Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
»Ich weiß ja nicht, ob man dort alles kaufen kann.«
Glücklicherweise
genügte ihr diese Erklärung. Ein paar Staustunden später, München und der Chiemsee
lagen seit geraumer Zeit hinter uns, erreichten wir die Grenze. Minuten später sah
Stefanie ungläubig zu mir rüber. »Warum fährst du von der Autobahn runter?«
»Salzburg«,
antwortete ich knapp, »du wolltest doch nach Österreich.«
Ihr Unterkiefer
klappte nach unten, sie war einen Moment sprachlos. »Salzburg ist eine Stadt. Ich
wollte nach Österreich in die Berge«, sagte sie schließlich entsetzt.
Ich zeigte
in südliche Richtung. »Da schau, da siehst du ganz viele von den hohen Dingern.
Unsere Ferienwohnung hat sogar einen Balkon in diese Richtung.«
Ja, ich
geb’s zu, vielleicht war dies etwas unsensibel. Dummerweise lag unsere gemietete
Wohnung zudem noch ziemlich zentrumsnah. Es war eng, laut und hektisch. Wie bei
uns in Ludwigshafen. Hinzu kam, dass die Aussicht vom Balkon in 30 Meter Entfernung
an einem mehrstöckigen Wohnblock endete. Wenigstens gefiel meiner Frau die geräumige
Wohnung. Und selbst die Kinder waren zufrieden, da jedes der beiden Kinderzimmer
einen eigenen Fernseher mit dialektfreiem deutschsprachigem Satellitenempfang hatte.
Nachdem ich alle Koffer in die Wohnung getragen und meine Sachen ausgepackt hatte,
ruhte ich mich ein wenig aus. Dies gelang mir ganze drei Sekunden lang, bis mich
der Schrei meiner Frau aus der Erholungsphase zurückholte. Ich lief in die Küche
und sah das Ungemach. Nein, ich meine damit nicht meine Frau, sondern die Flasche
Pilsener, die sie in der Hand hielt.
»Was ist
das?«, stotterte sie mir entgegen.
»Bier?«,
fragte ich unsicher.
»Natürlich
ist das Bier«, antwortete sie streng. »Das ist mir eben auf den Fuß gefallen, als
ich den Kühlschrank öffnete.«
»Oh, entschuldige
bitte. Dann habe ich das nicht richtig eingeräumt.«
Stefanie
ließ sich davon nicht beruhigen. »Eingeräumt? Schau dir mal an, wie es im Kühlschrank
aussieht!«
Aha, daher
wehte also der Wind. Ich tat ihr den Gefallen und blickte in das Gerät. Bis zum
letzten Eck war es ausnahmslos mit Bierflaschen gefüllt. Ich schaute Stefanie mit
treudoofem Blick an. »Da ist noch mehr Bier.«
»Ja, mein
lieber Mann, das sehe ich selbst. Wo soll ich jetzt das Gemüse und den Käse hintun?«
»Ich dachte,
wir gehen jeden Tag essen, damit du etwas vom Urlaub hast und dich mal so richtig
erholen kannst.« Mit dieser Finte würde ich Erfolg haben. Doch diese Einschätzung
erwies sich als falsch.
»Damit deine
Taille immer breiter wird? Außerdem macht mir das Kochen, im Gegensatz zu dir, viel
Spaß. Aber jetzt sag mal, warum das viele Bier?«
»Na, na,
so viel ist das auch wieder nicht, wir bleiben immerhin zehn Tage im Ausland. Abends
trinke ich halt mal gerne mein geliebtes Pilsener. Und hier in Salzburg wird es
bestimmt kein vernünftiges Bier geben. Ich habe keine Ahnung, ob sich in Österreich
überhaupt so etwas wie ein Brauwesen durchgesetzt hat. Das Deutsche Reinheitsgebot
wird hier sicher nicht gelten. Oder hast du schon mal von einem Österreichischen
Reinheitsgebot gehört? Denke doch mal daran, als wir in Frankreich waren. Das Bier
hat wie Wasser geschmeckt, weißt du das nicht mehr?«
»Nein«,
entgegnete sie knapp. Sie wollte gerade zu weiterer Kritik ansetzen, als Melanie
in die Küche kam. Auf ihren Händen trug sie eine Palette Coladosen.
»Papa, passt
das noch in den Kühlschrank?«
Dieses Problem
konnten wir gemeinsam lösen. Wir einigten uns nach längerer Diskussion auf maximal
drei Flaschen Bier und zwei Dosen Cola im Kühlschrank.
Mein geliebtes
Bier war gerettet. Vor ein paar Jahren wurde bei uns in der Pfalz auf der grünen
Wiese eine neue Brauerei gegründet. Die Brauerei Globa braut ein vorzügliches Bier.
Neben dem Pilsener schmeckt insbesondere das dreifach gegärte Lagerbier himmlisch.
Es wird als dreilagiges Globa-Bier weit über die Region hinaus vermarktet.
Nachdem
meine Frau einen Salzburg Prospekt entdeckt hatte, machten wir uns am nächsten Tag
daran, das touristische Pflichtprogramm zu absolvieren. Mir war das allemal lieber,
als unnötige Energie in das Besteigen von Bergen zu investieren.
»Mama, schau
mal, das Pferd hat auf die Straße geschissen!«
Dafür wurde
der neunjährige Paul sofort von seiner Mutter zurechtgewiesen. »Paul, unterlasse
bitte diese Ausdrücke. Diese Kutschen nennt man übrigens Fiaker.«
»Die müssten
wohl eher Vieh-Straße heißen«, versuchte
Weitere Kostenlose Bücher