ethan, Methan, Ethylen und Ammoniak.
Sommer im Süden. Am Südpol flammten weißblaue Polarlichter auf, ringförmige Lichtgebilde, die sich langsam zusammenzogen und dabei an Intensität gewannen. Sie schauten eine Weile zu.
Auf der Nachtseite des Planeten sahen sie, wie lokale Turbulenzen zu einer Allee aus Stürmen zusammenfanden; die elektrischen Spannungen entluden sich in Blitzen, deren Umfang und Gewalt das Vorstellungsvermögen des Planetariers gesprengt hätten.
Und schon wieder an ihn gedacht , tadelte sich Thora.
Wieder ein Blitz, verästelt und rätselhaft wie die Hieroglyphen einer seelenlosen Zivilisation.
»Langweilig«, murrte Tamika. Thora nahm aus den Augenwinkeln wahr, wie die junge Frau die Arme ausstreckte, sich reckte und mit den Fingerknöcheln einen komplizierten Rhythmus gegen das Glassit der Kanzel trommelte. Thora hörte sie ungeniert gähnen.
Es war ein Fehler, sie mitzunehmen , dachte sie. Es stellen sich zu viele Vertraulichkeiten ein. Oder war es Neid, den sie gegenüber Tamika empfand, die sich umstandslos des zeremoniellen Gehabes entledigen konnte, das die arkonidische Gesellschaft ihr, Thora, eingeprägt hatte?
Sie steuerte den Aufklärer in Richtung Nordpol des Planeten. Dort herrschte Winter. Die Ringe absorbierten einen großen Teil des Lichtes und überzogen den Planeten mal mit grauen, mal mit schwarzen Schattenbändern.
Der Planet wirkte immens, aber seine Substanz war nicht sehr dicht. Auf einem Meer aus Wasser würde er schwimmen. Ein Gesteinskern fehlte. Eine grundlose Welt.
»Das ist ein interessanter Mond«, sagte Tamika. Sie wies zwischen Thoras und Soptors Schultern hindurch im Hologramm auf einen der zahlreichen Trabanten des Ringplaneten.
»Die Terraner nennen ihn Titan«, erklärte die Positronik. Thora nahm es verärgert zur Kenntnis. Welche Rolle spielte es, wie die Planetarier diesen Mond nannten, der auf absehbare Zeit, wenn nicht für immer, außerhalb der Reichweite ihrer Technologie bleiben würde? Sie war versucht, dem Mond einen eigenen, arkonidischen Namen zu geben, unterließ es aber.
Stattdessen steuerte sie den Aufklärer aus seinem Orbit um die Nordhalbkugel und lenkte ihn in Richtung
Weitere Kostenlose Bücher