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Die Waffen des Lichtboten

Die Waffen des Lichtboten

Titel: Die Waffen des Lichtboten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hans Kneifel
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Hans Kneifel
    Die Waffen des Lichtboten
    Shallad Hadamur bohrte den Blick seiner kleinen, unruhigen Augen in die des Mannes, der vor ihm stand. Kleidung, Haar und Haut des hochgewachsenen und breitschultrigen Kriegers mit dem narbigen Gesicht waren von Flugsand und Schmutz bedeckt. Er schwankte vor Müdigkeit, aber aus seinen Gesten sprachen Kraft und Entschlossenheit. Jedes seiner Worte versetzte den Shallad in immer tiefere Furcht und größere Erregung.
    »Shakar! Ich dachte, er wäre längst tot!« keuchte der Shallad. »Weiter, Algajar!«
    Die Kleidung des Mannes, der fünfzig Sommer zählen mochte, war schmutzig und zerfetzt. Er schwankte hin und her, zuckte die Schultern und fuhr fort: »Wir werden Luxon jagen und fangen. Er will in den Süden und wird, denke ich, auf der Pilgerstraße reiten.«
    Der Shallad hatte erkennen müssen, dass nicht nur die Erinnerungen zurückgekommen waren. Auch die Wahrheiten der Vergangenheit hatten ihn eingeholt. Er und Algajar waren einige der Männer gewesen, in deren Auftrag Luxons Vater, der Shallad Rhiad, getötet worden war. Luxon seinerseits würde versuchen, den Shallad vom Thron zu stürzen.
    »Du weißt, was zu tun ist!« keuchte der Shallad. »Gib die Befehle! Was geschah mit Nohji?«
    »Dämonen entrissen sie mir, als ich durch Deneba flüchtete.« Die Worte, von denen das Ereignis nur flüchtig gestreift wurde, waren für die Zuhörer bestimmt. Beide Männer kannten die wahre Bedeutung. Die Schwäche der Furcht ergriff die Glieder des Shallad. Die Bäche von Schweiß, die seine Kleider tränkten, waren noch immer nicht versiegt. Er schüttelte fassungslos seinen mächtigen, haarlosen Schädel. Zitternd wich eine Sklavin zurück und verschüttete etwas Wein auf den spiegelnden Steinboden, in dessen Fugen Gold schimmerte.
    »Diese Waffen… was hast du gesehen?«
    Von rechts und links kamen Sklavinnen mit trockenen, wohlriechenden Tüchern. Sie tupften den rinnenden Schweiß vom Gesicht und Nacken des Shallad. Algajar, der ebenso wie der Shallad die Legende vom Vermächtnis des Lichtboten kannte, berichtete flüsternd von den Waffen. Vom Schild, der die Angriffswut der Angreifer zurückschleuderte, vom Sternenbogen und dem magischen Köcher, vom Gläsernen Schwert und dem Helm mit den auffallenden Hörnern und dem riesigen Stirnstein.
    »Er ist es, kein Zweifel!« sagte der Shallad mit heiserer Stimme. »Aber er hat dennoch nicht das Einhorn geritten, Algajar?«
    »Nein. Ich habe jenes mythologische Tier auch nicht in der Karawane gesehen!« entgegnete Algajar wahrheitsgemäß.
    Niemand durfte die Wahrheit erfahren, niemand durfte auch nur daran denken, dass der Shallad Hadamur ein Mörder war. Die Stimme des Shallad hob sich etwas. Keuchend holte er Luft und schrie in den riesigen Thronsaal hinein: »Luxon ist ein Betrüger. Er sinnt, den Thron des wahren Shallad zu erobern. Man soll Armeen aussenden. Bringt mir seinen Kopf! Es gibt nur einen Shallad – mich. Ich befehle es euch. Du, Algajar, wirst die notwendigen Befehle geben. Du wirst Krieger rufen und mit ihnen die Pilgerstraße kontrollieren! Komm mit! Wir beraten in meiner Ruhekammer! Schnell! Bringt mich weg!«
    Algajar dachte scharf nach. Er liebte sein Leben und hing daran. Als einer der wenigen echten Vertrauten des mächtigen Shallad besaß er Macht in genügender Menge und zahllose Möglichkeiten, die dieses sein Leben im Bannkreis des Palasts angenehm machten. Luxon war also sein persönlicher Gegner. Aber er war keineswegs unbesiegbar, auch nicht mit Hilfe der wunderbaren Waffen.
    »Ich weiß, was ich tun muss, um dir den Kopf Luxons zu bringen!« sagte er und nahm der Sklavin den Weinpokal aus den Fingern. Die Sklaven hoben den Thronsessel an, drehten ihn vorsichtig und schleppten ihn davon. Mit steifen Schritten folgte Algajar.
    Nach zwanzig Schritten blieb er stehen und schob einen schweren weißen Vorhang zur Seite. Er blickte aus dem großen Fenster, über die Brüstung einer Terrasse hinweg und direkt auf das riesige Bauwerk des Mausoleums. Leitern und Plattformen, Tausende von Bausklaven, Quadern und Ziersteine, große Tröge voll dampfenden Mörtels – das Mausoleum, das der Shallad für sich errichten ließ, war seit dem Tag, an dem Algajar Hadam verlassen hatte, deutlich gewachsen.
    »Lasst mich nicht so schwanken!« hörte Algajar die Stimme des Shallad. Er war müde, seine Muskeln schmerzten von dem erbarmungslosen Ritt hierher. Er wusste plötzlich nicht mehr genau, was er wirklich für

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