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Quo Vadis

Quo Vadis

Titel: Quo Vadis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henryk Sienkiewicz
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Freigelassenen.‘ Wenn das nicht hilft, dann hilft nichts.“
    „Ich danke dir auch dafür“, war die Antwort des Feldherrn.
    Darauf ließ er sich zu Marcus Vinicius tragen, den er bei einer Fechtübung mit seinem Waffenlehrer traf. Wütender Zorn erfaßte Aulus, als er den jungen Mann sich ruhig im Fechten üben sah, während der Anschlag auf Lygia ausgeführt wurde. Der Vorhang war daher kaum hinter dem Fechtmeister gefallen, als sein Zorn sich in einer Flut bitterer Vorwürfe und Anklagen äußerte. Aber Marcus hatte kaum die Wegführung Lygias vernommen, als er so schreckensbleich wurde, daß Aulus ihn keinen Augenblick länger für einen Mitschuldigen der Tat halten konnte. Auf der Stirn des jungen Mannes hingen Schweißtropfen; sein Blut, das einen Moment lang nach dem Herzen zurückgeströmt war, flutete wieder in heißer Welle ins Antlitz, seine Augen flammten, sein Mund stieß unzusammenhängende Fragen hervor. Eifersucht und Wut tobten wie ein Gewittersturm in seinem Innern. Es schien ihm, als sei Lygia, sobald sie einmal die Schwelle des kaiserlichen Palastes überschritten, auf immer für ihn verloren. Als Plautius den Namen Petronius erwähnt hatte, durchzuckte ihn gleich einem Blitzstrahl der Argwohn, Petronius könnte sein Spiel mit ihm getrieben haben, um entweder durch das Geschenk des Mädchens sich neue Gunst bei Nero zu sichern oder Lygia für sich selber zu behalten. Daß irgend jemand, der Lygia gesehen, nicht gleich ihren Besitz verlange, schien ihm ja ganz ausgeschlossen. Der Jähzorn, ein Erbteil seiner Familie, riß ihn fort wie ein scheuendes Pferd und beraubte ihn jeder vernünftigen Überlegung.
    „Feldherr“, sprach er mit stockender Stimme, „kehre heim und erwarte mich. Und wenn Petronius mein eigener Vater wäre, ich würde das Unrecht rächen, das er Lygia getan hat. Kehre heim und erwarte mich. Weder Petronius noch Nero soll sie besitzen.“
    Mit geballten Fäusten wandte er sich gegen die Wachsfiguren, die bekleidet im Atrium standen, und stieß hervor:
    „Bei diesen Masken! Lieber will ich sie und mich töten!“
    Indem er Aulus ein abermaliges „Erwarte mich!“ zurief, rannte er wie wahnsinnig durch das Atrium hinaus, in der Richtung zu Petronius, wobei er sich rücksichtslos den Weg durch die Menschenmenge bahnte.
    Mit etwas neuer Hoffnung machte Plautius sich auf den Heimweg. Er war überzeugt, falls Petronius deshalb den Kaiser überredet hätte, Lygia wegholen zu lassen, um sie Marcus Vinicius zu übergeben, so würde dieser das Mädchen wieder zurückbringen. Schließlich fand er nicht geringen Trost in dem Gedanken, daß Lygia, falls sie nicht zu retten wäre, doch gerächt und durch den Tod vor der Schmach bewahrt würde. Er glaubte an die Versprechungen des jungen Kriegers; denn er hatte seine Wut gesehen und kannte die Erregbarkeit der Glieder dieser Familie. Er selber, der doch Lygia wie eine Tochter liebte, würde ihr lieber den Tod gegeben als sie an Nero ausgeliefert haben, und sicherlich hätte er es getan, wäre nicht die Sorge um den Sohn, den letzten Sproß seines Stammes, ihm hindernd in den Weg getreten. Aulus war eine Soldatennatur. Er hatte zwar kaum etwas von den Stoikern gehört; doch sein Charakter paßte gut zu deren Grundsätzen: Tod war seinem Stolze willkommener als Schande.
    Als er heimgekehrt war, beruhigte er Pomponia, indem er ihr den Trost, den er gefunden, mitteilte. Und beide harrten auf Nachricht von Marcus Vinicius. Sooft im Atrium die Schritte eines Sklaven hörbar wurden, dachten sie, Marcus bringe vielleicht die geliebte Tochter zurück, und fühlten sich im tiefsten Innern bereit, beide zu segnen. Aber die Zeit verstrich, ohne daß Nachricht kam. Erst gegen Abend hörte man die Schläge des Hammers an der Tür.
    Ein Sklave trat ein und übergab Aulus einen Brief. Obschon er gern seine Selbstbeherrschung zur Schau trug, nahm der Feldherr ihn mit zitternder Hand entgegen und las so hastig, als ob das Wohl seines ganzen Hauses davon abhinge.
    Plötzlich verfinsterte sich sein Gesicht, wie wenn der Schatten einer vorüberziehenden Wolke darauf gefallen wäre.
    „Lies“, wandte er sich an Pomponia.
    Sie nahm den Brief und las.
    „Marcus Vinicius grüßt Aulus Plautius. Was geschah, geschah nach dem Willen des Cäsars, dem Ihr Euch fügen müßt, wie ich und Petronius uns fügen müssen.“
    Langes, tiefes Schweigen folgte.

VI
    Petronius war daheim gewesen. Der Türhüter hatte nicht gewagt, Marcus aufzuhalten, der wie ein Windstoß

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