Ritter-Geist
in Wut. »O nein, das werdet Ihr nicht tun! Ihr könnt meine Liebe nicht gleich zweimal zerstören und dann davonspazieren! Ich habe verspr o chen, Euch auf Schloß Roogna abzuliefern, und das werde ich jetzt auch tun! König Dor wird entscheiden, was mit Euch geschehen soll!« Und er rannte hinter ihr her, packte sie um die schlanke Hüfte und hob sie auf. Zwar hatte er noch nicht seine vollständige Körpermasse und Kraft wiedererlangt, dennoch war er bereits ein kräftiger Mann.
»Hört auf damit!« rief Threnodia. »Setzt mich ab! Ich kann nicht auf Schloß Roogna!«
»Das werden wir ja sehen!« knirschte er. »Jetzt gibt es keinen b ö sen Magier, der mich unterwegs umbringen wird. Sobald ich me i nen Auftrag erfüllt habe, bin ich mit Euch fertig – aber auch ke i nen Augenblick vorher!«
Sie strampelte und schlug auf ihn ein, doch er trug sie durch den Obsthain auf das Schloß zu, während Ivy und die drei Gespe n sterpferde folgten. Pook schnaubte zustimmend; das war weni g stens ein passendes Ende für Jordans Mission. Threnodia würde endlich für ihre vielen Verrätereien büßen müssen.
Doch als sie sich der Zugbrücke näherten, stieg von dem seitlich befindlichen Zombiefriedhof Staub empor. Die Zombies zerrten sich aus ihren Gräbern, um das Schloß zu beschützen. Aber sie waren zu langsam. Jordan kam als erster an die Brücke und schickte sich an, kühn über sie hinwegzuschreiten, trotz der erbi t terten Gegenwehr der Frau.
Schloß Roogna begann zu beben. Aus seinem Inneren erschollen Rufe, als erschreckte Menschen darauf reagierten. Unbeirrt ma r schierte Jordan weiter. Das Beben wurde immer schlimmer. Das Wasser im Graben begann sich zu kräuseln. Aus einem der Türme fiel ein Stein heraus und krachte zu Boden.
»Idiot, das Schloß stürzt ein!« kreischte Threnodia. »Dann we r den alle umkommen!«
Verdutzt blieb Jordan stehen. »Das stimmt tatsächlich!« rief er. »Und ich habe geglaubt, es sei bloß eine Drohung!«
Threnodia konnte sich aus seinem Griff befreien und wieder auf den Boden springen. »Ihr habt doch noch nie die Lüge von der Wahrheit unterscheiden können!« sagte sie und rannte zurück über die Zugbrücke. »Ihr wart doch schon immer ein Narr!« Sie raste an Ivy und den Pferden vorbei, Tränen auf den Wangen. Niemand versuchte sie aufzuhalten.
Als Threnodia sich vom Schloß entfernte, ließ das Beben nach. Die auferstandenen Zombies hielten inne, ebenso das Grabenu n geheuer, und blickten ihr nach.
»Da hat sie nun wirklich nicht gelogen«, meinte Ivy, zutiefst e r schüttert – und nicht nur durch das Schloß. »Aber ich verstehe das nicht. Warum hat sie sich für Renee ausgegeben?«
»Um mich durch eine List dazu zu bringen, sie wiederzubel e ben!« erwiderte Jordan verbittert. »Das hätte ich doch niemals g e tan, wenn ich gewußt hätte, daß sie die bösartige Threnodia ist.«
»Aber als Renee hat sie dir doch gesagt, du sollst es nicht tun«, versetzte Ivy.
»Sie wußte, daß ich es dennoch tun würde.«
»Aber als sie hierher zum Sterben kam, vor vierhundert Jahren, da hattest du gar keinen Zauber. Da hat sie doch geglaubt, daß du auf alle Zeiten tot bist, nicht wahr? Warum wollte sie dann G e spenst werden – oder wenn das schon nicht ihre Entscheidung war, warum ist sie ausgerechnet hierhergekommen, um zu ste r ben?«
Jordan schüttelte den Kopf. Er war völlig durcheinander. »Ich schätze, ich begreife das selbst nicht alles. Wenn sie es sich anders überlegt hatte, hätte sie ja meine Knochen selbst ausgraben kö n nen, schließlich wußte sie, wo sie lagen. Aber sie ist Dämonenbrut – ich habe sie nie richtig verstanden. Ihre Mutter hat ihren Vater zerstört, und sie hat mich zerstört. Nun hat sie mir Renee geno m men, und jetzt bin ich nicht nur einsam, sondern sogar noch als Gespenst als ebenso großer Narr abgestempelt wie im Leben. Die Grausamkeit ihrer Lügen nimmt einfach kein Ende!« Und er setzte sich an den Rand der Brücke und legte den Kopf in die Hände.
Pook kam von einer Seite heran, nicht wissend, wie er den Mann trösten sollte, der so unklug geliebt hatte, und sogar das Grabe n ungeheuer sah traurig drein.
Ivy konnte ihm einiges nachempfinden. Schließlich hatte sie s o eben Stanley Dampfer verloren. Doch irgendwie ergab die Sache nicht genug Sinn, um sie zufriedenzustellen. »Ich werde Hugo fr a gen«, verkündete sie.
Jordan antwortete nicht. Er saß einfach nur schweigend da, starrte ins Wasser des Grabens – sein
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