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Rachsucht

Titel: Rachsucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: M Gardiner
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kämpfte, sich ein neues Leben aufzubauen. Er wurde wegen fahrlässiger Tötung mit Haftbefehl gesucht, und nun steckte er irgendwo hier in der Menge.

    Ich prallte gegen eine Frau, die mir in die Quere geraten war, brüllte »Entschuldigung!« und rannte weiter.
    Franklin Brand, ein leitender Angestellter, hatte an einem Abend wie diesem mit seinem Dienstwagen einen Ausflug in den Mission Canyon unternommen. Hinter einer Kurve stieß er auf Isaac und Jesse, die mit dem Rad für einen Triathlon trainierten. Brand sah sie viel zu spät. Die Bremsspuren begannen erst nach dem Punkt des Aufpralls, als er selbst in den Abgrund zu stürzen drohte.
    An der Ecke musste ich an einer roten Ampel warten. Während die Autos an mir vorüberströmten, suchte ich mit den Blicken die andere Straßenseite ab. Sobald sich eine Lücke im Verkehr auftat, rannte ich über die Kreuzung. Immer wieder rempelte ich Fußgänger an und bedachte sie mit einer über die Schulter geworfenen Entschuldigung.
    Am Tag nach dem Unfall hatte sich eine anonyme Anruferin bei der Polizei gemeldet und Franklin Brand als den Fahrer identifiziert. Der Beamte hatte sich erkundigt, woher sie wusste, dass Brand am Steuer gesessen hatte. Die Antwort, die im Polizeibericht wortwörtlich dokumentiert war, fiel kurz und bündig aus.
    »Weil ich bei ihm war. Ich hatte seinen Schwanz im Mund, als es passiert ist.«
    Sie erklärte der Polizei, wo Brands Auto zu finden war. Der Wagen stand ausgebrannt und verlassen in den Bergen hinter der Stadt, aber Brand besaß einen Reisepass und Offshore-Konten, auf denen Millionen von Dollar lagen. Bis der Richter Haftbefehl erlassen hatte, war er bereits in Mexiko-Stadt. Dort verlor sich die Spur.
    Was zum Teufel hatte er ausgerechnet am heutigen Abend mitten in Santa Barbara verloren? Ich hatte keine Ahnung,
aber ich würde ihn nicht entwischen lassen. Ein Stück entfernt entdeckte ich in der Menge ein blaues Hemd. Mir stockte der Atem. Der Mann hatte braunes Haar und trug eine kakifarbene Hose. Die Größe stimmte auch. Ich schloss zu ihm auf.
    Nach dem Unfall hatte ich Brands Foto in der Zeitung studiert: teigige Haut und beginnende Hängebacken. Gelangweilter Gesichtsausdruck. Vor mir drehte sich der Kerl in dem blauen Hemd um, und ich erhaschte einen Blick auf seine von einer Neonreklame in rotes Licht getauchten Züge. Ich verlangsamte das Tempo und musterte ihn angestrengt.
    Mich überlief es eiskalt. Die Augen, der Mund. Das war er.
    Ich zögerte. Sollte ich eine Bürgerfestnahme riskieren? Oder »Stop, in the name of love« brüllen? Er beschleunigte das Tempo.
    Ich musste die Polizei rufen. Während ich noch in meiner Handtasche nach meinem Mobiltelefon kramte, torkelten zwei Studenten singend aus einem mexikanischen Restaurant, rammten mich und schlugen mir das Telefon aus der Hand.
    »Oh, Mann!«, sagte der eine. »Da hast du ja was Schönes angerichtet!«
    Ich bückte mich und schnappte mir das Handy, bevor es zertrampelt wurde. Dann richtete ich mich auf und schaute mich um. Wo war Brand?
    Drei Meter vor mir entdeckte ich das blaue Hemd am Straßenrand. Er hob den Arm zu einer Geste, die in allen Städten dieser Welt verstanden wird. Ein gelbes Taxi stoppte. Ich konnte es nicht fassen. In Santa Barbara kommen
Taxis etwa so häufig vorbei wie der Weihnachtsmann mit seinem Schlitten.
    Als er nach dem Türgriff langte, stürzte ich mich von hinten auf ihn und riss ihm dabei die Füße weg.
    Wir prallten gegen das Taxi und fielen auf den Gehsteig. Die Perücke rutschte mir über die Augen. Brand entwich pfeifend die Luft aus den Lungen. Mein Knie schlug auf dem Beton auf, und die Pailletten an meinem Kleid klickten. Dann lag ich auf ihm.
    Er wand sich unter mir.
    »Rufen Sie die Polizei«, brüllte ich niemand Bestimmtem zu, während ich mir die Perücke aus den Augen schob, dann verstummte ich.
    Der Mann starrte mich an und hob kapitulierend die Hände. »Sie können das Taxi haben. Ich nehme ein anderes.«
    Er war mindestens fünfundfünfzig, hatte einen schmalen Schnurrbart und distinguierte südländische Züge. Sein Haarteil saß genauso schief wie meine Perücke. Mit Brand hatte er nicht die geringste Ähnlichkeit.
    Beschämt rappelte ich mich auf, entschuldigte mich und half ihm auf die Beine. Während er an seinem Toupet herumfummelte, bürstete ich ihm den Staub vom Hemd.
    »Tut mir furchtbar leid«, sagte ich zum fünfzehnten Mal.
    Er wedelte abwehrend mit der Hand. »Verschwinden Sie schon.«
    Mit

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