Perry Rhodan Neo 6: Die dunklen Zwillinge (German Edition)
der Mesa waren kalt.
Er machte ihr auf.
Sie stürmte herein. »Diese Kids sind wieder da! Cliff, du musst etwas tun.«
Die »Kids« waren eine Gruppe von Jugendlichen, die von zu Hause abgehauen waren – falls sie je eines gehabt hatten. In der Mesa hatten sie sich rasch mit Einbrüchen unmöglich gemacht. Die Gemeinschaft hatte sie verbannt. Und Monterny hatte sie eigentlich für klüger gehalten, als sich zurückzuwagen.
Er schlüpfte in die Hose. Sie war klamm. »Woher willst du das wissen? Gibt es einen neuen Einbruch?«
Nancy schüttelte den Kopf. »Sie machen Feuer!« Sie rannte vor die Hütte. Monterny zog die Jacke an und folgte ihr. Eine dünne Schneedecke lag über der flachen Steppenlandschaft, die er vor Jahren, als er hierhergekommen war, in seiner Unkenntnis als »Wüste« bezeichnet hatte.
Nancy zeigte nach Süden, in Richtung der mexikanischen Grenze. Mehrere große Flammen erhellten die Nacht.
»Sie zünden Trailer an, Cliff! Tu was!«
Ihm blieb kaum eine andere Wahl. Wenn es in der Mesa so etwas wie einen Anführer gab, dann ihn. Die Mesa war ein ödes Niemandsland, das niemand wollte. Irgendwann hatten Leute damit begonnen, ihre Trailer dort abzustellen oder improvisierte Hütten wie die seine zu errichten. Es waren Gestrandete. Menschen, die niemand wollte. In der Mesa hatten sie ihre eigene, kleine Welt geschaffen. Hier existierten weder Staat noch Polizei, galten nur die Gesetze, die sie sich selbst gegeben hatten – und die sie selbst durchsetzten.
»Gut, sehen wir es uns an«, sagte Monterny.
Er wollte zu seinem rostigen Pick-up gehen, aber Nancy hielt ihn auf. »Ohne?« Sie hielt ihr Gewehr hoch.
»Natürlich nicht.« Monterny ging ins Haus, holte sein Gewehr. Es war ein M-16, wie er es im Irak als Soldat getragen hatte. Am liebsten hätte er keines gehabt, aber das war unmöglich in der Mesa. Und er musste sich eingestehen, dass Nancy recht hatte. Wenn wirklich die Kids hinter den Feuern steckten, war es an der Zeit, auf andere Weise als mit Worten mit ihnen zu sprechen.
»Was ist mit dem Rest?«, fragte er, als sie einstiegen.
Nancy spuckte durch das Wagenfenster, in dem das Glas fehlte. »Kennst sie doch!«
Er kannte sie. Und oft verachtete er die Bewohner der Mesa für ihre Kleinlichkeit und ihre zahllosen Schwächen. Aber sie waren es, die ihn aufgenommen hatten. Anfangs aus Furcht, aber über die Jahre war Monterny Respekt zugewachsen. Es gab oft Streit in der Mesa, und Monterny hatte ein geradezu unheimlich anmutendes Geschick darin bewiesen, Streithähne zu trennen.
Der Pick-up rumpelte über die Piste. Monterny fuhr ohne Beleuchtung. Ein Halbmond spendete fahles Licht. Er hätte den Weg auch mit geschlossenen Augen gefunden. Es gab keinen anderen.
Ein paar Hundert Meter von den Feuern entfernt ließen sie den Pick-up stehen und gingen zu Fuß weiter.
Schließlich waren sie nahe genug, um Einzelheiten zu erkennen. Eine Handvoll Trailer stand in Flammen. Kein großer Verlust. Die Wohnwagen waren aufgegeben und längst ausgeschlachtet. Es ging um die Geste, das Aufbäumen gegen die Verbannung. Sie konnten es den Kindern nicht durchgehen lassen.
»Wo stecken sie?«, flüsterte Nancy.
Nirgends waren Kinder zu sehen. Im Schein der Flammen stand ein einzelner Mann. Im flackernden Licht war kaum mehr ein Umriss zu erkennen, doch er rührte etwas in Monterny an.
»Das ist kein Kind«, sagte er.
»Dann irgendein Irrer. Dem zeige ich es!« Sie legte auf den Mann an.
»Nein!« Monterny schlug den Lauf des Gewehrs zur Seite. »Lass mich mit ihm reden.«
»Wieso? Er ist auf unserem Land. Er spielt mit Feuer. Soll er sehen, was er davon hat!«
»Ich habe gesagt, dass ich mit ihm reden will!«
»Wozu? Du bringst dich nur in Gefahr! Wer weiß, wie viele Kumpane sich noch in der Dunkelheit verstecken?«
»Ich will es einfach, verstanden?«
Er stand auf und ging zu den Feuern. Das Gewehr ließ er liegen. Nancy zischte etwas, aber ließ ihn ziehen.
Als er in den Schein der Feuer trat, wandte sich der Mann um und sagte: »Clifford, da bist du ja endlich!«
»Ivanhoe?«
Monterny erstarrte. Es musste eine Täuschung sein. Eine Illusion, die sein geschundenes Gehirn erzeugte.
»W... was tust du hier?«
»Was wohl? Ich suche dich, alter Freund.« Iwanowitsch Goratschin, sein verschollener Kamerad, lächelte.
»Wieso brennst du die Trailer ab?« Es war die einzige Frage, die Monterny einfiel. Er hatte oft an Ivanhoe gedacht, aber über die Jahre war die Erinnerung an den
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