Rettungskreuzer Ikarus Band 032 - Vor der großen Stille
vielleicht bessert sich die Situation noch. Verwaltet wird die Welt von
Gouverneur Leonid Gul, und das offenbar schon seit Ausbruch des Krieges. Das
System ist bereits mehrfach überfallen worden, doch bisher konnten die
Angriffe der Outsider immer wieder abgewehrt werden. Das dürfte beim nächsten
Versuch nicht mehr klappen, denn auch die Streitkräfte bei Ephalus wurden
wohl bis auf eine Kernflotte abgezogen, um den letzten Schlag des Imperiums
vorzubereiten. Die Stimmung ist schlecht und Versorgungsengpässe beginnen
deutlich zu werden. Es gibt noch privaten Handelsverkehr, aber aufgrund des
hohen Risikos in dieser Gegend mit geringer Dichte.«
»Das heißt, wenn wir als freier Händler auftauchen, wird das
zwar ein gewisses Aufsehen erregen, aber keinesfalls völlig überraschend
sein«, fasste Sentenza zusammen. »Darauf sind wir vorbereitet. Wir
haben sogar medizinische Güter einfacher Natur nach alten Imperiumsstandards
herstellen lassen und in der Ikarus gelagert.«
Das war einfacher gewesen als erwartet. Sentenza hatte herausfinden müssen,
dass viele Produkte im Raumcorps und in den anderen Staaten des Commonwealth
mehr oder weniger nach den Standards des Zweiten Imperiums hergestellt wurden,
soweit diese die Große Stille überlebt hatten – es waren schlicht
die besten Blaupausen für den Wiederaufbau nach der erneut errungenen Fähigkeit
zum überlichtschnellen Flug gewesen. Die Ikarus war voll gestopft
mit medizinischen Gütern, die ohne Probleme als imperiale Produkte durchgehen
würden. Und stellte man die exponierte Situation dieser Welt in Rechnung,
würde der Absatz auch keine größeren Probleme darstellen.
»Wir werden Ephalus also offen anfliegen?«, fragte An'ta.
»So ist es. Wir sind hier ein unbeschriebenes Blatt und dank der Arbeit
des Priors verfügen wir über die meisten der allgemeinen Verkehrscodes
sowie eine überzeugende Schiffscodefälschung. Die Kontrollen dürften
lax sein und sobald die Einfuhrkontrolle merkt, dass wir harmlose, aber nützliche
Güter geladen haben, dürfte eine Landung auf Ephalus problemlos sein.
Natürlich kann da immer noch etwas schief gehen, aber ich hoffe mal auf
das Beste. Das größte Problem steht uns dann noch bevor, aber ich
hoffe, dass unser adlatischer Freund uns dabei wird helfen können: Wir
müssen die exakte Position der bestimmt sehr geheimen Forschungsbasis herausfinden,
auf der die Hyperbombe konstruiert wird.«
»Wir sollten Cedian zu unserer Besprechung hinzuziehen«, schlug nun
Thorpa vor. Sentenza nickte. Der Pentakka nahm eine Schaltung vor und auf der
zentralen Holografie tauchte ein originalgetreues Abbild des kleinen Adlaten
auf, der an der Außenhülle der Ikarus heftete. Das weißlich
schillernde Energiewesen hatte die Reise als Außenbordpassagier mitgemacht
und sich generell schweigsam verhalten, Adlaten schienen die typisch menschliche
Angelegenheit, alles zehnmal durchdiskutieren zu wollen, nur dann anzunehmen,
wenn es um ihre eigene, verworrene Familienpolitik ging.
»Cedian, ich denke, Sie haben mitgehört«, eröffnete Sentenza
das Gespräch. Der Adlat war ständig mit den Kommunikationseinrichtungen
des Rettungskreuzers verbunden.
»Ja, Captain. Danke. Ich habe wenig hinzuzufügen.«
Die Stimme des Adlaten klang mechanisch. Es handelte sich um eine Übersetzung
der Lichtreflexe, mit denen er gemeinhin kommunizierte, in akustische Signale,
transformiert durch den Computer der Ikarus. Adlaten waren durchaus in der Lage,
sich auch akustisch zu verständigen, aber das bedurfte langer Übung
und war anstrengend – und im Vakuum ohnehin sinnlos.
»Wie und wann können Sie möglicherweise mit Ihren Artgenossen
im Guriad-System Kontakt aufnehmen?«
»Meine Präsenz wird sich bereits beim Einflug in das System nur schwerlich
verbergen lassen. Wir sollten daher nicht allzu defensiv vorgehen.«
»Waren allein reisende Adlaten sehr ungewöhnlich?«, fragte Thorpa.
»Nicht unbedingt. Aber in dieser Endphase des Krieges gegen die Outsider
konnten einzelne Adlaten leicht Opfer eines Hinterhaltes werden. Die Gruppe
macht uns stark, da wir dann taktisch vorgehen und uns gegenseitig decken können.
Soweit ich weiß, operierten wir gegen Ende des Krieges fast ausschließlich
in etwas, was Sie wohl Geschwader nennen dürften.« Cedian machte eine
Kunstpause. »Wir waren damals noch einige mehr als heute.«
»Das wird sich ja
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