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Die Legende

Die Legende

Titel: Die Legende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David Gemmell
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PROLOG
    Der Drenai-Herold wartete nervös vor den großen Türen des Thronsaales, flankiert von zwei Nadir-Wächtern, die geradeaus starrten, die schrägstehenden Augen fest auf den Bronzeadler gerichtet, mit dem das dunkle Holz verziert war.
    Er leckte sich die trockenen Lippen und zog den Purpurumhang um seine knochigen Schultern zurecht. Im Ratssaal in Drenan, neunhundert Kilometer weiter südlich, war er so zuversichtlich gewesen, als Abalayn ihn gebeten hatte, diese delikate Mission zu übernehmen: eine Reise in das ferne Gulgothir, um die Verträge zu unterzeichnen, die mit Ulric, dem Herrscher der Nadirstämme, geschlossen worden waren. Bartellus hatte in der Vergangenheit geholfen, Verträge zu entwerfen, und war zweimal bei Gesprächen in Vagria im Westen und in Mashrapur im Süden dabeigewesen. Jedermann wußte, wie wertvoll der Handel war und daß die Notwendigkeit bestand, kostspielige Unternehmen wie Kriege zu vermeiden. Ulric würde keine Ausnahme bilden. Zwar hatte er die Völker der nördlichen Steppe überfallen und ausgeplündert, aber diese hatten schließlich auch sein Volk über die Jahrhunderte hinweg mit ihren Steuern und Überfällen ausgeblutet. Sie hatten die Saat ihrer eigenen Zerstörung gesät.
    Nicht jedoch die Drenai. Sie hatten die Nadir immer mit Takt und Höflichkeit behandelt. Abalayn selbst hatte Ulric zweimal in seiner Zeltstadt im Norden besucht - und war königlich empfangen worden.
    Aber Bartellus war über die Verwüstung in Gulgothir entsetzt gewesen. Daß man die gewaltigen Tore niedergerissen hatte, war nicht verwunderlich, aber viele der Verteidiger waren anschließend verstümmelt worden. Auf dem großen Platz in der Hauptfestung war ein Hügel aus menschlichen Händen errichtet worden. Bartellus schauderte und versuchte, diese Erinnerungen zu verdrängen.
    »Aber du mußt verstehen, daß mein Schamane Nosta Khan die Omen prüfen muß. Ein primitiver Brauch, ich weiß, aber das siehst du sicherlich ein, nicht wahr?«
    »Selbstverständlich. Solche Dinge sind eine Frage der Tradition«, erwiderte Bartellus.
    Ulric klatschte zweimal in die Hände, und aus den Schatten zur Linken tauchte ein verhutzelter alter Mann in einem schmutzigen Umhang aus Ziegenfell auf. Unter seinem knochigen rechten Arm trug er ein weißes Huhn und in seiner linken Hand eine große flache Holzschale. Ulric erhob sich, als er näher kam, streckte die Hände aus und ergriff das Huhn am Hals und den Beinen.
    Langsam hob Ulric es über seinen Kopf - und dann, während Bartellus' Augen sich vor Entsetzen weiteten, ließ er das Huhn sinken und biß ihm den Hals durch, so daß der Kopf vom Körper gerissen wurde. Die Flügel schlugen noch wild; Blut quoll hervor und bespritzte und tränkte das weiße Gewand. Ulric hielt den zuckenden Kadaver über die Schale und beobachtete, wie der Lebenssaft das Holz befleckte. Nosta Khan wartete, bis der letzte Tropfen aus dem Fleisch gequollen war, und hob dann die Schale an die Lippen. Er blickte zu Ulric auf und schüttelte den Kopf.
    Der Kriegsherr warf das Huhn beiseite und zog langsam das weiße Gewand aus. Darunter trug er eine schwarze Brustplatte und ein Schwertgehänge. Er nahm den Kriegshelm aus schwarzem Stahl, eingefaßt mit Silberfuchsfell, der neben dem Thron stand, und setzte ihn auf. Dann wischte er sich den blutverschmierten Mund am Drenai-Gewand ab und warf es Bartellus nachlässig vor die Füße.
    Der Herold blickte auf das blutgetränkte Gewand zu seinen Füßen.
    »Ich fürchte, die Omen sind nicht günstig«, sagte Ulric.

 
     
1.
    Rek war betrunken. Nicht betrunken genug, daß es eine Rolle spielte, aber genügend, um keine Rolle zu spielen, dachte er, als er in den rubinroten Wein blickte, der blutige Schatten im Bleikristallglas warf. Ein Holzfeuer im Kamin wärmte seinen Rücken. Der beißende Rauch stieg ihm in die Augen, dieser scharfe Geruch des Rauches, der sich mit dem Gestank ungewaschener Körper, vergessener Mahlzeiten und muffiger, feuchter Kleider mischte. Eine Laternenflamme tanzte kurz in dem eisigen Wind, als ein Schwall kalter Luft in den Raüm drang. Dann wurde sie wieder ausgesperrt, als ein neuer Gast die Holztür zuknallte und eine Entschuldigung in die überfüllte Wirtsstube murmelte.
    Die Gespräche, die in dem plötzlichen eisigen Hauch verstummt waren, wurden wieder aufgenommen. Ein Dutzend Stimmen aus verschiedenen Gruppen verschmolz zu einem monotonen Murmeln. Rek nippte an seinem Wein. Er schauderte, als

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