Raumschiff 5 - Carialle
»Vielleicht braucht das IÜP ein KI-Element, um sofort alle Bewegungsmuster oder Gesten auf Sinninhalte zu analysieren, um sie dem Arbeitsglossar hinzuzufügen. Ich werde das IÜP als nächstes auf Menschen anwenden, um die Macken des Programms vielleicht auf diese Weise zu beheben. Beim Menschen weiß ich schließlich, was er von sich gibt.«
»Sollte das funktionieren«, bemerkte Simeon mit
wachsendem Interesse, »und solltest du damit tatsächlich Körpersprache verstehen können, wäre das ein
Entwicklungsschritt, der über alles hinausführt, was auf dem Gebiet der Übersetzung bisher geleistet wurde. Dann würde man von dir behaupten, daß du Gedanken lesen kannst.
Weichschalen sagen ja nur selten, was sie wirklich meinen –
aber sie offenbaren es durch Körperhaltung und Gestik. Ich könnte mir tausend nützliche Anwendungsgebiete allein hier in den Zentralwelten dafür denken.«
»Und was die Flatulenten betrifft, gibt es keinen Grund, von ihrer weiteren Erforschung abzuraten, um ihnen schließlich den ISS-Status zu gewähren. Denn es besteht kein Zweifel mehr daran, daß es sich um intelligente Wesen mit einer stabilen Zivilisation handelt, so primitiv sie auch sein mag«, ergänzte Keff. »Und genau das werde ich auch dem
Zentralkomitee in meinem Bericht mitteilen. Iricon III gehört auf die Anwärterliste.«
»Ich wünschte mir, daß ich dann dort Mäuschen spielen könnte«, meinte Simeon mit schadenfrohem Grinsen. »Wenn die nämlich erst ein Forschungsteam dort hinschicken, das versuchen muß, mit denen zu kommunizieren… Die ganze Veranstaltung wird sich anhören wie ein einziger Park voller defekter Maschinen. Na ja, die CenCom wird sich freuen, von einer weiteren Rasse intelligenter Wesen zu erfahren.«
»Ich weiß«, bestätigte Keff ein wenig traurig, »aber es ist nicht gerade die Rasse aller Rassen, wenn du verstehst, was ich meine.« Unter dieser Bezeichnung verstanden Keff und Carialle den flüchtigsten aller heiligen Grale, nämlich eine Alien-Rasse, die kulturell und technologisch fortgeschritten genug war, um der Menschheit ebenbürtig zu sein, eine Rasse, die völlig unabhängig von den Menschen
Computerwissenschaften und Raumfahrt entwickelt hatte.
»Wenn irgend jemand einmal die Rasse aller Rassen
aufstöbern sollte, dann ihr beide«, erklärte Simeon in ungeschminkter Ernsthaftigkeit.
Carialle brachte die letzten Kilometer bis zur Andockstation hinter sich und schaltete ihre Maschinen herunter, als die Magnetgreifer sie an sich drückten und das Vakuumsiegel sich um die Luftschleuse schmiegte.
»Endlich wieder zu Hause«, seufzte sie. Die Bugbeleuchtung begann zu flackern, als Simeon per Funkstoß eine
Dekontaminationsanforderung für die CK-963 aussandte. Keff erhob sich von den Instrumentenpaneelen und kehrte in seine Kabine zurück, um dafür Sorge zu tragen, daß alle
persönlichen Gegenstände eingeschlossen wurden, bevor die Dekontaminationsmannschaft an Bord kam.
»Wir sind mit allem knapp dran, Simeon«, sagte Carialle. »In den Proteintanks herrscht Ebbe, mein Nährstoffpegel nähert sich der roten Marke, und die Treibstoffzellen sind ebenfalls leer. Einmal auftanken, bitte.«
»Im Augenblick sind wir selbst ziemlich knapp mit
Nachschub bestückt«, erwiderte Simeon, »aber ich werde euch geben, was ich habe.« Nach kurzer Pause fuhr seine Stimme fort: »Ich habe gerade mal den Posteingang geprüft. Für Keff liegen zwei Pakete dort. Die Frachtpapiere lauten auf Schaltungen und auf eine ›Rotoflex‹. Was soll das sein?«
»Ha!« machte Keff erfreut. »Trainingsausrüstung. Mit einer Rotoflex kann man die Brust-und Rückenmuskulatur – ohne Beeinträchtigung der restlichen Muskeln entwickeln.« Er legte die flachen Hände auf die Rippen und atmete tief ein, um es vorzuführen.
»Das fehlt mir gerade auf meinem Deck! Noch so ein Stück schepperndes Schwermetall«, sagte Carialle mit einem Geräusch, das bei ihr als Seufzen galt.
»Wo bleibt denn eigentlich deine Lieferung, Carialle?« fragte Keff mit Unschuldsmiene. »Ich dachte, du wolltest dir bei Moto-Prothesen einen Körper ordern.«
»Da hast du aber ganz schön falsch gedacht, mein Lieber«, antwortete Carialle, empört, daß er ihr altes Streitthema wieder zur Sprache brachte. »Ich fühle mich in meiner Haut sehr wohl, danke der Nachfrage.«
»Du würdest es genießen, mobil zu sein, meine edle Dame«, konterte Keff. »Was dir doch alles dadurch entgeht, daß du an einen Ort gebunden bleibst!
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