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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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der Pomponias Tugend ersichtlich ein Stein des Anstoßes ist.
    Vatinius hat uns einen interessanten Gladiatorenkampf angekündigt, den er in Benevent vorführen lassen will.
    Siebst Du, wie weit ein Schuhflicker es heutzutage bringen kann, dem Sprichwort zum Trotze: Ne sutor ultra crepidam – Schuster, bleib bei deinem Leisten! Vitellius ist der Nachkomme eines Schusters, doch Vatinius der Sohn eines solchen. Wer weiß, ob er nicht selber auch Pechdraht gezogen hat? Der Schauspieler Aliturus gab gestern den Ödipus wundervoll. Da er ein Jude ist, fragte ich ihn bei dieser Gelegenheit, ob Christen und Juden dasselbe seien. Er gab mir zur Antwort, die Juden hätten eine ewige Religion, während die Christen eine neue, erst kürzlich in Judäa entstandene Sekte bildeten. Zur Zeit des Tiberius hätten die Juden einen gewissen Mann gekreuzigt, der täglich an Anhängern gewinne, die ihn für einen Gott hielten. Die Christen leugnen, wie es scheint, die übrigen Götter, besonders unsere. Ich sehe nicht ein, welchen Schaden die Anerkennung anderer Götter ihnen bringen könnte.
    Tigellinus trägt jetzt seine Feindschaft gegen mich offen zur Schau. In der Art, wie er dies tut, ist er mir nicht gewachsen; dagegen ist er mir darin überlegen, daß ihm das Leben lieber und er zudem ein größerer Schuft ist, was ihn dem Feuerbart näherbringt. Diese beiden schönen Seelen werden früher oder später einander verstehen, und dann wird die Reihe an mir sein. Ich weiß nicht, wann meine Stunde schlägt, doch weiß ich, daß sie, so wie die Sachen jetzt stehen, kommen muß. Drum mag sie kommen. Inzwischen müssen wir uns noch vergnügen. Wäre der Feuerbart nicht, das Leben wäre ganz annehmbar. Seinetwegen ekelt einen bisweilen das eigene Leben an.
    Es ist nicht richtig, das Streben um Neros Gunst mit dem Wetteifer im Zirkus, mit einer Art Spiel oder Kampf zu vergleichen, wobei der Sieg der Eitelkeit schmeichelt. Zwar erkläre ich mir’s bisweilen so; dennoch komme ich mir oft in nichts besser als Dein Chilon vor. Wenn Du ihn nicht mehr brauchst, so sende ihn hierher. Mir gefallen seine erbaulichen Reden. Grüße mir Deine göttliche Christin und bitte sie in meinem Namen, Dir gegenüber kein Fisch zu sein. Gib mir Nachricht über Deine Gesundheit, Deine Liebe; lerne und lehre lieben. Lebe wohl!“
    Vinicius an Petronius:
    „Lygia ist noch nicht gefunden! Hätte ich die Hoffnung nicht, sie bald zu finden, so würde ich Dir nicht antworten; wem das Leben verleidet ist, der hat keine Lust, Briefe zu schreiben. Ich wollte mich überzeugen, daß Chilon mich nicht betrog. Als er nachts das Geld für Euricius abholte, folgte ich ihm, in einen Soldatenmantel gehüllt, unbemerkt nach. Als er und der mitgesandte Sklave den Ort erreichten, blieb ich hinter einem Pfeiler des Portikus stehen und überzeugte mich, daß Euricius keine erdichtete Person ist. Einige zehn Arbeiter waren damit beschäftigt, aus einer großen Barke Steine auszuladen und am Ufer aufzustapeln. Diesen näherte sich Chilon und begann, einen alten Mann anzusprechen, der ihm nach einer Weile zu Füßen fiel. Die anderen umringten ihn unter Bewunderungsrufen. Ich sah ihn Euricius einen Beutel reichen; dieser ergriff den Beutel und begann mit erhobenen Armen zu beten, während ein zweiter, offenbar sein Sohn, neben ihm kniete. Chilon sprach etwas, was ich nicht hören konnte, und segnete die beiden Knienden wie die anderen, indem er in der Luft das Zeichen des Kreuzes machte, das diese Leute augenscheinlich verehren, da sie alle die Knie beugten. Es drängte mich, unter sie zu treten und jedem, der mir Lygia ausliefern würde, drei solcher Beutel zu versprechen; allein ich fürchtete, Chilon ins Werk zu pfuschen, und ging heim.
    Dies geschah, kurz nachdem Du abgereist warst. Seither war Chilon häufig bei mir. Er behauptet, bei den Christen großes Ansehen gewonnen zu haben, und wenn er Lygia bis jetzt nicht gefunden habe, so komme das nur daher, weil es in Rom zahllose Christen gebe, so daß nicht jeder alle Brüder der Gemeinde kenne und wisse, was in jeder Versammlung geschehe. Sie seien zudem vorsichtig und verschwiegen. Er meint jedoch, er werde jedes Geheimnis erfahren, sobald er mit den Älteren, die Presbyter genannt würden, bekannt sei. Er kennt schon einige und hat sie ausgefragt, doch vorsichtig, um nicht Verdacht zu erwecken und sich seine Aufgabe zu erschweren. Obschon es mich hart ankommt zu warten und ich vor Ungeduld brenne, so sehe ich doch ein, daß er

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