Ritter-Geist
Paar abgeben würden, und sie fand es aufr e gend, daß sie sie im Leben wieder zueinander führen konnte. Zwar liebte sie die Gespenster auf Schloß Roogna, und es würde ihr leid tun, diese beiden als Gespenster zu verlieren – aber das Leben war ja noch besser.
Jordan griff in den Beutel und holte den kleinen weißen Stein und den Schild hervor. »Diese stehen für das Leben und das Ve r treiben von Ungeheuern«, sagte er. »Aber es läßt sich nicht fes t stellen, welcher von beiden welcher ist. Man kann sie nur aktivi e ren. Ich muß eben einfach raten. Wenigstens wird keiner davon jemandem Schaden zufügen.«
»Aber…«, protestierte Renee. »Ich meine wirklich, daß du nicht…«
Jordan hielt den weißen Stein hoch. »Ich invoziere dich!« sagte er.
Der Stein gab einen Blitzstrahl von sich – und hinter ihnen knallte es. Sie blickten sich um. »Stanley ist fort!« rief Ivy entsetzt. Jordan blickte verlegen drein. »Ich hatte ganz vergessen, daß er ja ein Ungeheuer ist«, sagte er. »Er hat mir in der Nacht doch so sehr geholfen. Aber ich schätze, ein kleines Ungeheuer bleibt immer noch ein Ungeheuer.«
»Aber wo ist er denn?« wollte Ivy wissen und ließ ihren Blick durch den Obsthain schweifen.
»Da mach dir mal keine Sorgen… ich bin sicher, daß es ihm gu t geht«, meinte Jordan. »Er muß irgendwo hingeschickt worden sein, wo die Ungeheuer leben, wenn sie gerade nicht in der Gegend herumungeheuern. Ich meine, als ich auf den schwarzen Ungehe u erzauber stieß, erschien ein ziemlich gesunder Tarask, dieser Za u ber hier ist ja bloß die Umkehrung davon. Ich bin sicher, daß Stanley schon wieder nach Hause finden wird.«
»Das will ich ihm auch raten«, sagte Ivy und schob die Unterli p pe vor. »Sonst kann er was erleben!«
Jordan hielt den kleinen weißen Schild empor. »Damit bleibt nur noch dieser Zauber übrig. Das muß der richtige sein. Ich invoziere dich!«
Renees Knochen erzitterten. Dann zogen sie das weibliche G e spenst an – und als dieses sich auf das Knochenmuster legte, ve r dickten sich die gespenstischen Umrisse, wurden klarer und schließlich fester. Kurz darauf war sie zu einer nackten schönen Frau mit fließendem schwarzem Haar geworden.
Jordan starrte sie an und wich zurück, wie vom Blitz getroffen. »Threnodia!« schrie er.
»Wer?« fragte Ivy verblüfft.
Die Frau erhob sich. Traurig sah sie Jordan an. »Ich habe ve r sucht, Euch von Eurem Vorhaben abzuhalten, Barbar«, sagte sie. »Ich habe Euch gewarnt, daß ich Euch lebendig nicht gefallen würde.«
»Ihr… Ihr habt Eure Knochen mit Renees Skelett ausgetauscht!« schrie Jordan. »Ihr habt mich durch Betrug dazu gebracht, Euch wiederzubeleben anstelle der Frau, die ich liebe!« Hinter ihm schnaubte Pook zustimmend. Pook hatte Threnodia nie gemocht.
»Ich möchte wirklich einmal wissen, wie eine tote Person ihre Knochen mit der einer anderen austauschen soll?« fragte Thren o dia, immer noch in bedauerndem Ton. »Ich habe mir einfach einen anderen Namen zugelegt, damit Ihr mein Spiel nicht durchschaut.«
Das war offensichtlich die Wahrheit. »Ihr habt mich getäuscht – sogar noch im Tod!« sagte Jordan. »Sogar noch als Gespenst!«
»Sogar als Gespenst!« stimmte sie zu und schritt zu einem Kle i derbaum, wo sie sich mit großem Geschmack etwas zum Anziehen aussuchte. Ivy hatte noch nie eine wohlgestaltetere Frau gesehen. Die einzige Ausnahme war ihre Mutter Irene. Threnodia ergriff wieder das Wort. »Das war die grausamste Lüge von allen.«
Jordans Vorfreude hatte sich abrupt in verdutztes Entsetzen verwandelt. »Aber… warum? Ihr hattet doch bekommen, was Ihr wolltet! Warum mich selbst im Tod noch quälen?«
Sie seufzte. »Ich schätze, es dürfte Euch wohl schwerfallen zu glauben, daß ich Euch schon immer geliebt habe?«
Jordans große Faust ballte sich so heftig zusammen, daß die Knöchel knacksten. »Schluß mit Euren Lügen! Wenigstens einmal in Eurem Leben sollt Ihr die Wahrheit sagen! Warum?«
Sie nickte, als hätte sie dies erwartet. »Keine Lügen mehr, Jordan. Ich werde Euch einfach den Gefallen tun, aus Eurem Leben au s zuscheiden. Ihr seid jetzt lebendig, Ihr könnt Euch ein neues L e ben aufbauen. Ich bin sicher, daß jedes anständige und hübsche Mädchen froh sein wird, einen gutaussehenden Barbaren wie Euch zu trösten. Dämonenbrut braucht Ihr wirklich nicht.« Sie beendete ihre Garderobe und verließ den Obsthain, fort vom Schloß.
Jordans verletzte Verwirrtheit verwandelte sich
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