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Requiem für eine Sängerin

Requiem für eine Sängerin

Titel: Requiem für eine Sängerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Corley
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Latexanzug, streifte die Kapuze ab und rollte sie zusammen, öffnete die Klettverschlüsse an den Seiten und bemühte sich, nicht mehr Blutspritzer als nötig zu hinterlassen. Die Handschuhe behielt er an, bis er Anzug und Schuhe in einer Plastiktüte verstaut hatte, dann streifte er sie ab, legte sie auf das Bündel und stopfte alles in eine gefütterte Tragetasche. Um die Gefahr, doch Fingerabdrücke zu hinterlassen, vollkommen auszuschließen, trug er noch ein zweites Paar Latexhandschuhe.
    Es war eisig kalt, und er erschauerte unwillkürlich, als er seine Straßenkleidung und einen hellgelben Regenmantel aus dem Rucksack holte. Nachdem er sich angekleidet hatte, verließ er den Musiktrakt und zog sorgfältig die Tür hinter sich zu. Zu spät dachte er an den Schlüssel. Im Schloss steckte er nicht, und auf dem Boden lag er auch nicht; sie musste ihn in der Hand behalten haben, als sie floh. Er würde die Tür unverschlossen lassen müssen. Sein Rad, ein schlankes Rennrad, das er zwei Wochen zuvor auf dem Flohmarkt gekauft hatte, lag im Gebüsch versteckt. Die London Road war so gut wie verlassen. Vor ihm rollte eine 250er Honda röhrend vom Parkplatz des White Lion. Sie passierte ihn, als er nach rechts abbog, und bespritzte ihn mit einem Schwall Wasser.
    Sechs Minuten später fuhr er durch Hedgefield. Er behielt die Straßen und Wege im Auge und beobachtete die Fenster der angrenzenden Häuser. Niemand war unterwegs, die Fenster leere, blinde Augen. Er wendete gemächlich und fuhr zurück zu Nummer 1. Es gab kein Versteck für das Fahrrad, daher schob er es in die Küche. Zuerst war es vollkommen still in dem Haus, aber dann hörte er ein Kratzen und schrilles Wimmern. Im Handumdrehen hatte er das sauber geputzte Messer aus dem Ärmel gezogen und nahm eine geduckte Haltung ein. Die Tür zum Wohnzimmer ging auf, und er wappnete sich für einen Angriff. Ein winziges, schwarzbraunes Gesicht erschien in zwanzig Zentimeter Höhe neben dem Türrahmen; zwei weitere folgten. Die Katzen starrten ihn misstrauisch an und fauchten leise.
    Der Eindringling lachte leise, in dem stillen Haus ein überraschend normaler Laut. «Verschwindet», sagte er leise. «Ich habe keine Zeit für euch.» Das war das zweite Mal in drei Tagen, dass er Worte laut aussprach, und es überraschte ihn, wie eingerostet seine Stimme klang. Vorsichtig zwängte er sich an den Katzen vorbei und begann seine Suche im Wohnzimmer. Nichts von Interesse. Es dauerte keine fünf Minuten, die kleine Kommode in der Ecke zu durchsuchen. Ein paar Wertgegenstände steckte er ein, nur um die Polizei zu verwirren. Auf dem Schreibtisch unter dem Fenster lag ein angefangener Brief, daneben offenbar eine Rohfassung. Der Name der Adressatin weckte sein Interesse, also steckte er die Papiere ein, um sie sich später genauer anzuschauen.
    Auch im Esszimmer fand sich nichts Interessantes, aber in der Diele entdeckte er die Post, die noch auf dem Teppich lag. Ein dicker Umschlag, handschriftlich adressiert, befand sich darunter, und die perfekte, schwungvolle Schrift kam ihm bekannt vor. Der Umschlag war nur achtlos zugeklebt worden; er riss ihn auf, nahm den beigefarbenen Briefbogen heraus und las. Die übrige Post ließ er wieder auf den Boden fallen, den Brief aber steckte er zu den anderen Papieren in die Tasche.
    Oben befanden sich zwei Schlafzimmer. Bei einem handelte es sich zweifelsohne um ein großes Gästezimmer mit Doppelbett, Schrank und Nachttischchen. Es enthielt nichts, das Aufmerksamkeit verdiente. Ihr kleineres Schlafzimmer ging zum Garten hinaus und war dezent und geschmackvoll eingerichtet; zwei Einbauschränke, eine Kommode mit Spiegel, ein Nachttisch und in der Ecke ein kleiner Tisch mit Decke, auf dem eine Topfpflanze stand. Kein Stuhl; sie musste sich im Stehen frisiert und geschminkt haben.
    Seine Hoffnung, etwas zu finden, wuchs; dies war das Herz des Hauses. Er fing mit der Kommode an, arbeitete sich zielstrebig von oben nach unten durch die Schubladen, fand aber außer der üblichen Damenbekleidung nichts. Er versuchte es mit dem Nachttisch – nur eine abgegriffene Bibel und ein erotisches Buch über die Pariser Gesellschaft der zwanziger Jahre. Die Suche unter dem Kissen förderte ein zusammengeknülltes Taschentuch und ein Nachthemd zutage; die Schränke – sehr ordentlich, die Kleidungsstücke nach Farben und Art sortiert – bargen keinerlei Geheimnis. Langsam wurde er wütend. Es musste etwas hier sein; für gewöhnlich waren seine

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