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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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die eine Last von vierhundert Tonnen trug – Menschen und Ladung –, drehte sich mit dem Heck zur stetig wachsenden Mondscheibe und begann in Etappen zu bremsen, bis sie sich leicht zitternd in einem der großen Trichter des Kosmodroms niederließ.
    Pirx war schon dreimal auf dem Mond gewesen, davon zweimal allein, das heißt, er hatte sich eigenhändig auf ein Prüffeld gesetzt, das einen halben Kilometer vom Zivilflughafen entfernt war.
    Jetzt konnte er das Prüffeld nicht einmal sehen, denn der riesige, von keramischen Platten eingefaßte Körper der »Selene« wurde auf das Gerüst eines hydraulischen Krans gehoben und fuhr unter die Oberfläche des Flughafens, zum hermetisch abgeschlossenen Hangar, wo eine Zollkontrolle stattfand: Narkotika? Alkohol? Explosive, giftige, ätzende Stoffe? Pirx besaß eine geringe Menge giftigen Materials, nämlich ein flaches Fläschchen mit Kognak, das Matters ihm zugesteckt hatte. Er verbarg es in der Gesäßtasche. Dann gab es Sanitätskontrolle – Impfschein, Sterilisierung des Gepäcks, damit keine Keime auf den Mond verschleppt würden –, die im Nu erledigt war.
    Hinter der kleinen Schranke blieb er stehen, denn er wußte nicht, ob er erwartet wurde.
    Er stand im Zwischenstock. Der Hangar war eine riesige, in den Fels getriebene betonierte Kammer mit einer Decke in Halbkugelform und flachem Boden. Licht gab es zur Genüge – künstliches Sonnenlicht, Licht aus Glühplatten. Viele Menschen liefen hin und her, Gepäck, Preßgasflaschen, Tanks, Kisten und Kabeltrommeln wurden auf Elektrokarren verladen. Im Hintergrund war die Ursache dieses fieberhaften Treibens zu sehen – der reglose Rumpf der »Selene«, eigentlich nur ihr mittlerer Teil, der einem gewaltigen Gasbehälter glich, denn das Heck ruhte tief unter Beton, in einem geräumigen Schacht, und die Spitze des massiven Rumpfes ragte durch eine runde Öffnung ins höhere Stockwerk.
    Pirx stand so, bis ihm einfiel, daß er eigene Dinge zu erledigen habe. In der Flughafenbehörde wurde er von einem Beamten empfangen, der ihm einen Block für das Nachtquartier aushändigte und ihm mitteilte, daß die Rakete in elf Stunden zur »anderen Seite« abfliege. Aus irgendeinem Grunde hatte er es eilig und gab ihm keine weiteren Erklärungen. Pirx trat auf den Korridor hinaus. Chaotische Zustände! dachte er verärgert. Er wußte nicht einmal genau, welchen Weg die Rakete nehmen werde. Über die Smyth-See oder direkt zu Ziolkowski? Und wo sein unbekannter Mondgefährte steckte, wußte er auch nicht. Und die Kommission? Der Arbeitsplan?
    Solchen Überlegungen widmete er sich, bis seine Empörung verrauchte und einem Gefühl wich, das materieller Natur war und sich im Magen konzentrierte – er verspürte Hunger. Er wählte den richtigen Fahrstuhl, studierte zunächst alles, was auf den sechssprachigen Schildern stand, fuhr in die Pilotenkantine hinunter und erfuhr dort, daß er in einem gewöhnlichen Restaurant zu essen habe, denn er sei kein Pilot.
    Das setzte allem die Krone auf! Schon wollte er sich in dieses vermaledeite Restaurant begeben, da fiel ihm ein, daß er vergessen hatte, seinen Rucksack abzuholen. Also hinauf zum Hangar. Das Gepäck befand sich bereits im Hotel. Er ließ also die Absicht fahren und beschloß, das Mittagessen einzunehmen. Dabei geriet er in zwei Wogen von Touristen: Die Franzosen, mit denen er hergeflogen war, gingen essen, und eine andere Gruppe – Schweizer, Holländer und Deutsche – kehrte gerade mit dem Selenobus von einem Ausflug zum Krater des Eratosthenes zurück. Die Franzosen sprangen und hüpften, wie das gewöhnliche Menschen tun, die zum erstenmal die Zauberkräfte der Mondschwerkraft ausprobieren. Sie flogen bis an die Decke, lachten, die Frauen kreischten, sie genossen den freien Fall aus drei Meter Höhe. Die Deutschen, sachlicher von Natur, strömten in die großen Säle und behängten die Sessellehnen mit ihren Fotoapparaten, Ferngläsern und Stativen – es fehlte nicht viel, und sie hätten Teleskope mitgebracht. Schon bei der Suppe reichten sie die Splitter der Mondfelsen herum, die ihnen von den Besatzungen der Selenobusse als Souvenirs verkauft worden waren. Pirx beugte sich über seinen Teller, umtost von dem Lärm, den die Deutschen, die Franzosen, die Griechen, die Holländer und Gott weiß wer noch alles verursachten. In der allgemeinen Begeisterung war er der einzige, der das zweite Mittagessen an diesem Tag mißgelaunt einnahm. Ein Holländer wollte sich seiner

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