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Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition)

Titel: Petersburger Erzählungen: Fischer Klassik PLUS (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nikolai Gogol
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Nase nicht wieder finden würde. Er erinnerte sich sehr gut, daß sie einen mit Federn geschmückten Hut und eine goldgestickte Uniform trug; aber er hatte sich weder ihren Mantel, noch die Farbe der Equipage und der Pferde gemerkt und wußte sogar nicht, ob hinten ein Lakai und in was für einer Livree gestanden hatte. Außerdem fuhren hier so viele Equipagen und so schnell vorbei, daß es schwer war, sich eine zu merken; und selbst wenn er sie erkannt hätte, wäre es ihm unmöglich, sie anzuhalten. Der Tag war schön und sonnig. Auf dem Newskij-Prospekt wimmelte es von Menschen; eine ganze Blumenkaskade von Damen wogte über das Trottoir von der Polizei- bis zur Anitschkinbrücke. Da sieht er einen ihm bekannten Hofrat, den er, besonders in Gegenwart von Fremden, Oberstleutnant zu titulieren pflegt. Da ist Jaruschkin, Abteilungsvorstand im Senat, ein guter Freund von ihm, der im Bostonspiel immer verliert, wenn er acht spielt. Und da ist ein anderer Major, der seinen Assessorgrad im Kaukasus erworben hat und der ihn mit der Hand zu sich heranwinkt …
    »Hol ihn der Teufel!« sagte Kowaljow: »He, Kutscher, fahr mich direkt zum Polizeimeister!«
    Kowaljow stieg in die Droschke und rief dem Kutscher jeden Augenblick zu: »Fahr so schnell du kannst!«
    »Ist der Polizeimeister anwesend?« fragte er, in den Flur tretend.
    »Zu Befehl, nein,« antwortete der Portier: »Der Herr Polizeimeister sind eben ausgefahren.«
    »Was!«
    »Jawohl,« fügte der Portier hinzu: »Es ist zwar noch nicht lange her, aber er ist ausgefahren; wären Sie um eine Minute früher gekommen, so hätten Sie ihn vielleicht noch erwischt.«
    Kowaljow stieg, ohne das Taschentuch vom Gesicht zu nehmen, wieder in die Droschke und rief mit verzweifelter Stimme: »Fahr zu!«
    »Wohin?« fragte der Kutscher.
    »Geradeaus!«
    »Wie, geradeaus? Hier muß man wenden: nach rechts oder nach links?«
    Diese Frage brachte Kowaljow zur Besinnung und zwang ihn, wieder nachzudenken. Er hätte sich wohl vor allem an die Polizeiverwaltung wenden müssen, nicht etwa weil seine Lage in irgendeiner direkten Beziehung zur Polizei stünde, sondern weil die letztere ihre Anordnungen schneller treffen könnte, als irgendein anderes Ressort. Genugtuung von dem Ressort zu verlangen, in dem die Nase, nach ihrer Behauptung, diente, wäre unklug gewesen, da man schon aus den eigenen Worten der Nase ersehen konnte, daß es für sie nichts Heiliges gab und sie auch in diesem Falle ebenso lügen würde, wie sie schon gelogen hatte, als sie behauptete, Kowaljow noch nie gesehen zu haben. Kowaljow wollte schon dem Kutscher den Befehl geben, zur Polizeiverwaltung zu fahren, als ihm wieder der Gedanke kam, daß dieser Gauner und Spitzbube, der sich schon bei der ersten Begegnung so gewissenlos benommen hatte, den günstigen Augenblick benützen und die Stadt verlassen könnte, – dann wäre alles Suchen vergebens, oder es könnte auch, Gott behüte, einen ganzen Monat dauern. Endlich gab ihm wohl der Himmel selbst einen guten Gedanken. Er beschloß, sich an die Zeitungsexpedition zu wenden und rechtzeitig eine Anzeige aufzugeben mit genauer Personalbeschreibung der Nase, damit jeder, der ihr begegnete, sie ihm wiederbringen oder wenigstens ihren Aufenthaltsort angeben könnte. Als er diesen Entschluß gefaßt hatte, befahl er dem Kutscher, nach der Zeitungsexpedition zu fahren; er bearbeitete während der ganzen Fahrt den Rücken des Kutschers mit der Faust und feuerte ihn an: »Schneller, du Spitzbube! Schneller, du Schurke!« – »Ach, Herr!« sagte der Kutscher, den Kopf schüttelnd und sein Pferd, das langhaarig wie ein Bologneser war, mit dem Zügel schlagend. Die Droschke hielt endlich, und Kowaljow stürzte atemlos in ein kleines Zimmer, wo ein grauhaariger Beamter im alten Frack, mit einer Brille auf der Nase, hinter einem Tische saß und, einen Gänsekiel zwischen den Zähnen, die eingenommenen Kupfermünzen zählte.
    »Wo gibt man hier Anzeigen auf?« rief Kowaljow. »Ah, guten Tag!«
    »Meine Hochachtung!« entgegnete der grauhaarige Beamte, die Augen hebend. Dann richtete er sie wieder auf die Geldhaufen.
    »Ich habe eine Anzeige …«
    »Entschuldigen Sie, wollen Sie bitte etwas warten,« sagte der Beamte, indem er mit der Rechten eine Zahl auf das Papier schrieb und mit dem Finger der Linken zwei Kugeln auf dem Rechenbrett verschob. Ein galonnierter Lakai von einem recht sauberen Äußeren das von einer langen Dienstzeit in einem aristokratischen Hause zeugte

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