Raus aus dem Schneckenhaus
fühlen und sich aus der Perspektive der anderen zu betrachten beginnen. Oder stellen Sie sich vor, Sie gehen mit einem Bekannten in ein Lokal mit vielen freien Tischen. Wohin würden Sie sich setzen? In die Mitte, an den Rand oder in eine Ecke? Die Tische in der Mitte werden gewöhnlich zuletzt besetzt. Warum wohl? Weil wir niemanden im Rücken haben möchten, der uns beobachten könnte, ohne dass wir ihn im Blick haben.
Beurteilungsängste – Angst vor dem Versagen in Leistungssituationen
Sind Sie aufgeregt in Situationen, in denen Sie einen guten Eindruck machen möchten? Fühlen Sie sich unwohl, wenn Sie einer Bewertung oder gar dem kritischen Urteil anderer Menschen ausgesetzt sind? Wie sehr stresst es Sie, wenn Sie vor und in Leistungssituationen mit einer Beurteilung rechnen müssen?
Menschen mit erheblichen Beurteilungsängsten haben Angst vor einer kritischen Bewertung in allen Situationen, in denen zumindest eine minimale Interaktion mit einem oder mehreren Beobachtern besteht. Sie möchten kompetent sein oder zumindest nach außen hin so wirken und leben dauernd in der Angst, sich zu blamieren oder gänzlich zu versagen. Sie fürchten Kritik und halten ständig Ausschau nach Bewertungen ihres Verhaltens. Bei Vorträgen und Referaten steigt die Angst der Betroffenen umso stärker, je unsicherer sie innerlich sind und je größer ihr Bedürfnis nach unmittelbarem und positivem Feedback ist. Im Vergleich zu Beobachtungsängsten handelt es sich bei diesen Befürchtungen um Mittelpunktsängste mit Leistungsbeurteilung .
In folgenden typischen Situationen können mehr oder weniger belastende Leistungs- und Versagensängste auftreten, da die Betroffenen eine kritische oder gar negative Bewertung befürchten:
Prüfungen jeder Art: in der Schule, auf der Universität bzw. Hochschule, in der beruflichen Aus- und Weiterbildung, am Arbeitsplatz (Dienstprüfungen, Dienstbeurteilungen, Bewerbungsgespräche), in Vereinen (sportliche Wettbewerbe), in der privaten Ausbildung (Musikschule, Konservatorium), in der Fahrschule,
verbale Präsentationen: Referate, Vorträge, Ansprachen halten, Unterrichtsgespräche führen, bei Meetings und Diskussionen das Wort ergreifen, sich bei Radio- und Fernsehinterviews, Musik- und Theateraufführungen sowie allen anderen öffentlichen Auftritten präsentieren, die einer Kritik unterzogen werden könnten,
nonverbale Präsentationen: sportliche und künstlerische Darbietungen sowie auch alle Routinehandlungen, die aus der Sicht der Betroffenen bei anderen Menschen eine kritische Beurteilung auslösen könnten, wie etwa Schwimmen, Tanzen oder Autofahren mit einem Beifahrer,
Gespräche mit Vorgesetzten und sonstigen Autoritätspersonen , aber auch Kontakte mit zahlreichen anderen Personen, deren Beurteilungskompetenz gefürchtet wird, wie etwa mit Ärzten, Psychologen und Psychotherapeuten.
Prüfungsängste sind die wohl häufigsten Beurteilungsängste, gefolgt von Ängsten vor öffentlichem Sprechen. Haben Sie während der Schulzeit und der späteren Ausbildung unter Prüfungsängsten gelitten? Wie gerne haben Sie bisher vor Publikum gesprochen? Erleben Sie Versagensängste in Ausbildung, Beruf und Freizeit auch dann, wenn Sie gut vorbereitet sind oder bereits vor der Präsentation als fachlich anerkannt gelten? Was genau macht Sie eigentlich so »nervös«? Ist es eher die Unsicherheit, dass Sie in Leistungssituationen nicht eins zu eins umsetzen können, was in Ihnen steckt, oder geht es Ihnen primär darum, bei anderen einen guten Eindruck zu hinterlassen? Im ersten Fall, wo es um den Sachaspekt geht, ärgern Sie sich als ehrgeiziger Mensch vermutlich mehr über sich selbst, weil Sie mögliche Fehler von vornherein schwer tolerieren können. Im zweiten Fall, wo es um den Beziehungsaspekt geht, fürchten Sie wohl den Verlust der sozialen Anerkennung. Wenn beides gleichermaßen zutrifft, sind Sie nicht zu beneiden: Soziale Ängste in Beurteilungssituationen sind umso belastender, je mehr die Angst zu versagen mit der Angst vor sozialer Kritik oder gar Ablehnung einhergeht. Wir möchten Ihnen jedoch Mut machen: Auch Sie können sich von Ihrer Angst befreien.
Sie sind in guter Gesellschaft: Das Wort vor einer kleineren oder größeren Gruppe zu ergreifen, fällt oft auch jenen schwer, die gut kontaktfähig und fachlich kompetent sind. Öffentliches Sprechen oder ein Rendezvous bewirkt bei vielen von uns Aufregung und Nervosität. Prüfungen lösen auch bei vielen bestens vorbereiteten
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