Reisestipendien
geben.«
Frau Patterson konnte sich eines Lächelns nicht erwehren.
»Das ist wohl unnötig, lieber Horatio.
– Wieso… unnötig?« rief Patterson ebenso verwundert wie verblüfft.
Dieser kleine Zwischenfall bedarf einer Erklärung, die hier folgen mag.
Aus übertriebener Vorsicht und in seinem maßlosen Eifer, in allem die peinlichste Ordnung zu halten, war der ängstliche Verwalter der Antilian School, dem im vorliegenden Falle sein Testament noch nicht ausreichend schien, auf den barocken Gedanken gekommen, sich vor der Abreise – von seiner Frau scheiden zu lassen. Wenn dann keine Nachricht von ihm eintraf und er vielleicht niemals wiederkehrte, brauchte Frau Patterson nicht jahre-und jahrelang zu warten, ehe sie jede Bevormundung von sich abschütteln konnte, wie das manche Frauen großer Reisender zu ihrem Leidwesen erfahren haben. Patterson konnte es nicht über sich gewinnen, daß seine Nachlaßangelegenheiten nicht auch schon während seiner Abwesenheit bis aufs kleinste geregelt wären, und daß seine teure Lebensgefährtin, als Lohn für ihre Liebe und Treue, nicht sofort über ihre Person und ihr kleines Vermögen verfügen könnte, wie das jeder rechtschaffenen Witwe erlaubt ist.
Hatte sich Patterson aber so sehr in seinen Gedankengang verbissen, daß jeder, und auch ein noch so begründeter Widerspruch vergeblich gewesen wäre, so war doch seine würdige Gattin ebenso fest entschlossen, ihren Willen durchzusetzen und auch unter den vorliegenden außergewöhnlichen Verhältnissen auf keine Ehescheidung einzugehen. Neben der Starrsinnigkeit des Verwalters zeichnete diesen aber auch eine gute Portion Zerstreutheit aus – was aus unserer Erzählung ja vielfach hervorgeht – und darauf rechnete Frau Patterson, alles nach ihrem Wunsche ablaufen zu sehen. Im Einverständnis mit einem Rechtsanwalte, einem bewährten alten Hausfreunde, hatte sie vorgetäuscht, sich dem Verlangen ihres Gatten zu fügen. Bei der erklärlichen Seelenerregung, die ihm die Scheidungsformalitäten verursachten und die Frau Patterson voraussah, hatte ihr Gatte auf die Vorgänge dabei aber gar nicht geachtet.
»Nein, lieber Patterson, ich habe den Vertrag nicht unterzeichnet, wir sind niemals durch einen Scheidungsprozeß getrennt gewesen, unser Ehekontrakt besteht noch jetzt und für immer, wie er einst abgeschlossen wurde.
–
Ne varietur!«
antwortete Herr Patterson und schloß die treue Lebensgefährtin zärtlich in die Arme.
Ende.
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