Polt - die Klassiker in einem Band
geredet.“
„Ohne Erfolg.“
„Ja. Weil ich sie abgelenkt habe. Ich bin ganz allein schuld an allem, Herr Neumann.“
„Klingt edel, diese Aussage, ist aber verfrüht. Sie, mein Guter, waren nicht einmal in Uniform, und kein Mensch kann es Ihnen verbieten, mit jemandem zu reden. Aber die Lehrerin hätte ihre Aufsichtspflicht keine Sekunde lang vernachlässigen dürfen. Egal, was passiert.“
„Auf dem Papier steht viel. Das Leben schaut anders aus.“
„Herr Gruppeninspektor, mein lieber Simon Polt! Ich weiß natürlich, wie Sie zu dieser Karin Walter stehen. Aber der Lehrerin ist mit dem ritterlichen Schuldbekenntnis eines Gendarmen nicht geholfen, und Sie haben ein dickes Minus in der Dienstbeschreibung. Ja mit Ihnen gerät die ganze Gendarmerie in ein schiefes Licht. Sehen Sie das pragmatisch.“
„Ich seh das so, wie es war. Brauchen Sie noch was von mir?“
„Selbstverständlich. Von unserem grundsätzlichen Gespräch über den Fall Lutzer, auf das ich mich übrigens schon freue, einmal abgesehen: Gibt es Neuigkeiten? Möglicherweise etwas, das die Frau Lehrerin so sehr von ihren Pflichten abgelenkt hat?“
„Nein.“
„Und könnte es nicht sein, daß Sie in Ihrer verständlichen Gemütsbewegung etwas vergessen oder vernachlässigen oder gar verschweigen?“
„Nein.“
„Schön. Wir haben ja noch länger miteinander zu tun. Wird schon werden, wird schon werden …“ Neumann stand lächelnd auf und ging auf Polt zu. Der wich einen Schritt zurück.
„Na!“ Das Lächeln des Vorgesetzten vertiefte sich. „Berührungsängste?“
Polt drehte sich wortlos um und verließ das Büro. Inspektor Holzer schaute den Kollegen nachdenklich an. „Kopfwäsche?“
„Mir egal.“
„Und was wirst du tun?“
„Mit dem alten Sedlacek reden. Vielleicht kann er mir inoffiziell helfen, was die Grenze und drüben angeht.“
„Inoffiziell? Da wird unser neuer Dienststellenleiter seine helle Freude daran haben.“
„Mir egal.“
„Und was ist mit der Karin Walter? Wenn ich irgendwie helfen kann, Simon …“
„Danke. Aber es soll so laufen, wie es laufen muß. Also Ermittlungen, wie es sich gehört.“
„Und wie geht’s dir so, ich meine ganz persönlich?“
„Mir egal.“
Das Haus von Peter Sedlacek war ein Neubau in der Siedlung am Ortsrand von Burgheim. Polt läutete, Frau Sedlacek öffnete. „Herr Inspektor Polt! Schön, daß Sie sich einmal anschauen lassen bei uns. Obwohl, na ja, es muß ja schrecklich sein, was da auf dem Eislaufplatz passiert ist. Und Sie und die Frau Walter …“
Polt unterbrach sie. „Nicht böse sein, Frau Sedlacek, aber ich kann jetzt nicht darüber reden. Ist Ihr Mann da?“
„Wo soll er sonst sein? Sitzt seit Stunden in der Garage beim Rebveredeln. Also, ich hätt keine Geduld dafür.“
„Wie komm ich in die Garage?“
„Am besten durchs Haus. Das Tor ist zu, wegen der Kälte. Ich geh voran. – Peter! Du hast Besuch!“
Polt sah Sedlacek auf einem weißen Gartensessel aus Plastik sitzen und konzentriert arbeiten. Als der alte Gendarm den Besucher erblickte, legte er Messer und Rebstücke auf den Boden und erhob sich. „Simon Polt! Freut mich, daß Sie mich besuchen kommen. Aber wegen meiner schönen Augen wird’s wohl nicht sein. Jedenfalls ist mir eine Abwechslung recht, hier unten, in dieser Betongruft. Was sagen Sie zu unserem Haus, Herr Kollege?“
„War bestimmt nicht billig.“
„Sehr diplomatisch ausgedrückt, mein Lieber.“ Sedlacek redete leiser weiter. „Mir gefällt es ja auch nicht. Weiß Gott, ich würd lieber im alten Hof meines Vaters sitzen, aber meine Frau will’s modern haben.“ Er nahm sein Werkzeug zur Hand. „Aber eine Rebveredelungsmaschine kommt bei mir nicht in Frage. So etwas mach ich mit der Hand, mit Gefühl und Geschick. Da links hab ich die Unterlagsreben liegen, geschnitten und desinfiziert. Und das hier sind Edelreiser, drei Zentimeter lang, ungefähr, mit einem Auge. Und ich schneid die Hölzer so an, daß ich sie ineinanderstecken kann, beherrscht bald keiner mehr, gar nicht so einfach.“
Polt wäre unter normalen Umständen dieser Beschreibung interessiert gefolgt, doch diesmal war er ungeduldig. „Nicht schlecht, Herr Sedlacek, brächte ich nie zusammen. Darf ich Sie was fragen?“
„Ja, natürlich. Aber sagen Sie einmal: Wie hat denn Ihr neuer Chef die Sache mit dem Eislaufplatz aufgenommen?“
„Freundlich. Und er hat Angst um den guten Ruf der Gendarmerie.“
Sedlacek drehte
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