Ritterspiele
Lippen.
Helfende Arme packten mich plötzlich und zogen mich hoch. Unter einem rußgeschwärzten Gesicht erkannte ich Harold, der mich hielt.
»Nein, ich muss zu Adam! Lass mich los. Lass mich ...«
Meine Stimme erstarb. Ich sah, wie drei Männer Adam wegtrugen.
»Wir müssen hier weg. Das ganze Gebäude wird jeden Moment zusammenstürzen«. Harold hatte sich meinen Arm über die Schulter gelegt und zog mich zur Seite. Unbeholfen stolperte ich neben ihm her.
»Wo ist Adam? Wo ist er?« Ich schreckte hoch. Zwei vertraute Hände drückten mich zurück. Harold sah mich mit ausdruckloser Miene an. Er saß bei mir am Bett und legte mir einen feuchten Lappen auf die Stirn.
»Wo ist ...?« Ich musste schlucken. Der Rauch in meinem Mund brannte immer noch.
»Hier trink erst einmal etwas.« Harold reichte mir einen Becher. Der Duft von verdünntem, gewürztem Wein stieg mir in die Nase. Er half mir hoch. »Na los, trink.«
Der Wein rann kühl durch meine ausgetrocknete Kehle. Schon spürte ich seine belebende Wirkung.
»Wo ist Adam? Sag es mir, Harold. Ist er ...?« Mit großen Augen sah ich ihn an. Meine Hände zitterten.
»Es geht ihm gut, Richard. Du brauchst dir keine Sorgen zu machen.«
Ich stieß laut meinen angehaltenen Atem aus und sank erleichtert zurück ins Bett. Meine Augen starrten zur Decke. »Ich muss zu ihm.« Ich schwang meine Beine aus dem Bett und wollte zur Tür.
Gerade noch rechtzeitig konnte Harold mich auffangen. »Nun mal nicht so schnell, mein Freund.«
Das ganze Zimmer drehte sich vor meinen Augen. Harold setzte mich auf einen breiten Stuhl.
»Du bist gestern in meinen Armen besinnungslos geworden, nachdem du den Kerl und dich aus dem Stall geschleppt hast.«
Ich holte tief Luft.
»Es geht schon wieder.« Ich streckte mich und sah Harold an.
»Du liebst ihn.« Das war keine Frage. Er stand am Fenster gelehnt. Seine Augen blickten lange unbewegt über die weite Landschaft. Dann kam er zu mir und zog mich hoch.
»Ich habe dich gesehen, wie du ihn in deinen Armen gehalten hast. Wie er leblos da lag und du ihn geküsst hast. Und da wusste ich, dass dein Herz nur ihm gehören kann.«
Harold zog mich fest an sich. Er gab mir einen langen Kuss, und ich ahnte, dass es sein letzter sein würde. Meine Arme legten sich auf seine Schultern. Wortlos sah ich ihn lange an.
»Ich kann es dir nicht erklären. Ich verstehe es ja selbst kaum«, flüsterte ich und eine Träne rann über mein Gesicht. »Aber als ich Adam in der brennenden Scheune liegen sah, war alles wieder da. Die Zuneigung zu einem guten Freund, mit dem ich die schönste Zeit meiner Jugend verbracht habe. Die Erinnerungen an unsere ersten, vorsichtigen Liebespiele. Damals aber eben noch mehr Spiel als Liebe. Mein Herz ist beinahe zerrissen, als er gestern so regungslos in meinen Armen lag. Ich wollte plötzlich nicht mehr ohne ihn leben. Als ich von hier fortging, habe ich mich in jedes Abenteuer gestürzt, das ich finden konnte. Und hatte dabei all das hier einfach vergessen – und ihn auch. Kannst du mich verstehen?«
»Liebe kann man nicht erklären. Man kann sie nur fühlen. Und du hast sie gefunden. Das sehe ich in deinen Augen.«
Er legte einen kurzen Augenblick seine Hand auf mein Herz und strich dann zärtlich die Träne von meiner Wange. Er sah mich an. Ich spürte seine durchdringende Wärme. Dann drehte er sich um und sah wieder aus dem Fenster. Mit einem Ruck straffte er sich.
»An der schottischen Grenze gibt es wieder Unruhen. Noch nichts Wildes, aber der König will eine kleine Truppe erfahrener Ritter aussenden. Ich werde mich melden.«
Ich nickte langsam. Die Worte waren ihm nicht leicht gefallen. Ein Klopfen an der Tür unterbrach die Stille im Raum.
»Der Stallmeister möchte Euch sprechen, Mylord.« Ein Diener stand in der Tür und verneigte sich.
»Ist es denn so eilig?«
»Er steht unten im Hof und hat gesagt, dass er dort auf Euch warten würde.«
»Unverschämter Kerl. Was erlaubt er sich!«, fuhr ich den Diener an.
Der verzog keine Miene. »Was darf ich ihm ausrichten, Mylord?«
»Er soll warten, ich komme gleich«, schnaubte ich.
Der Diener schloss leise die Tür.
»Immerhin hat er heute Nacht seine ganzen Stallungen verloren. Du musst ein bisschen Milde walten lassen, Richard.« Harold stand wieder am Fenster und sah in den Burghof hinunter. »Weißt du eigentlich, wer dein Stallmeister ist?«
»Nein, bis jetzt hatte ich noch keine Gelegenheit, ihn kennenzulernen. Ich wollte doch heute
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