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Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste

Titel: Purpur ist die Freiheit 02 - Die Perlen der Wueste Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doris Cramer
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Unmut, doch auch die Pferde hatten es nicht leicht. Lediglich die Maultiere setzten ihre Hufe mit überlegener Sicherheit.
    Endlich, nach langem Aufstieg durch lockeren Schotter und ausgewaschenes Gelände trafen sie auf einen kaum sichtbaren, fußbreiten Steig, der an der Bergflanke entlangführte. Saïd deutete auf den Weg.
    » Der alte Handelsweg nach Marrakech«, erklärte er mit kratziger Stimme. » Er ist schon fast vergessen. Ihn nutzten unsere Vorfahren, doch mit beladenen Kamelen ist er nicht ungefährlich. Wohl deshalb ist man irgendwann dazu übergegangen, den unteren, weniger steilen Weg zu verwenden. Dieser hier kommt aus hohen Bergen, die nur trittsichere Esel bezwingen können, und trifft erst weiter vorn mit der Hauptroute zusammen. Die Osmanen werden ihn nicht kennen.«
    Schon wieder die Osmanen, wunderte sich Sarah, immer wieder stieß man hier auf sie. Allmählich wurde ihr klar, dass sie so gut wie nichts über die Türken wusste. Eines allerdings hatte sie immerhin gehört: Seitdem das Land in ein nördliches und ein südliches Reich zerfallen war, unterstützten osmanische Truppen den Norden. Ihr Vater hatte manchmal mit ihnen zu tun, war aber nicht gut auf sie zu sprechen. Sie seien raffiniert und gierig, sagte er, und ihnen ginge es ausschließlich um die Ausdehnung ihres Einflussbereichs bis zum Atlantik. Auch die Menschen in Santa Cruz und an der gesamten Küste anerkannten durchaus die straffe Organisation, mit der die Türken ihr Osmanisches Reich regierten, dennoch hielten sie ihrem eigenen Sultan die Treue.
    Woher nahm Saïd die Zuversicht, dass den Osmanen ausgerechnet dieser Weg unbekannt war? Aber seine ersten zusammenhängenden Sätze seit ihrem Aufbruch waren immerhin ein gutes Zeichen. Zwar sah der junge Sheïk zum Fürchten aus mit dem blutigen Gewand, und auch seine Stimme hatte noch nicht wieder ihre Kraft zurückgewonnen, insgesamt wirkte er jedoch schon ein wenig stärker als vorhin.
    Außerdem führte dieser schmale Weg, der mehr einem Ziegenpfad als einer Karawanenroute ähnelte, in die richtige Richtung. Nordnordost, die Himmelsrichtung, wo irgendwann Venedig lag.
    *
    Die Sonne stieg zum höchsten Punkt ihrer Bahn, und in der flirrenden Helligkeit schmerzten die Augen. Die Karawane aber machte keine Pause. Sie folgten dem Pfad am staubigen und mit Steinen übersäten Berghang. Wie gewohnt verhüllte Saïd sein Gesicht bis auf einen schmalen Spalt und schritt vorwärts. Niemand sprach, nicht einmal Azîza.
    Saïd verschwendete keinen Gedanken an die unerwartete Vergrößerung seiner Reisegesellschaft und schaute auch nicht zurück. War ihm heute nicht ein neues Leben geschenkt worden? Deutlich wie selten spürte er die Hitze des Pfades unter seinen dünnen Sohlen und die Kraft der Sonne auf Kopf und Schultern. Er lauschte auf die Geräusche der Tiere, das Schleifen der Kamelfüße und das Klappern der Pferde- und Maultierhufe, und auf das der bergab kullernden Steine. Wenn sie einen der alten Bäume passierten, hörte er das Knacken seiner Zapfen in der Hitze. Von weiter oben, aus der Region der großen Zedern, sanken harzige Düfte herunter, die über den glühenden Boden waberten. Gierig sog er den herben Geruch ein.
    Die meiste Zeit ging er einige Schritte vor Sarah. Es freute ihn, sie so nahe bei sich zu wissen. Hin und wieder drehte er sich zu ihr um und machte sie auf eine Pflanze aufmerksam, die es geschafft hatte, in dieser Trockenheit zu überleben, auf eine Eidechse, die eilig den Weg kreuzte, oder er reichte ihr seine Hand, um eine Engstelle zu passieren.
    Natürlich wollte er ihr behilflich sein, aber vor allem wollte er sie dabei unauffällig ansehen können. Diese leuchtend blauen Augen, in denen sich ihre wechselnden Gefühle spiegelten … Und obwohl sein Herz bei jedem ihrer Blicke einen zusätzlichen Schlag tat, gelang es ihm, das alles beiläufig und wie absichtslos aussehen zu lassen.
    Irgendwann wurde der Weg breiter und führte zunächst unmerklich, dann immer deutlicher abwärts. Die Sonne wanderte weiter, während die Steine des Weges unvermindert die Hitze zurückstrahlten. Endlich aber kam der Nachmittagswind auf, zuverlässig wie jeden Tag. Jetzt konnte es nicht mehr lange dauern, dann verlor die Sonne endgültig an Kraft.
    Doch erst mit ihrem letzten, goldenen Aufstrahlen gab Abdallah das Signal zum Halten. Zu ihren Füßen öffnete sich eine flache Ebene, weit, konturenlos und ohne Begrenzung. Nur einige Palmen und Ölbäume traten schwarz vor

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