Polt - die Klassiker in einem Band
nachdenklich eine Rebe zwischen den Fingern. „So kann man das natürlich auch sehen. Und wie kommen Sie mit dem Fall Lutzer voran?“
„Manchmal wünsche ich mir, ich würd überhaupt nicht vorankommen.“
„Der Fürnkranz ist eine harte Nuß, stimmt’s? Aber der Mensch ist in Ordnung. Und der Bub auch. Andere Bekannte sollte er sich suchen. Dieser Heinz Dvorak zum Beispiel, ich weiß nicht recht …“
„Arbeitet drüben, nicht wahr?“
„Ja, hört man. Ich weiß nicht wo. Die Kollegen von der Grenze kennen ihn natürlich, weil er so häufig unterwegs ist. Es hat aber nie etwas auszusetzen gegeben.“
„Könnten Sie vielleicht herausbekommen, ob er auch in dieser Nacht vom 18. auf den 19. Dezember, Sie wissen schon, über die Grenze ist? Ja und dann interessiert mich der 24. Dezember.“
„Das kann schnell gehen. Kommt darauf an, ob der Amon Walter Dienst hat. Warten Sie hier, Inspektor.“
Sedlacek ging nach oben ins Haus und kam nach einigen Minuten wieder. „Positiv, Herr Kollege. Gegen 11 Uhr nachts war dieser Dvorak bei der Paßkontrolle. Ziemlich auffallend, mit einer elegant gekleideten Frau im Auto, Weißrussin übrigens. Die Papiere waren in Ordnung. Was den 24. betrifft, kann sich ein Kollege daran erinnern, ihn schon gegen Mittag gesehen zu haben, allein übrigens.“
Polt stieß einen leisen Pfiff aus. „Schön langsam wird’s spannend.“
Sedlacek hatte wieder seine Arbeit aufgenommen. „Spielen S’ nur ja nicht den Helden, Herr Polt. Die Szene drüben kennt keinen Spaß.“
„Kenn ich derzeit auch nicht.“
„Was?“
„Spaß.“
Inspektor Holzer hatte noch immer Schreibtischarbeit, als Polt zurückkam. „Du sollst die Frau Stirbl anrufen, Simon. Der Herr Neumann wollte, daß ich sie mit ihm verbinde. Aber sie hat sich geweigert, mit ihm zu reden.“
Polt wählte und griff zum Hörer. „Ich sollte Sie anrufen, Frau Stirbl. … Ja, die Frau Widhalm kenn ich … wie bitte? Sagen Sie das noch einmal! … Und das fällt ihr erst jetzt ein? … Ah, so. Gut. Und danke jedenfalls.“
Polt legte auf, und Holzer schaute ihn erstaunt an. „Siehst Gespenster, Simon? Du bist ja ganz blaß!“
Polt strich sich mit der Hand über die Augen. „Na ja, die Frau Widhalm, sie wohnt in Burgheim, du weißt ja. Sie hat den Karl Fürnkranz gegen halb zwei Uhr früh noch einmal wegfahren gesehen. Letztes Mal hat sie glatt darauf vergessen, es zu erwähnen, und jetzt ist es ihr wieder eingefallen.“
Polt verstummte, als er sah, daß die Tür ins Büro seines Vorgesetzten geöffnet wurde. „Frau Stirbl, wie ich vermute?“ Die Stimme Rüdiger Neumanns hatte eine gewisse Schärfe.
„Ja.“
„Und was hatte sie zu berichten?“
„Einen jungen Hund hat sie. Den möchte sie mir zeigen, nach Dienstschluß. Alois heißt er.“
Staatsbesuch
Nach dem Vorfall am Eislaufplatz war Polt im Rettungsauto mit den Verletzten ins Spital gefahren, und Karin Walter war bei den übrigen Kindern geblieben. Jetzt war die Lehrerin im Krankenhaus, und sie hatte Polt versprochen, ihn über den Zustand der Buben zu informieren. Gegen Mittag rief sie an. Einer der Buben, der Toni, wartete schon auf seine Entlassung in häusliche Pflege. Aber der Herbert war noch immer nicht richtig ansprechbar. Er bekam Infusionen, rund um das Bett hatten sich Ärzte, Pflegepersonal und die Eltern versammelt. Karin Walter redete viel mit dem Toni, zwischendurch fragte sie an Herberts Bett nach Neuigkeiten. Mit seinen Eltern war sie noch nicht ins Gespräch gekommen.
Nach Dienstschluß ging Polt auf dem kürzesten Weg zum Hof des Höllenbauern. Als er die Tür seiner Wohnung hinter sich geschlossen hatte, setzte er sich erst auf den nächstbesten Sessel und legte den Kopf in beide Hände. Er holte die Bilder vom Vortag zurück, die schönen und die schrecklichen. Polt dachte an Karin, die wohl noch immer im Krankenhaus von Breitenfeld war. Schön wär’s, er könnte sie einfach umfangen, hochheben und über alles hinwegtragen. Aber er hatte noch ihre Stimme im Ohr. „Da muß ich durch, Simon, das ist meine Sache, du kannst mir nicht helfen.“
Als Polt Czernohorsky maunzen hörte, stand er auf und füllte den Napf. Gleich darauf schrillte das Telefon. Das mußte Karin sein. Polt wurde enttäuscht. Eine leise männliche Stimme kam aus dem Hörer. „Inspektor Polt, nehme ich an? Claus Scheidt mein Name. Claus mit C wie der verstorbene Prinz der Niederlande. Aber machen wir’s kurz. Mein Mitarbeiter Heinz Dvorak hat mir
Weitere Kostenlose Bücher