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Quantum

Quantum

Titel: Quantum Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hannu Rajaniemi
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alle vom Palast dekompilierten
Informationen der Materie meines Körpers enthält. Und in meinem Bauch regt sich
etwas Blaues, wie ein Geist …
    Le Rois Augen werden schmal. »Der Junge ist nicht vernichtet«, sagt
er. »Er hat sich gut entwickelt. Er hat sogar dich überlistet. In hundert
Jahren komme ich und besuche ihn.«
    »Dir hat er das nicht zu verdanken«, sage ich. »Und er hat recht. Du
musst für deine Taten bezahlen.«
    Er grüßt mich höhnisch mit seinem Stockdegen. »Dann vollstrecke das
Urteil, wenn du kannst. Bringen wir die Sache zu Ende.« Er nimmt Fechterhaltung
ein, seine Augen sind ein Spiegelbild der meinen.
    Ich hebe das Realm-Raum-Schwert mit beiden Händen und stoße mir die
Spitze in den Magen. Der Schmerz ist überwältigend. Das Schwert durchschneidet
die Softwarekonstruktion, die mein Ich ausmacht.
    Und setzt den Archon frei.
    Er quillt in einer Datenflut mit meinem Blut und meinen Eingeweiden
heraus. Die Daten dringen in die Wände und den Boden des Palastes ein. Alles
verwandelt sich in Glas. Zwischen mir und Jean le Roi senken sich die
Zellenwände herab. Ich lache laut heraus, während ich ein Dilemma-Gefängnis
gebäre.
    Als die Nadel den Detektiv ausspuckt, hätte ihn Mieli fast
erschossen. Ein Teil der schroffen schwarzen Fassade verwandelt sich in den
nackten Körper eines jungen Mannes und fällt nach vorne. Dann ist Raymonde
schon bei ihm und richtet ihn auf.
    »Er hat Pixil erwischt«, murmelt der Junge.
    Nur Minuten zuvor haben die beiden den Fuß der Nadel erreicht. Sie
sieht aus wie die Pseudomaterie, die Mieli bisher nur in der Nähe von
Spike-Resten gesehen hat und die nicht aus Atomen und Molekülen besteht,
sondern aus viel subtilerem Stoff wie Quarkmaterie oder Raumzeitschaum.
    Mieli, meldet sich Perhonen . Ich weiß nicht, ob es ratsam ist, noch länger dort zu
bleiben. In diesem Ding tut sich etwas. Gammastrahlen, exotische WIMP s, es ist wie eine Fontäne –
    Eine Welle durchläuft das Gebäude. Und auf einmal ist es dunkel,
kalt und dicht wie Rauchglas. Wie das Gefängnis. Er hat den
Archon freigesetzt.
    Mieli senkt ihre Waffe und berührt die Wand der Nadel. Sie öffnet
sich und nimmt sie auf wie ein Liebhaber.
    Der Archon ist glücklich. Neue Diebe, neue Dinge, die man
herstellen, neue Spiele, die man züchten kann, in einem fruchtbaren Boden, in
dem sich sein Bewusstsein um das Tausendfache erweitert. Jemand berührt ihn:
Die geflüchtete Oortfrau kehrt in seine Arme zurück. Der Archon lässt sie ein.
Sie schmeckt nach Zimt.
    Isidore tun alle Knochen weh. Sein Körper ist neu und
empfindlich, und innen drin brennt Pixils Tod wie Feuer. Aber er hat keine
Zeit, darüber nachzudenken, denn mit einem Schlag weiß er alles.
    Der Exospeicher umgibt ihn wie ein Meer, so klar wie ein tropischer
Ozean. Schweiger, Aristokraten, Zaddikkim: jeder Gedanke, der je gedacht wurde,
jede Erinnerung. Alle sind sie sein. Es ist die schönste und die schrecklichste
Form, die er jemals gesehen oder gespürt hat. Die Geschichte. Die Gegenwart:
Zorn, Blut und Feuer. Atlas-Schweiger, die verrücktspielen und alles tun, um
die Stadt anzuhalten. Menschen, kämpfend wie Marionetten, die durch die
Auslöser, die Knöpfe und Zeiger, welche sein Vater einst in ihre Köpfe
einbaute, in den Wahnsinn getrieben werden.
    Er spricht mit der STIMME zu ihnen und
erinnert sie daran, wer sie sind. Die Schweiger kehren zurück an ihre
Phoboi-Wälle. Die Kämpfe kommen zum Stillstand.
    Und langsam, Schritt um Schritt, setzt sich die Stadt wieder in
Bewegung.
    Da sind wir also wieder. Im Gefängnis.
    Ich bin nackt. Ich halte die Augen geschlossen. Vor mir auf dem
Boden liegt ein Revolver. Und bald werde ich ihn aufheben und entscheiden, ob
ich schießen will oder nicht.
    Das Klirren von zerbrechendem Glas klingt wie Musik oder wie ein
Gesetzesbruch. Ein Wind weht durch die Zelle und bringt winzige Scherben mit.
Ich öffne die Augen und sehe Mieli, einen beschädigten schwarzen Engel mit weit
ausgebreiteten Flügeln.
    »Ich hatte gehofft, dass du kommen würdest«, sage ich.
    »Ist dies die Stelle«, fragt sie, »an der du mir sagst, du bist Jean
le Flambeur und du verlässt diesen Ort erst dann, wenn du willst?«
    »Nein«, sage ich. »Das ist nicht diese Stelle.«
    Ich nehme ihre Hand. Sie nimmt mich in die Arme. Dann schlägt sie
mit ihren Flügeln. Wir steigen nach oben, durch den Glashimmel, weg von
Revolvern, Erinnerungen und Königen.

21   Der Dieb und der gestohlene Abschied
    Einen Tag

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