Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
Vom Netzwerk:
seinem Gefährten betrogen worden sei. Ich hätte sonst gar nicht gewußt, was für Fabeln Glaukos verbreitet.“
    „Was kümmert mich das! Sage mir, was du im Gebethause sahst!“
    „Dich kümmert es nicht, Herr, aber mir liegt daran soviel wie an meinem Leben. Seitdem ich wünsche, daß meine Weisheit mich überlebe, würde ich eher auf deine Belohnung verzichten als mein Leben um nichtigen Gewinnes willen aufs Spiel setzen; auch ohne den schnöden Mammon kann ich als wahrer Philosoph leben und göttliche Weisheit zu erringen suchen.“
    Da näherte sich ihm Vinicius mit einem Gesicht, dessen Ausdruck nichts Gutes verriet, und sagte mit dumpfer Stimme:
    „Wer sagt dir, daß der Tod dich früher durch des Glaukos Hand als durch die meinige treffen wird? Wer sagt dir, Hund, daß ich dich nicht gerade in meinem Garten begraben haben will?“
    Chilon, der durch und durch feige war, sah Vinicius an und erkannte im Augenblick, daß noch ein einziges unbedachtes Wort ihn rettungslos verderben könnte.
    „Ich will nach ihr forschen und werde sie finden!“ rief er eilig.
    Tiefes Schweigen folgte. Man konnte das rasche Atmen des Vinicius und den entfernten Gesang der im Garten arbeitenden Sklaven vernehmen.
    Nach einiger Zeit, als der Grieche merkte, daß der junge Patrizier ruhiger geworden war, nahm er die Rede wieder auf.
    „Der Tod ging an mir vorüber, obwohl ich ihm mit der Ruhe eines Sokrates ins Auge sah. Nein, Herr, ich habe nicht gesagt, daß ich die Nachforschungen nach dem Mädchen aufgebe; ich wollte dir nur zeigen, daß es jetzt mit großen Gefahren für mich verbunden ist. Einmal schon hast du gezweifelt, daß ein gewisser Euricius auf dieser Welt sei, und obwohl du dich mit deinen eigenen Augen überzeugtest, daß der einzige Sohn meines Vaters dir die Wahrheit sagte, hegst du jetzt neuerdings Verdacht, als hätte ich den Glaukos nur erfunden. Oh, ich wollte, er wäre nur ein Phantasiegebilde, dann könnte ich gefahrlos unter die Christen gehen wie bisher; aber Glaukos lebt, Herr, und hätte er mich erblickt, würdest du mich nicht mehr lebend gesehen haben. Wer könnte dann das Mädchen finden?“
    Darauf schwieg er abermals und trocknete seine Tränen.
    „Wie kann ich nach Lygia suchen, solange Glaukos lebt?“ fuhr er fort. „Ich laufe bei jedem Schritt Gefahr, ihm zu begegnen; geschieht es, so bin ich verloren, und alle Nachforschungen sind dahin.“
    „Wohinaus willst du, was kann geschehen, was soll getan werden?“ forschte Vinicius.
    „Aristoteles lehrt uns, Herr, daß geringere Dinge für größere geopfert werden sollen, und König Priamos pflegte zu sagen, das Alter sei eine schwere Bürde. Auf Glaukos lasten, mit dem Unglück gepaart, die Jahre seit langem und so schwer, daß der Tod für ihn eine Wohltat wäre. Denn was ist der Tod nach Seneca anderes als eine Befreiung!“
    „Spiele den närrischen Philosophen mit Petronius, nicht mit mir! Sage, was willst du?“
    „Wenn die Tugend Narrheit ist, dann mögen die Götter mir gewähren, mein Leben lang ein Narr zu sein. Ich wünsche, Herr, daß dieser Glaukos beseitigt wird; denn solange er lebt, ist mein Leben, sind meine Nachforschungen in beständiger Gefahr.“
    „Miete Männer, die ihn mit Knütteln totschlagen; ich will sie bezahlen.“
    „Sie werden dich ausbeuten, Herr, aus dem Geheimnis Nutzen ziehen. Es gibt in Rom so viele Mörder wie Sandkörner in der Arena, aber du glaubst nicht, wieviel sie fordern, wenn einmal ein ehrlicher Mensch ihrer Schlechtigkeit bedarf. Nein, würdiger Tribun, das weißt du nicht. Wenn aber gar die Vigilen sie auf frischer Tat ertappten, was dann? Dann nennen sie den, der sie dingte, und du kämst damit in Unannehmlichkeiten. Auf mich werden sie nicht weisen, und ich nenne ihnen meinen Namen nicht. Du tust unrecht, mir zu mißtrauen; denn abgesehen von meinem Scharfsinn, handelt es sich doch für mich noch um zwei andere Dinge – um mein Leben und die mir zugesagte Belohnung.“
    „Wieviel brauchst du?“
    „Tausend Sesterze, damit ich ehrliche Mörder dingen kann, Männer, die nicht erst schweres Geld nehmen, um spurlos damit zu verschwinden. Ein gutes Werk muß gut bezahlt werden. Etwas muß dabei auch mir zugute kommen, damit ich die Tränen des Mitleids für Glaukos damit wegwischen kann. Die Götter sind meine Zeugen, wie ich ihn liebe. Wenn ich heute tausend Sesterze bekomme, so ist seine Seele nach zwei Tagen im Hades; bewahrt sie dort das Gedächtnis und die Gabe des Gedankens, dann

Weitere Kostenlose Bücher