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Wellenbrecher

Titel: Wellenbrecher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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Auszug aus: The Mind of a Rapist von Helen Barry
     
    Der am weitesten verbreiteten Auffassung zufolge geht es bei Vergewaltigungen um Ausübung männlicher Dominanz, um ein krankhaftes Zurschaustellen von Macht, im allgemeinen aus Wut gegen das ganze Geschlecht oder aus Frustration über eine bestimmte Person. Indem der Mann eine Frau zwingt, die Penetration hinzunehmen, demonstriert er nicht nur seine überlegene Stärke, sondern auch sein Recht, seinen Samen abzulegen, wo und wann es ihm beliebt. Der Vergewaltiger wird so zu einer Gestalt von legendärer Dimension hochstilisiert - dämonisch, gefährlich, raubtierhaft -, und die Tatsache, daß wenige Vergewaltiger diesem Bild entsprechen, bleibt hinter der Furcht, die die Legende hervorruft, von zweitrangiger Bedeutung.
    In einem hohen Prozentsatz von Fällen ist der Vergewaltiger ein Mensch, der sich als unzulänglich empfindet und einem schlechten Selbstbild entgegenzuwirken sucht, indem er einen anderen angreift, den er als schwächer wahrnimmt. Er ist ein Mensch von niedriger Intelligenz, geringer sozialer Kompetenz und mit einem tiefsitzenden Gefühl der eigenen Minderwertigkeit. Eine große Angst vor Frauen ist beim Vergewaltiger häufiger anzutreffen als ein Gefühl der Überlegenheit und hat ihren Ursprung vielleicht im frühen Scheitern seines Bemühens, befriedigende Beziehungen einzugehen.
    Die Pornographie wird einem solchen Menschen Mittel zum Zweck, da Selbstbefriedigung für ihn so lebensnotwendig ist wie der regelmäßige Schuß für den Heroinsüchtigen. Ohne Orgasmus empfindet der Sexfixierte nichts. Seine zwanghafte Natur in Verbindung mit seinem Mangel an Leistung jedoch macht ihn uninteressant gerade für jene Frauen, nach denen sein Minderwertigkeitskomplex verlangt, Frauen nämlich, die für erfolgreiche Männer attraktiv sind. Wenn er überhaupt eine Beziehung hat, wird seine Partnerin eine Frau sein, die von anderen Männern benützt und mißbraucht wurde, und das verstärkt sein eigenes Gefühl der Unzulänglichkeit.
    Man könnte argumentieren, daß der Vergewaltiger, ein Mann von beschränkter Intelligenz, Empfindungsfähigkeit und Funktionstüchtigkeit, eher zu bemitleiden als zu fürchten ist. Das Gefährliche an ihm ist aber die Macht, die die Gesellschaft ihm über das sogenannte schwache Geschlecht eingeräumt hat. Jedesmal, wenn Richter und Presse den Vergewaltiger als gefährliches Raubtier dämonisieren und mythologisieren, verstärken sie nur die Vorstellung, der Penis sei ein Symbol der Macht …

1
     
     
    Die Frau lag auf dem Rücken am Strand und blickte still in den wolkenlosen Himmel. Ihr hellblondes Haar trocknete in der heißen Sonne zu kleinen Locken. Sandspuren auf ihrem Bauch wirkten wie ein Stück hauchzarter Stoff, aber die braunen Höfe ihrer Brustwarzen und das Haar zwischen ihren Schenkeln verrieten, daß sie nackt war. Sie hatte einen Arm entspannt um ihren Kopf gelegt, der andere ruhte mit der Handfläche nach oben auf dem Kies, und ihre Finger schienen mit den flachen Wellen der steigenden Flut zu spielen.
    Über ihr türmten sich die abweisenden Felsen des Houns-tout-Kliffs, an dessen Vorsprüngen robuste Pflanzen wurzelten. In Herbst und Winter so oft von Nebel und Regen verhüllt, wirkten die schroffen Schieferwände nun im leuchtenden Sommerlicht warm und freundlich. Anderthalb Kilometer weiter westlich, auf dem Küstenwanderweg, der sich an den Felshöhen entlang nach Weymouth zog, näherte sich langsam eine Gruppe Wanderer, die ab und zu haltmachte, um die wie kleine Geschosse ins Meer eintauchenden Kormorane zu beobachten. Im Osten, auf dem Fußweg nach Swanage, passierte ein einzelner Wanderer die normannische Kapelle auf dem St.-Alban’s-Kap; von hier führte der Pfad zum felsenumschlossenen Kessel des Chapman’s Pool, der mit seinem klaren blauen Wasser bei leichtem, ablandigem Wind ein beliebter Ankerplatz war. Da er von Steilwänden umgeben war, verirrten Fußgänger sich nur selten zu seinen Stränden, doch an einem schönen Sonntag wie diesem lagen dort mittags oft zehn Boote und mehr vor Anker.
    Ein Boot, eine zehn Meter lange Princess, hatte sich bereits durch den Zufahrtskanal in die Bucht hineingeschoben, und das Klirren seiner Ankerkette übertönte das Geräusch der leerlaufenden Motoren. Nicht weit dahinter durchschnitt der Bug einer Fairline Squadron die starke Strömung vor dem St.-Alban’s-Kap und schlug auf ihrer Fahrt zur Bucht einen weiten Bogen um die Jachten, die träge

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