Radieschen von unten
einfach über andere Menschenbestimmen«, ereiferte sich Elfie. »Trixi will nun einmal nicht zu Ihnen zurück.«
»Das werden wir ja sehen.« Harry lachte höhnisch auf. »Was geht Sie alte Schnepfe die Sache überhaupt an? Verschwinden Sie!«
Er machte eine abfällige Handbewegung, ging ein paar Schritte zurück und brüllte: »Los, raus hier!«
Elfie war so außer sich, dass sie nicht auf Amadeus geachtet und die Leine locker gelassen hatte. Voller Entsetzen registrierte sie, dass der Hund Harry hinterhergetrottet war und nun neugierig an dessen Hosenbeinen schnüffelte.
Noch bevor sie den Mops in Sicherheit bringen konnte, trat Harry nach ihm. Doch Amadeus wich mit einer Geschicklichkeit, die Elfie ihm gar nicht zugetraut hätte, Harrys Fuß aus und schnappte beherzt danach.
»Du blöde Töle!«, schrie Harry und taumelte rückwärts.
Elfie, die vor Schreck die Leine fallengelassen hatte, eilte zu den beiden hin. Amadeus sprang laut kläffend an Harry hoch und drängte ihn immer weiter nach hinten.
»Pfeifen Sie endlich Ihren Höllenhund zurück«, befahl er barsch.
Inzwischen hatte er den Rand der Terrasse erreicht. Amadeus bellte ihn immer noch aus Leibeskräften an. Harry verlor das Gleichgewicht, fiel nach hinten gegen das Absperrband und ruderte hilflos mit den Armen.
»Vielleicht hätten Sie doch das Geländer aus Schmiedeeisen behalten sollen«, sagte Elfie.
Sie hob ihren Schirm und stubste Harry damit leicht gegen die Brust, so dass er vollends das Übergewicht bekam.
Das Plastikband riss, und Harry segelte nach unten.
13 Stockwerke dürften reichen.
Elfie kniete sich neben Amadeus und nahm ihn liebevollin den Arm. »Du machst deiner Rasse wirklich alle Ehre mit deinem Mut und deinem Erfindungsreichtum. Wenn du nicht auf die Idee gekommen wärst, wer weiß, ob wir das Problem so sauber gelöst hätten.«
Schade, dass sie Alex nichts davon erzählen konnte. Denn eigentlich müsste diese auf Amadeus’ unerschrockenen Einsatz sehr stolz sein. Sie hatte doch selbst gesagt, dass Angriff die beste Verteidigung sei. Elfie wertete das als Auftrag, den Amadeus und sie nun umgesetzt hatten.
»Komm, Amadeus! Wir haben unsere Aufgabe erfüllt. Wir gehen nach Hause.«
21.
Die Oktobersonne schien von einem leuchtend blauen Himmel, auf dem ein paar harmlose Schäfchenwolken gemächlich dahinzogen. Was für ein Geschenk zu dieser Jahreszeit, dachte Elfie und atmete tief durch. Sie war mit sich und der Welt im Reinen.
Das sonnige, klare Wetter spiegelte nicht nur ihren Gemütszustand wider, sondern eignete sich auch hervorragend für den Segelausflug, zu dem Alex mit ihrem neuen Verehrer aufgebrochen war. Diese schien sich gerade von Hubert abzunabeln, der vor lauter Regenwürmern wohl den Blick für das Wesentliche im Leben verloren hatte.
Elfie freute sich darüber, dass Alex sich nun auch nichts mehr von ihrem Freund gefallen ließ. Lieber ein Ende mit Schrecken als ein Schrecken ohne Ende. Vielleicht entpuppte sich ja der Staatsanwalt als der Richtige. Gern hatte Elfie sich jedenfalls bereit erklärt, Amadeus zu hüten, damit Alex zum Segeln gehen konnte. Hubert musste offenbar wieder einmal am Wochenende arbeiten.
»Kannst du eigentlich schwimmen?«, fragte Elfie den Mops, der gerade stehen geblieben war, um sein Beinchen an einem Baum zu heben. »Was für eine Katastrophe, wenn du über Bord gehen würdest. Wir brauchen dich schließlich noch.«
Amadeus sah Elfie aufmerksam an, dann lief er weiter.
Die ausgedehnten Spaziergänge mit dem Hund taten ihr gut. Fröhlich begann sie zu singen: »Das ist die Liebe der Matrosen …« und dachte dabei ganz fest an Alex und ihren Prinzen.
»Ahoi! Die Welt ist schön, dann woll’n wir mal ein Ding dreh’n. Die Sache wird schon schiefgeh’n. Jawoll, Herr Kapitän«, sang Elfie weiter und blieb abrupt stehen.
Sie schlug die Hand vor den Mund, als ihr bewusst wurde, dass dieses Lied der Comedian Harmonists in direktem Bezug zu den jüngsten Ereignissen stand.
Amadeus und sie hatten »ein Ding gedreht«, es war »schon schiefgegangen«, denn Harrys Sturz wurde als Unfall eingestuft. Und seither war die Welt noch viel schöner. Jawoll, Herr Kapitän!
Trixi war regelrecht aufgeblüht, wurde von Tag zu Tag unbeschwerter. Mit ihrem fröhlichen Naturell gelang es ihr auch, Carlos aufzuheitern. Dieser litt natürlich noch unter dem Tod seiner Mutter sowie unter den erschreckenden Erkenntnissen, die er in den vergangenen Wochen über sie hatte gewinnen
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