PR TB 147 Flucht Der Androiden
die Mauer
an und fand eine hohe, schmale Öffnung, die mit kleineren
Quadern, aber nicht weniger genau vermauert worden war.
Ein Tempel ist jedermann zugänglich. Dieses Gebäude ist
kein Tempel!
Ich fühlte, wie jetzt die Schwäche sich wieder meines
Körpers bemächtigte. Der rasende Ritt hatte mich erschöpft.
Aber jetzt packte mich eine Neugierde, die stärker war als die
Erschöpfung. Ich berührte die weiße Fläche. Sie
war an einigen Stellen noch feucht, zwischen den Quadern schien die
Masse der Fugen noch nicht erstarrt zu sein. Ich hob den Speer. Die
Spitze aus Arkonstahl, der aussah wie gehämmerte Bronze oder
Kupfer, kratzte mühelos ein fingerdickes Stück einer
Mischung aus Lehm, Kalk und Staub aus der Hitze. Ich arbeitete
weiter, bohrte die lange Spitze immer tiefer und hatte nach
erstaunlich kurzer Zeit einen Quader fast freigelegt. Ich hob den
Speer, steckte ihn ins Erdreich und stemmte mich gegen den Stein. Er
bewegte sich nicht. Ich grinste kurz, zog die Wurfaxt und begann, mit
ihrem Rücken gegen den Quader zu schlagen. Die Schläge
waren übernatürlich laut und übertönten mühelos
das Krächzen, Schreien und Flattern der Geier, die sich um das
Riesentier stritten. Aber der Stein bewegte sich. Mit jedem Schlag
trieb ich ihn einen Fingerbreit weiter hinein. Schließlich,
nach hundert Schlägen etwa, kippte er nach innen.
Ich lauschte angespannt.
Er schlug mit einem satten, klatschenden Ton auf, verharrte
irgendwo auf einem Hindernis und krachte dröhnend zu Boden.
Stille trat ein. Das Blut rauschte in meinen Ohren.
Ich drehte mich blitzschnell herum, lehnte mich gegen die Mauer,
griff nach dem Speer und riß ihn mit einem Ruck aus dem Boden.
Mein Blick bohrte sich ins Unterholz. Keine Bewegung war
festzustellen. Trotzdem erschrak ich zutiefst, als ein
farbenprächtiger Vogel links von mir aufflatterte und schräg
nach oben schwirrte.
Du bist allein, flüsterte der Extrasinn.
Ich wischte Schweiß und Kalkstaub von meiner Stirn und dem
Gesicht. Dann riß ich mit aller Kraft an dem nächsten
freiliegenden Quader. Er bewegte sich mit schmatzenden Geräuschen,
ließ sich mühsam herausziehen und fiel dumpf polternd ins
Gras. Die nächsten Steine ließen sich leichter losbrechen
Kurvt 1 Zeit später lag ein Haufen Quadern zu meinen
Füßen. Vor mir war eine unregelmäßige Öffnung
entstanden. Eine Strom kühler, stickiger Luft schlug mir
entgegen. Mein Entsetzen wuchs, als ich den stechenden Geruch spürte.
Salzig, modernd, nach Aas riechend. Das Sonnenlicht fiel nur auf die
Stelle hinter dem Loch; ich konnte kaum etwas erkennen.
Die Gefahren dort drinnen leben nicht mehr, sagte der Extrasinn.
Ich nahm den Speer und kletterte hinein. Vorsichtig schob ich mich
durch das gezackte Loch und sprang nach unten. Ich drehte mich um und
wartete, bis sich meine Augen an das Halbdunkel gewöhnt hatten.
Ich stand zwischen zwei gemauerten Sockeln. Etwa gut mannslang,
zwei Ellen breit, drei Ellen hoch. Ebenfalls mit weißer Farbe
überzogen. Ich erkannte jetzt mehr Einzelheiten. Auf dem Sockel
rechts neben mir lag eine menschliche Gestalt. Ich griff instinktiv
nach meinem Dolch -hier stimmte etwas nicht mit meiner Erfahrung
überein. Ich ging näher heran. Das Gefühl des
Unheimlichen, des Unheils, wurde deutlicher. Hier lag ein junges
Mädchen. Ich fuhr herum. Auf dem nächsten Sockel lag ein
junger Mann. Meine Augen wanderten suchend umher. Durch zwei runde
Säulen aus bearbeitetem Holz war der längliche Raum in
Drittel abgeteilt. Ich zählte auf den beiden Längsseiten
jeweils sechs solcher Sockel. Also zwölf tote Menschen. Ich ging
auf die beiden Säulen zu, die ein Drittel des Raumes optisch
abteilten. Hier lag der dreizehnte Tote. Und er war kein Mensch!
Die Sonne war drei Handbreit weitergezogen, das Licht wurde
weniger. Und meine Unruhe wuchs, je mehr der Tag verging.
Sechs junge Frauen und ebenso viele junge Männer waren
geopfert worden. Man hatte sie erwürgt oder erdrosselt, die
Spuren bewiesen es. Sie entstammten einem bronzehäutigen Volk,
waren groß und schlank und würden mir über die
Schulter gereicht haben. Nur noch winzige Spuren der steinzeitlichen
Jäger waren zu sehen; sie waren ein Leben im Freien gewöhnt
gewesen, waren Jäger und Sammler gewesen. Sie hatten
dunkelbraunes bis tiefschwarzes Haar und, wie ich wußte, dunkle
Augen. Einige von ihnen trugen die Spuren von Peitschenhieben oder
Stockschlägen. Ich konnte ihr Alter nicht genau abschätzen,
aber sie waren alle nicht
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