Polt - die Klassiker in einem Band
sind mit dem Austreiben.“
„Wieder was gelernt, Herr Fürnkranz. Wer weiß, vielleicht wird noch einmal ein Weinbauer aus mir.“
„Tun Sie sich das nicht an, Herr Polt. Außerdem brauchen wir Gendarmen wie Sie gerade jetzt besonders dringend.“
„Ich hoffe, Sie wissen, was Sie da sagen.“
„Ja, durchaus.“
„Jedenfalls freut es mich, daß Sie jetzt ja doch weitermachen mit dem Weinbau.“
„Freuen Sie sich nicht zu früh, Herr Polt. Da ist noch nichts entschieden. Aber die Arbeit muß getan werden, sonst verkommt alles. Sollte ich verkaufen müssen oder vielleicht ja doch übergeben können, will ich mir nichts nachsagen lassen. Außerdem ist heute ein idealer Tag zum Schneiden. Der Boden schön hart gefroren, kein Schneefall, kein Wind.“
Polt hob den Kopf. Der Himmel war blaßblau, die fast farblose Sonnenscheibe schickte weißes Licht über weißes Land.
„Eine Frage an dich, Martin. Kannst du dir vorstellen, daß mir dieser Heinz Dvorak weiterhelfen könnte? Es geht nicht um deine Angelegenheit. Aber der Tod vom Ferdinand Lutzer hat ja auch irgendwas mit Tschechien zu tun, es schaut wenigstens so aus. Und der Dvorak wird den Lutzer gekannt haben, nehme ich an.“
Der junge Fürnkranz ließ die Rebschere sinken. „Sicher hat er ihn gekannt. Ich glaube sogar, daß sie geschäftlich miteinander zu tun hatten. Oder was man so geschäftlich nennt. Ich kenn den Dvorak nicht so gut, bin nie klug aus ihm geworden. Der Lutzer hat jedenfalls Mordsrespekt vor ihm gehabt, wenn nicht sogar Angst.“
„Und warum war der Dvorak damals bei dir, als ich dazugekommen bin?“
„Er hat gesagt, ich soll mich beeilen, mit dem Zurückzahlen. Weil sich da was zusammenbraut. Und dann hat er noch beiläufig gefragt, ob ich etwas mitbekommen habe, in dieser Nacht, Sie wissen schon. Nein. Hab ich gesagt. Dein Glück. Hat er gesagt.“
„Kann ich den Dvorak irgendwie erreichen?“
„Adresse hab ich keine, nur eine Handynummer. Läuft aber immer die Mailbox. Ob der einen Gendarmen zurückruft?“
„Hast du die Nummer bei dir?“
„Ja, eingespeichert.“ Martin holte sein Handy hervor. Polt notierte.
Karl Fürnkranz war auf seinen Sohn zugegangen und legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Diese Nummer kannst du jetzt löschen, hab ich recht?“
„Ausnahmsweise, Alter!“ Martin versuchte zu grinsen, aber seine Augen blieben ernst. Er wandte sich dem Gendarmen zu. „Darf ich Sie was fragen, Inspektor?“
„Jederzeit.“
„Dieser Bruno Bartl …, cooler Typ eigentlich. Ist der wirklich erfroren? Ganz einfach so? Der hat doch noch immer in seine Villa zurückgefunden.“
„Diesmal dürfte er zuviel erwischt haben, 3,2 Promille. Das haut den Stärksten um. Warum fragst du?“
„Nur so.“
Karl Fürnkranz hielt Polt die Rebschere vors Gesicht. „Und jetzt halten Sie uns nicht mehr von der Arbeit ab, Herr Polt. Los, Martin.“
Polt schaute interessiert zu. „Woher wissen Sie eigentlich, wieviel Sie wegschneiden müssen?“
Der Weinbauer lachte. „Darauf gibt’s keine einfache Antwort. Ich kann kurz oder lang schneiden. Jede Rebsorte mag’s anders. Das hier ist zum Beispiel ein Weißburgunder. Da sind die oberen Augen an der Rute wichtig. Würde ich kurz schneiden, gäb’s kaum Ertrag. Andererseits machen die langen Ruten Arbeit, weil ich sie ordentlich niederbinden muß. Dann geht es noch um die Entscheidung, ob ich stark oder schwach schneide, also wie viele Augen ich dem Stock lasse. Das hängt mit dem Ertrag zusammen und mit der Reife. Hängt der Stock voller Trauben, kann die Sonne nicht richtig hin. Trägt er zuwenig, verkümmert er und fällt vom Holz, wie wir sagen. Ein guter Weinbauer, Herr Polt, kennt jeden Stock im Weingarten und weiß und spürt, was er braucht.“
„Also, Herr Fürnkranz, bei Ihnen würde ich ganz gerne einen Kurs belegen.“
„Darüber läßt sich reden, wenn nicht gerade wieder einmal ein Toter in meinem Preßkorb liegt.“
„Das möchte ich kein zweites Mal erleben.“
Karl Fürnkranz hielt in der Bewegung inne, eine Rute zwischen den geöffneten Schneiden der Rebschere. „Na ja, irgendwie stark war das schon!“ Dann schnappte die Schere zu.
Männer
Auf dem Rückweg schaute Polt noch in der Burgheimer Kellergasse vorbei, weil er den Höllenbauern anzutreffen hoffte. Tatsächlich stand die Tür offen. In der Kellerluft hing noch immer der Geruch von Essen. Unten waren Ernst Höllenbauer und seine Frau Erika mit dem Aufräumen beschäftigt.
„Kann
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